Niemand wird gern verlassen. Es bedeutet, dass der Mensch, der sich von uns verabschiedet, uns nicht mehr für ausreichend attraktiv, interessant und liebenswert hält. Für unser Ego ist das eine unerträgliche Herabwürdigung, gegen die es sich mit allen Mitteln zur Wehr setzt. Dann betteln wir darum, zurückgenommen zu werden, stürzen uns in Affären und demontieren unsere Expartnerin oder unseren Expartner so lange, bis wir sozusagen quitt sind. Im Idealfall stellen wir den Protest gegen die Trennung irgendwann ein, lassen die Trauer darüber zu und öffnen uns dem Leben wieder.
Ihr Mann scheint ein besonders grosses und somit besonders verletzliches Ego zu haben. Anstatt Ihre Botschaften ernst zu nehmen, dass Sie nicht mehr glücklich sind in der Beziehung und sich um Besserung zu bemühen, oder Sie gehen zu lassen, kultiviert er eine emotionale Drohkulisse, die Sie daran hindern soll, etwas zu tun, das ihm nicht gefällt. Das ist blanker Psychoterror und an sich schon ein Grund, die Partnerschaft zu beenden. Falls man dieses Wort hier überhaupt noch anwenden will.
Natürlich wird Ihr Mann «sehr schlecht reagieren», wenn Sie ihn tatsächlich verlassen. Die Frage ist lediglich: Wird er gewalttätig werden? Falls Sie das ernstlich fürchten, müssen Sie unbedingt und sofort den Sozialdienst einschalten. Falls er aber einfach jammern und toben wird, müssen Sie das eben aushalten. Es wird nicht ewig dauern, und je weniger Sie sich auf Diskussionen einlassen, umso schneller ist es vorbei. Sagen Sie ihm einfach, dass die Beziehung Ihnen nicht mehr guttue und dass Sie sie deswegen beenden (mehr nicht!). Und setzen Sie dann die Trennung Schritt für Schritt um (Umfeld informieren, Scheidung einreichen, Wohnung suchen etc.). Das wird unangenehm, gewiss – aber nur für ein paar Wochen.