2016 strich Mondelez drei der zwölf Berggipfel der Toblerone und reduzierte so das Gewicht von 400 auf 360 Gramm. Der Preis blieb unverändert. Bei Haribo verschwanden 25 Gramm Goldbärchen aus der Tüte. Bei gleichem Preis und unveränderter Verpackungsgrösse. In der Wirtschaft nennt man diese Schummelei «Shrinkflation», eine Kombination der englischen Worte «schrumpfen» und «Inflation».
Dass man etwas Kleines gross verpackt, um es imposanter erscheinen zu lassen, ist keine Erfindung der Nahrungsmittelindustrie in Zeiten der Inflation.
Im Mittelalter ging der «Hosenteufel» um, die sogenannte Schamkapsel, ein modischer Hosenlatz, der hinter dem handtellergrossen Stoffpolster ein Monstergehänge vermuten liess. Der Anblick versetzte den evangelischen Theologen und Reformator Andreas Musculus (1514–1581) in Rage. Bei jungen Männern war dieser «Hosenteufel» sehr beliebt. Einige wählten gar eine Ausbuchtung in Bananen- oder Gurkenform und signalisierten damit Potenz und «allzeit bereit». Musculus verfasste eine Streitschrift gegen den «Hosenteufel». Das Buch wurde im entstehenden Buchmarkt zum Bestseller, bewirkt hat es nichts.
Eine verstärkte Schamkapsel wurde später auch bei der Herstellung von Rüstungen angebracht. Sie sollte die Genitalien schützen, da Pikeniere diesen Körperteil beim Stechen (frz. piquer) bevorzugten. Die metallischen Push-ups hatten einen weiteren Vorteil: Da auch Rüstungen rosten, konnte man die ovalförmig aufgesetzte Metallplatte zum Urinieren abnehmen.
Für das weibliche Geschlecht entwickelte der New Yorker Designer Israel Pilot während des Zweiten Weltkrieges einen Büstenhalter, der vergrösserte, was in diesem Umfang nicht vorhanden war. Er nannte diesen ersten Push-up-Büstenhalter «Wonderbra» und liess ihn 1941 patentieren. Nach mehreren Besitzerwechseln war es schliesslich die Designerin Louise Poirier, die 1961 den Wonderbra entwarf, wie wir ihn heute kennen. Je nach Anlass und gewünschtem Décolleté stehen verschiedene halbmondförmige Polsterungen zur Verfügung.
Push-ups gibt es heute für alle Geschlechter. Sie trösten über das hinweg, was man nicht hat – und der Humor (falls vorhanden) über das, was man wirklich hat. Frei nach Albert Camus.
Claude Cueni (67) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick. Zuletzt erschien sein Thriller «Dirty Talking».