«Ich hoffe, dass Männer und Frauen schnell begreifen, dass ihre Armut daher kommt, dass Carnegie und Rockefeller mehr Geld haben, als sie ausgeben können.» Das schrieb 1904 die damals 38-jährige amerikanische Stenotypistin Elizabeth J. Magie, eine Quäkerin. Sie vertrat die Ideen des Ökonomen Henry George, wonach arbeitslose Einkünfte von Grundbesitzern verantwortlich für Armut und Verelendung der Nichtbesitzenden sei. Henry George forderte, dass man nur besitzen sollte, was man selbst kreiert hat und dass Land und Wasser allen Menschen gehören sollten. Elisabeth J. Magie entwarf, inspiriert von Georgismus, ein Multiplayer-Brettspiel, das sie 1904 unter dem Markennamen «The Landlord's Game» zum Patent anmeldete. Da niemand das pädagogisch ausgerichtete Lernspiel lizenzieren wollte, brachte sie es 1906 im Selbstverlag auf den Markt. Das änderte nichts daran, dass die Leute beim Spielen nicht belehrt, sondern unterhalten werden wollen. Hätte Magie den Kids beim Murmelspiel zugeschaut, wäre ihr aufgefallen, dass ein Spiel nur funktioniert, wenn es Gewinner und Verlierer gibt. Das ist auch im Sport so.
Dem Verleger Charles Darrow (1889–1967) gefiel die Grundidee so gut, dass er sie stahl. Er änderte die Spielregeln radikal, liess das Game patentieren und produzierte 1934 das heute bekannte Monopoly. Sieger ist nun, wer alle Mitspieler plattgemacht hat.
Ein Jahr später kauften Parker Brothers dem Plagiator das Patent ab. Als die Firma erfuhr, dass alles nur geklaut war, kauften sie auch der mittellosen Erfinderin Elizabeth J. Magie ihr Patent für lumpige 500 US-Dollar ab.
Ridley Scott versuchte zwanzig Jahre lang einen Film über die «Gier der teuflischen Parker Brothers» zu realisieren. Die Financiers wollten jedoch eine «Aufsteigerstory». Mittlerweile ist eine Komödie «Monopoly» in Arbeit.
Heute gibt es zahlreiche Versionen mit Stadtplänen aus aller Welt oder fiktiven Orten aus Blockbustern wie «Jurassic Park» oder «Star Wars». Das Magazin «Mad» produzierte 1979 eine Version für Matheschwache: Sieger ist, wer zuerst pleite ist. Vielleicht folgt demnächst ein «Monopoly Woke» mit der Karte «Du hast eine Bratwurst gegessen und bezahlst zur Strafe jedem Spieler 100 Dollar.»
Claude Cueni (67) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick. Zuletzt erschien sein Thriller «Dirty Talking».