Auf einen Blick
- Reformierte Kirche plant Pfarrer-Quereinstieg für Akademiker über 55 Jahre
- Diversifikation könnte Abwärtstrend stoppen und Predigten bereichern
- 40'000 Reformierte haben sich 2023 von der Kirche abgewandt
«Wir sind Papst!», frohlockte die «Bild»-Zeitung nach der Wahl Joseph Ratzingers zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Zwanzig Jahre später heisst es in der Schweiz vielleicht schon bald: «Wir sind Pfarrer!»
Denn: Wer reformiert ist, über 55 Jahre auf dem Buckel hat und einen Studienabschluss, soll künftig ins Pfarrgewand steigen dürfen. Ganz ohne Theologie-Background. Grund für diese kreative Massnahme ist der Fachkräftemangel, der auch vor der Kanzel keinen Halt macht.
Man kann der Kirche zu dem Plan, der schon an 2026 umgesetzt werden könnte, nur gratulieren. 40'000 Reformierte haben sich 2023 von ihr abgewandt, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Etwas Diversifikation könnte diesen Abwärtstrend nun stoppen.
Wenn Akademikerinnen und Akademiker, die den Fokus nicht unbedingt auf dem Alten und Neuen Testament haben, ihre Perspektiven in die Predigten einbringen dürfen, kann das nur erhellend werden. Die tragenden Säulen der Ingenieurin lehrten uns dann etwas über Freundschaft, das Pflaster des Arztes über Trost, die Bilanzen der Buchhalterin über Ausgeglichenheit.
Für viele würde Gottes Werk so zugänglicher. Und für alle anderen gäbe es immer noch das Fliegende Spaghettimonster und den Glauben an einen Biervulkan im Himmel.