Da liegt er vor mir auf dem weissen Teller. Der Broccoli. Grün. Giftig sieht er für mich aus. Er ist mein Ticket in die Freiheit. Würde ich ihn essen, dürfte ich endlich vom Tisch aufstehen. Doch ich bekomme ihn einfach nicht runter. Je mehr mich meine Eltern drängen und überzeugen wollen, umso mehr ekelt mich das Gemüse an.
Ernährungsberaterin Katharina Fantl möchte Familien darin bestärken, auf das Essverhalten der Kinder zu vertrauen. Sie würden bei der Wahl der angebotenen Nahrungsmittel schon die richtigen Entscheidungen treffen. Ganz überzeugt bin ich nicht davon, Kinder komplett selbst entscheiden zu lassen. Ich würde ein Kind im Winter auch nicht ohne Jacke nach draussen lassen, nur weil es lieber nur das T-Shirt tragen möchte.
Ernährung ist Kampfzone. Wir wollen alles perfekt und immer noch besser machen, setzen uns unter Druck, wiegen ab, zählen Kalorien, unterteilen in Fette, Eiweiss und Kohlenhydrate. Das kann doch nicht nur gesund sein. Mir gefällt der Gedanke, dass man beim Essen mehr fühlen und auf seine Bedürfnisse achten soll. Habe ich Hunger? Tröste ich mich mit der Schokolade? Bin ich satt? Wie bekommt mir dieses oder jenes Nahrungsmittel? Das kann ich auch ein Kind fragen.
Übrigens, den Broccoli habe ich als Kind damals doch heruntergewürgt. Wir fanden einen Kompromiss. Meine Eltern zerstampften ihn mit Kartoffeln. Damals hätte ich es nie zugegeben, aber: Mir hat es geschmeckt. Nicht nur Kinder sollten einen entspannten Umgang mit Essen lernen – sondern auch wir.