«Die Jagd nach dem Sündenbock ist die einfachste», soll US-Präsident Dwight D. Eisenhower (1890–1969) einmal gesagt haben. Auch im Jahr 1540 suchte man die Schuldigen für die Wetterkapriolen. Elf Monate lang gab es praktisch keinen Regen – bei sehr hohen Temperaturen. In über 300 Chroniken wurde Europas grösste Naturkatastrophe detailliert geschildert. Ohne Zweifel hatte jemand die Natur verhext. Die 50-jährige Magierin Prista Frühbottin wurde beschuldigt und am 29. Juni 1540 «geschmäucht und abgedörrt».
Wenn etwas schiefgeht, schlägt die Stunde der Neider. Digitale Treibjagden hetzten vermeintliche Sündenböcke. Vor Kurzem war es noch der alte, weisse Mann, der das Klima versaut. Da die vorwiegend weiblichen Megaphons der Klimareligion auch liebe Papis und Opis haben, wurde modifiziert und neu der «reiche» alte weisse Mann als Übeltäter identifiziert. Nachdem es sich aber herumgesprochen hat, dass Greta & Co. in Millionärshaushalten aufgewachsen sind und eines Tages Millionen erben werden, wurde die Hetze erneut anpasst und der «superreiche» alte weisse Mann zum Abschuss freigegeben. Es spielt dabei keine Rolle, ob jemand durch Geburt, Heirat, Erbe oder Leistung superreich geworden ist. Diese populistische Unschärfe unterscheidet sich kaum von der Hysterie der Hexenverbrenner.
Neider sehen stets die Blumenbeete, aber nie den Spaten. Mir ist es völlig egal, ob andere Menschen Millionäre oder Milliardäre sind, ob sie Privatjets bunkern wie andere Bierkisten, ob sie in Villen mit 18 Badezimmern leben. Aus einem einfachen Grund: Es hat weder Einfluss auf mein Wohlbefinden noch Einfluss auf meine Darmtätigkeit. Und zum Pinkeln genügt mir ein einziges Klo.
Für Leute, die um neun Uhr morgens erstmals aufrecht im Bett sitzen, sind erfolgreiche Grossverdiener nicht wie in Asien motivierend, sondern Auslöser für Neid und Missgunst. Sie möchten den Frühaufsteher am liebsten verbieten, vor neun Uhr aufzustehen. Damit alle gleich wenig haben. Wohin das führt, sehen wir in den Schulen: Man senkt die Anforderungen, bis alle gleich schlecht sind.
Wer nicht gerne Steuern bezahlt, sollte um jeden Superreichen froh sein. Wer bloss neidet, schafft keinen Mehrwert und schadet sich selbst am meisten.
Claude Cueni (67) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Zuletzt erschien sein Thriller «Dirty Talking».