Bevor sie ihr Leben in der Schweiz aufgaben und nach Mexiko zogen, lebten Manuela (49) und René (57) Bodenmann in Winterthur ZH. Sie verdiente ihr Geld als Kundencenter-Leiterin, er als LKW-Disponent.
Das Paar ist seit 23 Jahren verheiratet. Reisen war schon immer ihre grosse Leidenschaft. «Kurz nachdem wir vor 25 Jahren zusammenkamen, sind wir acht Monate mit dem Rucksack durch Brasilien gereist. Beim gemeinsamen Reisen lernt man sich wirklich kennen und findet heraus, ob es passt oder nicht», erzählt René Bodenmann BLICK.
Traum vom Auswandern
Es folgten gemeinsame Reisen in die USA, nach Kanada, Mittelamerika, Mexiko, Afrika, in den Mittleren Osten und quer durch Europa. Ausserdem waren die Bodenmanns zwei Jahre mit eigenem Landcruiser und Dachzelt in Afrika, auf der arabischen Halbinsel, im Iran und Europa unterwegs – und träumten vom Auswandern. Diesen Traum haben sie sich vor zehn Jahren endgültig erfüllt.
Sie haben Wohnung und Jobs aufgegeben, alle Möbel verkauft und sich mit dem lang ersparten Geld auf den Weg nach Kanada gemacht. Dort besuchten sie Verwandte, kauften ein Auto und machten sich abermals auf den Weg. «Wir haben uns kein bestimmtes Reiseziel vorgenommen, sondern wollten uns irgendwo am Meer eine Existenz aufbauen, wo es uns gefällt», sagt Manuela Bodenmann.
Traumleben in Mexiko
In Mexiko, an der südlichen Pazifiküste in Puerto Escondido, sind Bodenmanns vor zehn Jahren auf ein zum Verkauf stehendes Hotel gestossen, das nur 50 Meter vom Meer entfernt liegt. Die beiden schauten sich das heruntergekommene Haus mit dem ebenso vernachlässigten Pool an. Das Hotel gehörte einem älteren, verwitweten Mexikaner, der es aus gesundheitlichen Gründen verkaufen musste.
Trotz seines stark renovierungsbedürftigen Zustands waren die Schweizer begeistert vom Haus. Sie kauften das Hotel mit acht Zimmern für 300’000 Franken. «Wir haben das Hotel dann in kurzer Zeit umgebaut und laufend weiter verschönert. Es gibt immer etwas zu tun. Das bringt ein Haus am Meer eben mit sich», sagt René Bodenmann. Sie seien in dieser Hinsicht eben schon typisch schweizerisch und möchten den Gästen auch einen gewissen Standard und Komfort bieten. «Unsere Gäste fanden einige der Renovationen und Umbauten gar nicht nötig – wir schon!»
Ohne Erfahrung zu erfolgreichen Hoteliers
Seit dem Hotelkauf haben Bodenmanns immer mit dem gleichen Architekten und lokalen Handwerkern gearbeitet. «Wir hatten Glück damit. An die mexikanische Mentalität mussten wir uns zuerst gewöhnen. Zuverlässige Arbeiter zu finden, ist hier nicht ganz leicht», erklärt Manuela Bodenmann. Nach fünf Wochen Umbauzeit konnte das «Hotelito» mit acht Gästezimmern und Pool noch vor Weihnachten 2009 eröffnet und die ersten Feriengäste begrüsst werden.
2011 haben Bodenmanns auf der Anlage einen Hausteil für sich bauen lassen. Kostenpunkt: umgerechnet 27’000 Franken. «Damit haben wir mehr Privatsphäre, als wenn wir unter dem gleichen Dach mit den Hotelgästen wohnen», so René Bodenmann.
Erfahrung in der Hotellerie hatte das Schweizer Ehepaar vorher überhaupt nicht. «Wir sind aber beide Dienstleister und haben während unserer Reisen selbst oft in Hotels übernachtet. Diese Erfahrungen haben uns zu unserem Erfolg verholfen», sagt die Ehefrau. «Wir wissen, was Reisenden bei der Erholung wichtig ist und alles funktioniert zuverlässig bei uns.» Was Bodenmanns ausserdem zu bieten haben und von den Gästen aus aller Welt geschätzt wird, sind neben der langjährigen Reiseerfahrung ihre Fremdsprachenkenntnisse.
