Kolumne «Gopfried Stutz»
Warum unsere Kinderrenten ins Ausland fliessen

Fast ein Drittel aller Kinderrenten fliesst zu Vätern, die im Ausland wohnen. In Franken gemessen am meisten nach Frankreich und Italien.
Publiziert: 17.07.2020 um 22:55 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2020 um 11:10 Uhr
Claude Chatelain, Publizist und Wirtschaftsjournalist.
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Wir beginnen heute mit einer Testfrage: Wie viele AHV-Renten fliessen ins Ausland? 10, 20 oder gar über 30 Prozent? Antwort drei ist richtig: Rund 35 Prozent aller Renten fliessen zu Personen, die im Ausland leben. Ähnlich hoch ist der Anteil bei den Kinderrenten. Am meisten davon werden nach Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien überwiesen. Swissinfo, eine Internetplattform, die sich an Auslandschweizer richtet, publizierte vorige Woche eine Übersicht dazu.

Die Anzahl der Kinderrenten ist das eine; der entsprechende Frankenbetrag etwas anderes. Denn gemessen in Franken haben wir eine andere Reihenfolge: Frankreich, Italien, Thailand, Deutschland. Ins Rentnerparadies Thailand wird also für Kinderrenten der AHV eine grössere Summe überwiesen als nach Deutschland.

Die Rede ist hier nicht von Renten für Kinder, sondern von einer Zulage für jene Eltern, die im AHV-Alter noch minderjährige Kinder oder Jugendliche in Ausbildung bis 25 Jahre haben. Der Nationalrat wollte den irreführenden Begriff Kinderrenten durch Zulage für Eltern ersetzen; doch der Ständerat sträubte sich dagegen.

Wie kommt es, dass dreimal so viele Kinderrenten nach Deutschland als nach Thailand fliessen, in Franken gemessen aber Deutschland hinter Thailand liegt? Der Grund ist einfach: Wie die Altersrenten berechnen sich auch die Kinderrenten nach der Anzahl der Beitragsjahre und dem über die Jahre erzielten Einkommen. Kommt man nicht auf die volle Beitragszeit von 44 Jahren, gibt es bloss eine Teilrente.

Bei den Personen mit Wohnsitz in Italien, Deutschland, Spanien oder Portugal dürfte es sich vorab um Heimkehrer handeln, die häufig keine 44 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Nach Thailand zieht es jedoch fast ausschliesslich Schweizer, die in manchen Fällen keine Beitragslücken aufweisen und unter Umständen gar aufs Maximum kommen. Das erkennt man auch daran, dass die Durchschnittsrenten in Thailand ähnlich hoch sind wie in der Schweiz.

Beim Anspruch auf eine Vollrente beträgt die Kinderrente der AHV je nach Durchschnittseinkommen zwischen 474 und 948 Franken. Weitere Hunderte von Franken kommen allenfalls noch von der Pensionskasse dazu.

Wie verhält es sich nun mit dem Rentner, der am Palmenstrand eine Thailänderin ehelicht, später all ihre Kinder adoptiert, nur um dadurch für jedes dieser Kinder eine Kinderrente der AHV allenfalls auch noch von der Pensionskasse zu erhalten? Nun, das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt keine Statistik über Adoptionen. Einen Hinweis könnten Durchschnittswerte liefern, also die Anzahl Kinderrenten pro Bezüger. Insgesamt beträgt dieser Wert 1,31, für Thailand dagegen nur 1,3 Kinder. Damit wäre das genannte Klischee zumindest mit statistischem Datenmaterial nicht beweisbar. Am höchsten liegt die Anzahl von Kinderrenten pro Bezüger mit je 1,56 Kindern auf den Philippinen und in der Dominikanischen Republik.

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