Trump hat den Steuerstreit gewonnen
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Schlappe für US-Präsident:Trump muss seine Steuerdaten offenlegen

BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über die scheinbare Niederlage des Präsidenten vor dem Supreme Court
Trump hat den Steuerstreit gewonnen

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute analysiert er den Entscheid des Obersten Gerichtshofs im Kampf um die Steuern von US-Präsident Donald Trump.
Publiziert: 10.07.2020 um 00:44 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2020 um 02:07 Uhr
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Nicola Imfeld, US-Korrespondent der Blick-Gruppe
Foto: Zvg
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Der gestrige Tag sah schlecht aus für Donald Trump (74). Zumindest für einen kurzen Augenblick. Der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) sprach am Donnerstagmorgen dem US-Präsidenten die «absolute Immunität» ab. Bedeutet: Die Staatsanwaltschaft in Manhattan erhält in absehbarer Zeit Trumps Steuerdaten.

Während der Präsident auf Twitter tobte und seine Gegner jubelten, schrieben einige Journalisten – einmal mehr – bereits das Ende Trumps herbei. Doch der zweite Entscheid vermieste die Partylaune so schnell, wie sie gekommen war. Das Gericht hindert die von den Demokraten dominierten Ausschüsse des Parlaments vorerst daran, Finanzunterlagen ihres politischen Gegners einzusehen.

Langfristig kann die Entscheidung des Supreme Court dem US-Präsidenten zwar sehr wohl schaden: Die Staatsanwaltschaft in Manhattan ermittelt wegen der ominösen Schweigegeldzahlungen an Pornostar Stormy Daniels (41) und Playmate Karen McDougal (49). Sollten Trumps Steuerdaten tatsächlich Beweise für ein Fehlverhalten in diesem oder anderen Fällen liefern, kann der US-Präsident in Zukunft rechtlich belangt werden.

Aber kurzfristig hat Trump am Donnerstag einen grossen politischen Sieg eingefahren. Weil das Parlament vorderhand die Finanzunterlagen des US-Präsidenten nicht in die Finger kriegt, ist klar: Donald Trumps Steuern werden vor den Präsidentschaftswahlen im November nicht veröffentlicht. Und der kurzfristige politische Erfolg zählt für den Republikaner bekanntermassen am meisten.

Was Trumps Steuern offenbaren könnten

Der Steuerstreit zieht sich bereits vier Jahre hin. Trump machte im Januar 2016 plötzlich eine Kehrtwende, als er verkündete, seine Finanzunterlagen unter Verschluss zu halten. Damit ist er der erste Präsident seit Richard Nixon (1969–1974), der seine Steuererklärungen nicht öffentlich gemacht hat.

Die Demokraten versuchen seither mit politischem und öffentlichem Druck, das Weisse Haus in die Knie zu zwingen. Als sie bei den Halbzeitwahlen im November 2018 die Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangten, intensivierten sie den Druck mit Klagen. Stets unter dem Deckmantel, dass einzig «Richtige» zu tun. Aber die Partei erhofft sich vor allem politisch brisante Details. Weit hergeholt ist das nicht: Schliesslich liegt der Schluss nahe, dass man nur etwas versteckt, wenn man auch etwas zu verbergen hat.

Gerüchten zufolge könnte Trump in der Vergangenheit über sein Immoblien-Imperium russisches Geld gewaschen haben. Auch wurde spekuliert, dass der US-Präsident wohl gar nicht so reich ist, wie er vorgibt. Seine Casinos gingen Pleite, die Golfclubs schreiben rote Zahlen.

Donald Trump, der Fake-Milliardär? Diese Offenbarung würde ihm politisch wohl am meisten schaden, sehen seine Anhänger in ihm doch einen genialen Geschäftsmann.

Die Gewaltenteilung funktioniert auch mit Trump

Doch Konsequenzen an der Urne für seine Vergangenheit als Unternehmer muss Trump seit Donnerstag nicht mehr fürchten. Dass er gerade einen politischen Sieg errungen hat, will der US-Präsident aber nicht öffentlich zugeben. Auf Twitter schreibt er nach den Entscheiden des Obersten Gerichtshofs von einer «Hexenjagd» und einer «Verschwörung». Solche altbekannte Ausdrücke Trumps passen perfekt in seinen Wahlkampf. Der US-Präsident wird versuchen, die rechtliche Niederlage politisch zu seinen Gunsten auszuschlachten.

Im ganzen Steuer-Durcheinander sollte aber nicht die gute Nachricht für alle Amerikaner untergehen: Der Supreme Court hat am Donnerstag eine ganz grosse Prüfung bestanden. Mit 7:2 Stimmen votierte das neunköpfige Gremium im ersten Entscheid gegen Trump. Ausgerechnet die konservativen Richter Neil Gorsuch (52) und Brett Kavanaugh (55), beide vom amtierenden Präsidenten auserkoren, haben mit ihren liberalen Kollegen gestimmt.

Das zeigt allen Unkenrufen zum Trotz: Die Gewaltenteilung in Amerika funktioniert immer noch – auch mit Donald Trump im Weissen Haus.

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