Kolumne «Meine Generation» über neue Apps und Chatbots
Künstliche Intelligenz macht grossen Busen

Künstliche Intelligenz ist inzwischen überall. Gerade sind die Bildbearbeitungs-App Lensa oder der Chatbot ChatGTP in aller Munde. Warum KI trotzdem mit Vorsicht zu geniessen ist, schreibt unsere Kolumnistin.
Publiziert: 16.12.2022 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2022 um 09:03 Uhr
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Noa DibbaseyKolumnistin

Wir Menschen denken ja immer, wir sind die Coolsten, die Tollsten, die Besten. Historisch gesehen lässt sich diese Annahme leicht widerlegen, aber das ist eine andere Geschichte. Wir Menschen sind spitze! Nichtsdestotrotz wissen wir, dass es in den Hinterzimmern der Tech-Giganten brodelt. Es wird an künstlicher Intelligenz (KI) herumgebastelt. Könnte gefährlich werden. Etwas, das schlauer ist als wir? Unheimlich. Dauert aber noch ein Weilchen, bis die KI uns überholt.

Newsflash: Das Weilchen ist vorüber. Die KI ist hier und verdammt klug. Und irgendwie hat sie es sogar geschafft, dass die breite Masse keinen Schiss mehr vor ihr hat. Seit kurzem fluten KI-Inhalte meine Timelines. Alle wollen sich an dieser künstlichen Intelligenz testen. Herausfinden, ob sie tatsächlich so gewieft ist.

So kann man etwa die KI der Bildbearbeitungs-App Lensa mit zehn Bildern von sich füttern, um ein Fantasy-Kunstwerk seiner selbst herausgespuckt zu kriegen. Ob als Renaissancegemälde oder Freaky Alien – diese KI verinnerlicht im Gegensatz zu einfachen Filtern die Gesichtsstruktur und kreiert daraus ein komplett neues Werk.

Als Gamechanger der Stunde wird gerade der Chatbot ChatGTP gehandelt. Er ist viel klüger als diese komischen Kundenservice-Bots. Man kann sich mit ihm unterhalten, ihm Fragen stellen, auf die er individuell und passgenau antwortet. Suchmaschinen wie Google, bei denen man sich für eine Antwort erst durch alle Ergebnisse wühlen muss, wird das Ende vorausgesagt.

Man kann den ChatGPT auch einen Aufsatz zu einem vorgegebenen Thema schreiben lassen. Zum Beispiel kann man sich eine Bedienanleitung für eine Waschmaschine wünschen, geschrieben im Stil von Shakespeare. Die KI hat also sogar Humor.

Und ein Gewissen hat sie auch. Sie weigert sich, Fragen zu beantworten, die gegen ihren moralischen Kodex verstossen. Und sie kann sich eigene Fehler und Grenzen eingestehen. Das schafft so manch ein Mensch nicht.

Nun will ich diese KI aber nicht in den Himmel loben. Es gehen einige Probleme mit ihr einher: Dem Datenschutz kann man beispielsweise Ade winken. Die KI ist Produkt eines Überwachungskapitalismus. Sie ist mit Vorsicht zu geniessen und gehört reguliert.

Ein weiterer Problemherd: KI lernt das, was ihr vorgelebt wird. Und da unsere Welt und das Wissen in ihr noch immer oft auf diskriminierenden Inhalten basieren, übernehmen die Bots unsere Stereotype. So berichten zum Beispiel Nutzerinnen der Bild-KI von Lensa, dass ihnen die App ständig einen unglaublich grossen und wohlbetonten Busen zaubert. Mit der Wahrheit nimmt es die künstliche Intelligenz nicht so genau.

Also keine Angst: Sie ist nicht wirklich cooler, besser oder toller als wir Menschen – sie stammt schliesslich von uns ab.

Noa Dibbasey (21) studiert an der Universität Bern Sozialwissenschaften. Sie schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.

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