Ach, ich liebe den Sommer. Nicht nur wegen der Sonne, die uns mit Vitamin D verwöhnt oder wegen des erfrischenden Kicks, den einen beim Eintauchen in der kalten Aare erwartet. Nicht nur wegen der langen, warmen Nächten mit Freunden draussen und dem obligatorischen Glace-Schlecken tagsüber. Sondern auch wegen dieses einzigartigen Gemeinschaftsgefühles, das man in unseren Breitengraden nur im Sommer wirklich spürt.
Denn nur im Sommer gibts Dorffestli und Festivals! Orte, an denen man zusammenkommt, an denen Alt und Jung aufeinandertreffen. Man sieht die engsten Freundinnen, aber auch deren Papis und Grossmamis. Die einen helfen am Wurststand des Fussballvereins, die anderen organisieren eine Afterparty. Es wird gemeinsam gesungen und getanzt.
So was gibt es sonst nur in der Kirche. Und in die gehen halt nicht mehr so viele. Dafür gibt es viele Gründe. Der Zusammenhalt einer Glaubensgemeinschaft ist jedoch unverkennbar gesund für alle Teilnehmenden.
Im Sommer bietet sich also die Möglichkeit aufzutanken, was in den kälteren Monaten fehlt: In grossen, wild durchmischten Gruppen eine gute Zeit zu haben und Liebe zu verteilen. Diese Religiosität der Sommerfestivitäten ist für viele Menschen in meinem Umfeld der Antrieb für den Rest des Jahres.
Wie in jeder Glaubensgemeinschaft hat auch die Sommerfest-Fraktion einige bezeichnende Merkmale. So ist es anscheinend Pflicht, dass die Musik immer deutlich lauter gespielt wird, als es ein gewöhnliches Ohr aushalten mag. Ausserdem gehören knappe Outfits zum guten Ton, auch wenn es mal regnen sollte. Turnsäckli und Strohhüte halten sich (leider) auch wacker. Und natürlich darf es niemals an einem Gläsli zu viel fehlen.
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Bedauerlicherweise ist es für die Sommerfestler ebenfalls üblich, ziemlich viel Abfall liegenzulassen – und sich vordrängeln, sei es in Warteschlangen oder bei Konzerten, gehört zu einer der gängigsten Sünden. Neuerdings hat sich obendrein die Untat des ständigen «alles mit dem Handy filmen» eingeschlichen. Die älteren Semester können darüber nur den Kopf schütteln.
Es gibt insbesondere an diesen Anlässen also auch viele anstrengende Momente. Die Guten überwiegen aber gewiss. Seien wir ehrlich: Es gibt nichts Schöneres, als nach einer belebten Sommernacht mit seinen Liebsten singend heimzutorkeln und die Erlebnisse des Tages Revue passieren zu lassen. Und sie abzuspeichern – für dann, wenn der Winter wieder kommt.
Noa Dibbasey (22) studiert an der Universität Bern Sozialwissenschaften. Sie schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.