Kolumne «Meine Generation» über «icks» und Memes
Memes tragen uns durchs Leben

Memes – das sind doch diese lustigen Bildli im Internet! Ja, aber damit wird man ihnen nicht annähernd gerecht. Sie sind viel mächtiger, viel umfassender. Sie prägen eine ganze Generation.
Publiziert: 02.12.2022 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2022 um 14:36 Uhr
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Noa DibbaseyKolumnistin

Unglaublich, dass ich seit bald einem Jahr Texte über meine Generation schreibe, darüber, was uns bewegt und prägt – und dabei noch nie eine Kolumne über das wohl einflussreichste Konzept meiner Zeit geschrieben habe: über Memes. Das Internetphänomen schlechthin.

Vielleicht habe ich nie etwas darüber verfasst, weil sie schon so lange ein grundlegender Teil meines Lebens sind. «Memes keep me alive.» Diesen Satz höre ich wöchentlich. Denn Memes tragen durchs Leben, schenken ein Lächeln und fungieren nicht selten als Informationsquelle. Dass die Queen gestorben ist oder dass Roger Federer aufhört – habe ich als Erstes durch Memes erfahren.

Vielleicht aber habe ich mich auch nie ans Thema gewagt, weil Memes doch ziemlich diffus und schwierig zu beschreiben sind. Vor allem, wenn man nicht täglich mit ihnen in Berührung kommt. Ich habe mir schon etliche Male die Zähne daran ausgebissen, Boomern diese Interneterscheinung erklären zu wollen.

Häufig hört man: «Memes sind einfach so lustigi Videos und Bildli, weisch.» Aber das stimmt nicht. Sie sind viel mächtiger, viel umfassender. Alles kann ein Meme sein – sobald es an Momentum im Netz gewinnt. Und das prägt jeweils eine ganze Generation. Unseren Humor und auch unsere Realität.

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«In 80 Jahren analysiert man unsere Zeitperiode anhand von Memes.»
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Das läuft meistens so ab: Irgendeine Person im Internet – Patientin 0 – teilt eine Beobachtung oder ein Gefühl aus dem Alltag. Zum Beispiel findet Patientin 0 es unglaublich unattraktiv, wenn jemand bei einem Lied aus Versehen lauthals den falschen Text mitsingt. Es gibt ihr den sogenannten «ick». Ein extrem blödes Konzept. Eigentlich.

Und doch findet die Aussage Anklang. Das Virus verbreitet sich. Voilà, schon haben wir ein Meme. Die einen drehen die Beobachtung weiter, berichten von eigenen komischen «icks». Andere machen sich über die Observation lustig und erschaffen so Memes übers Meme.

Patientin 0 hat mit ihrer Alltagsbeobachtung einen Nerv getroffen. Einen Insider geschaffen, der nun von der gesamten Internetgeneration geteilt wird und für den alle eine Meinung oder wenigstens einen Spruch übrig haben. Und sie hat mit einer kleinen, unwichtigen Beobachtung, mit ihrem «ick», genau dieses Phänomen verschärft. Alle achten in ihrem Leben auf «icks».

Diese Dynamik, die durch eine willkürliche Person und deren Gedankenfurz ausgelöst wird, ist ausgesprochen spannend zu verfolgen. Das ist die Schönheit an Memes. Sie sind oft so unbedeutend und machen doch so viel mit uns. Und zeigen an, was uns beschäftigt. Ich sage es deshalb heute voraus: In 80 Jahren analysiert man in der Schule unsere Zeitperiode anhand von Memes!

Noa Dibbasey (21) unterhält sich auch mit reichhaltigeren Memes als dem oben genannten. Das schafft es vielleicht nicht in die Geschichtsbücher. Sie schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.

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