Obwohl ich als Teenager unbedingt in einem VW-Bus die USA durchqueren wollte, brach ich die Ferien mit meinem ersten Freund schon nach drei Nächten auf dem Campingplatz entnervt ab. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigte die direkte Nachbarschaft zu älteren Ehepaaren mit einer Vorliebe für Volksmusik oder französischen Kleinfamilien, deren nach Grössen sortierte Kupferpfannen am Zelt-Eingang baumelten, allzeit bereit für ihren Einsatz über dem Gaskocher. Mit diesen Spiessern dann auch noch einen fragwürdig sauberen Duschraum zu teilen, gab mir den Rest – wir bezogen am nächsten Tag in ein kleines Hotel; was unsere Reise aus Budgetgründen um eine Woche verkürzte und mir dennoch nachhaltig die Lust auf das Zelten austrieb.
In der restlichen Welt wuchs die Begeisterung für Camping indessen. Bald wurden die meist holländischen Wohnwagen, die meinen Vater auf der Autobahn einst genervt hatten, von einem neuen Ärgernis abgelöst: Wohnmobile, im hässlichen Einheitsdesign direkt am malerischen Hafen parkiert, verstellten unsere Erinnerungsfotos. Gemächlich vor sich hin brummend, verstopften sie Alpenpässe und die Altstadt-Gassen rund um das Mittelmeer.
Wie eine Yacht auf Rädern
Und nun, plötzlich, denke ich zum ersten Mal darüber nach, selbst Ferien zu machen in so einem Vehikel! Corona hat auch das Reisen verändert. Denn das Übernachten in Hotels hat seine Unschuld verloren. Haben wir früher unterwegs spontan Quartiere gesucht, muss nun alles nach BAG-Kriterien überprüft und von langer Hand geplant werden. Wir müssen Masken tragen, aus den Bibliotheken sind Bücher und Zeitschriften verschwunden, der Zimmer-Service ist meist auch gestrichen.
Gleichzeitig gibt es inzwischen Wohnmobile, deren Interieur an Yachten oder Privatflugzeuge erinnert, die chromblitzenden Bäder werden inklusive «La Mer»-Produkten geliefert. Nur den Mini-Cooper, den Sie bequem im Innern dieses Luxus-Caravans unterbringen, müssen Sie selbst mitbringen.
Vielleicht zuerst auf Zeit
Plötzlich versteht man, dass Karl Lagerfeld jahrelang mit so einem Gefährt zwischen Monte Carlo und Paris gependelt sein soll. Weniger Betuchte können viele Modelle auch mieten. Ist vielleicht ohnehin ganz vernünftig, diese neue Begeisterung auf die Probe zu stellen, weiss man doch nie, welche Musik im Wohnmobil nebenan geboten wird. Vom Kochen ganz zu schweigen: Inzwischen werden die Nachbarn auf dem Campingplatz wahrscheinlich nicht nur täglich fünf Gänge kochen, sondern nachmittags auch noch Bananenbrot backen.
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyleprodukte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im BLICK und auf Instagram unter feldmanntrommelt.