Sie fragen, ETH-Präsident Joël Mesot antwortet
Wieso werden Holzpellets als nachhaltig angeschaut?

Joël Mesot, Martin Vetterli und Michael Hengartner sind so etwas wie die obersten Wissenschaftler der Schweiz. In ihrer Rubrik stellen sie sich den Fragen der Leserinnen und Leser rund um die Wissenschaft.
Publiziert: 19.10.2022 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 19.10.2022 um 14:32 Uhr
Holzpellets zu nutzen, um zu heizen, kann nachhaltig sein. Muss es aber nicht. Joël Mesot erklärt, weshalb.
Foto: Keystone
Joël Mesot

Stefan: Wieso werden Holzpellets als nachhaltig angeschaut? Fossile Brennstoffe waren ja auch mal organisches Material (Bäume) und haben vor Hunderttausenden von Jahren auch CO2 gebunden. Würde mich mal interessieren, wieso da so unterschieden wird.


Joël Mesot: Wie wir diesen Winter unsere Stuben warm halten, ist momentan in vielen Haushalten ein allgegenwärtiges Thema. Und wie wir dies in Zukunft nachhaltig erreichen können, ist eine der grossen Herausforderungen unserer Zeit.

Die diversen Brennstoffe, die uns Wärme – und Energie im Allgemeinen – liefern, haben in der Tat Wesentliches gemeinsam. Kohle, Erdgas, Erdöl, Holz, aber auch unsere Nahrungsmittel stehen uns letzten Endes deshalb zur Verfügung, weil Pflanzen Fotosynthese betreiben. Dabei wandeln sie Sonnenenergie in chemische Energie um, indem sie aus CO2 energiereiche organische Verbindungen «bauen». Bei der Verbrennung dieser Stoffe wird ein Teil der chemischen Energie wieder freigesetzt, und mit ihr das zwischengelagerte CO2. Dieses gelangt so zurück in die Atmosphäre.

Der wesentliche Unterschied zwischen den verschiedenen Energieträgern sind die Zeitskalen, von denen wir sprechen. Bei den Verbindungen, die wir heute als fossile Brennstoffe verwenden, liegt die Zeit der Fotosynthese nicht Hunderttausende Jahre zurück, sondern grösstenteils Hunderte Millionen von Jahren – bevor die Dinosaurier ausstarben. Aus einem Teil der Biomasse, die in dieser Zeit entstanden ist, wurde über Millionen von Jahren unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen Öl und Gas. Dagegen ist das Alter selbst der ältesten Bäume ein Wimpernschlag.

Diese so verschiedenen Zeitskalen bedeuten auch, dass wir uns bei den fossilen Energieträgern quasi auf einer Einbahnstrasse befinden. Wir können auf keine sinnvolle Art und Weise neue Erdölfelder ansetzen. Aber wir können Wälder aufforsten, geeignet bewirtschaften und Holz in eine Kreislaufwirtschaft einbauen. Denn bei der Herstellung von Holzpellets und anderen Formen von Brennholz können wir vieles beeinflussen.

Eine natürliche Frage ist, woher das Holz stammt. Kommt es aus Schweizer Wäldern oder ist es importiert? Wurde es aus Stammholz gewonnen oder ist es als Nebenprodukt angefallen – oder stammt es im Idealfall von passend rezykliertem Holz, das zuvor als Baumaterial eingesetzt worden ist? Und werden die Wälder nachhaltig bewirtschaftet, wie dies in der Schweiz per Gesetz vorgeschrieben ist? Oder stammt es aus Rodungen, mit denen Wald zerstört worden ist?

Holz zu verbrennen, um zu heizen, ist somit nicht immer nachhaltig und klimaneutral. Es kann es aber sein, unter den oben beschriebenen Bedingungen. Holz ist aber vor allem viel mehr als nur eine Energiequelle – denken wir nur an die immateriellen Werte unserer Wälder, ihren Erholungswert oder an Holz als natürlichen Bau- und Werkstoff. Die aktuelle Forschung versucht diesen verschiedenen Dimensionen von Holz gerecht zu werden, mit Lebenszyklusanalysen und Analysen der Kreislaufwirtschaft. Dieses Wissen können wir einsetzen, um an den richtigen Stellschrauben zu drehen, damit die Holznutzung möglichst wirkungsvoll und nachhaltig ist.


Mit bestem Dank an Prof. Stefanie Hellweg und Prof. Harald Bugmann von der ETH Zürich für ihren wertvollen Input.

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