Mein Hochdeutsch ist nicht sehr gut, und Italienisch bin ich erst am Lernen. Jetzt wird vielleicht die eine oder der andere denken: Ja logo, er ist ja auch ein Mann, die haben es schwer mit den Sprachen. Doch meine Mühe mit dem Deutsch hat weniger mit Fähigkeit als mit Erfahrung zu tun: Ich bin in Québec aufgewachsen und lernte da in der Schule Französisch und Englisch, aber kein Deutsch. So leicht tappt man in eine Vorurteilsfalle.
Klischees gibt es auch gegenüber Frauen. So hört man oft, Mädchen seien schlecht in Mathe. Das ist aber ein Märchen: Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Mädchen gleiche mathematische Fähigkeiten haben wie Jungen. Was aber stimmt, ist, dass im Laufe der Zeit das Interesse für Mathe im Durchschnitt bei Mädchen stärker nachlässt als bei Knaben – nicht nur, aber sicher zum Teil auch aus gesellschaftlichen Gründen.
Warum ist das ein Problem? Erstens sollte jede Person dem nachgehen können, was sie fasziniert, unabhängig von sozialen Vorurteilen. Zweitens ist es eine riesige Verschwendung von Talent. Für die Herausforderungen von morgen brauchen wir die hellsten Köpfe, unabhängig vom Geschlecht. ETH und EPFL, Unis und Stiftungen bieten deshalb seit einiger Zeit spezifische Förderkurse für Mädchen an. Hier können bereits Neunjährige lernen, mathematische Konzepte zu meistern, Roboter zu bauen, Computer zu programmieren und noch vieles mehr.
So sollen Mädchen die Freude an den sogenannten MINT-Fächern – also an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – behalten, ja sogar steigern. Und viele Mädchen machen begeistert mit: So haben Churer Schülerinnen kürzlich mit Stolz ihren selbstgebauten Roboter der ETH-Rektorin präsentiert.
Aber damit ist es natürlich längst nicht getan. Studentinnen brauchen auch weibliche Vorbilder. Bei den ETH ist der Anteil an Professorinnen immer noch beschämend tief, aber auch hier gibt es positive Entwicklungen. Auf der obersten Führungsetage (also die Schulleitungen) ist das Geschlechterverhältnis sowohl bei der ETH wie auch bei der EPFL ausgewogen. Und letztes Jahr wurden 40 Prozent der neuen Professuren von Frauen besetzt.
Es geht also in die richtige Richtung. Doch bleibt noch viel zu tun. Denn was die Anzahl der Frauen angeht, die sich für ein MINT-Studium entscheiden, hinkt die Schweiz anderen OECD-Staaten hinterher. Und das ist dann auch ein Problem für die Schweizer Unternehmen, die händeringend – und komplett unabhängig vom Geschlecht – nach gut ausgebildeten Ingenieurinnen, Programmierern, Mathematikerinnen oder Technikern suchen.
Das Thema Frauenförderung an Hochschulen wird also nicht so bald aus den Nachrichten verschwinden. Und das ist gut so.