Verpflegung gibt es im Hotel der Schweizer nicht, dafür haben die Gäste eine Gemeinschaftsküche zur Zubereitung eigener Mahlzeiten und einen Selbstbedienungs- Getränkekühlschrank. Damit sparen sich Bodenmanns Arbeit, Kosten und Zeit. «Die Gäste schätzen die Gemeinschaftsküche. Es gibt am Strand und in unmittelbarer Nähe viele gute Restaurants, wo die Feriengäste gern lokale Gerichte essen.»
Mehr Freiheit und gemeinsame Zeit
Bereut hat das Auswandererpaar ihren Schritt bis heute nicht: Mehr Freiheit, weniger Regeln und Stress, mehr gemeinsame Zeit an der Wärme – das war ihr Traum. Und genau den leben sie heute. Jeden Morgen startet das Paar mit ausgedehnten Strandspaziergängen mit Hündin Luna in den Tag. Ausserdem klinken sich die Hotelbesitzer auch regelmässig ganz von der Arbeit aus und geniessen an Stränden und Buchten entspannte Stunden oder Tage.
«Wir wollten arbeiten, um zu leben – und nicht leben um zu arbeiten. Das können wir hier. Wir haben mehr gemeinsame Zeit und können sogar seit einigen Jahren jedes Jahr rund drei Monate selber wieder reisen», so Manuela Bodenmann. In dieser Zeit wird ihr Hotel «Swissoasis» von Bekannten geführt. Wie zum Beispiel diesen Sommer von den Zürcher Weltenbummlern Pamela und Andreas Hutter.
Bodenmanns reisten in dieser Zeit mit ihrer Hündin Luna durch die USA. Nächstes Jahr ist im Sommer auch wieder mal ein Besuch in der Schweiz geplant. Sonst hat das Paar keine Zukunftspläne. «Wir sind vor zehn Jahren in einem guten Alter relativ entspannt und ohne verbissene Erwartungen unser Abenteuer angegangen. Das hat uns wohl auch beim Verwirklichen unseres Traums geholfen», sagt René Bodenmann. Wäre der Traum des kinderlosen Paars geplatzt, hätten sie jederzeit zurück in der Schweiz beruflich wieder Fuss fassen können.
Hotel als Altersversorge
Nur einen Fehler haben Bodenmanns bei der Auswanderung gemacht: Sie wollten die Beiträge in die AHV weiter einbezahlen. Die Frist für freiwillige AHV-Beiträge erlischt aber nach einem Jahr und nicht wie irrtümlich von Bodenmann angenommen nach zwei Jahren.
Sorgen um das Alter machen sich die Schweizer aber dennoch nicht. René Bodenmann: «Unser Hotelito ist so gut unterhalten und der Betrieb läuft gut, dass wir im Notfall alles mit einem guten Gewinn verkaufen könnten.» Mit der normalen Ehepaar-Rente aus der Schweiz könnte das Paar aber auch in Mexiko weiter gut leben. So weit möchten sich Bodenmanns derzeit aber keine Gedanken machen. Manuela Bodenmann: «Wer weiss, was kommt? Wir leben im Hier und Jetzt. Vielleicht ziehen wir irgendwann wieder weiter, vielleicht werden wir hier alt. Wir können und möchten uns da nicht festlegen. Wie man hier in Mexiko so schön sagt: ‹Quien sabe que passa mañana› – wer weiss, was morgen kommt.»
Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer wandern aus. Die Beweggründe sind sehr unterschiedlich und reichen von der Liebe für das jeweilige Land bis zu finanziellen Gründen im Alter. Auf einen Aufruf meldeten sich zahlreiche Auswanderer bei BLICK. In einer losen Serie porträtieren wir nun einige von ihnen und erzählen ihre Erlebnisse.
Weitere Auswanderer-Geschichten
- Markus Bossard musste in Kenia fünf Kühe für seine Frau bezahlen
- Richard Oschwald kochte früher für Charlie Chaplin, heute lebt er aus Geldnot im Senegal
- Manuela und René Bodenmann leben den Traum in Mexiko
- Chantal und Roger Ackermann haben ihr Glück in der kanadischen Wildnis gefunden
Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer wandern aus. Die Beweggründe sind sehr unterschiedlich und reichen von der Liebe für das jeweilige Land bis zu finanziellen Gründen im Alter. Auf einen Aufruf meldeten sich zahlreiche Auswanderer bei BLICK. In einer losen Serie porträtieren wir nun einige von ihnen und erzählen ihre Erlebnisse.
Weitere Auswanderer-Geschichten
- Markus Bossard musste in Kenia fünf Kühe für seine Frau bezahlen
- Richard Oschwald kochte früher für Charlie Chaplin, heute lebt er aus Geldnot im Senegal
- Manuela und René Bodenmann leben den Traum in Mexiko
- Chantal und Roger Ackermann haben ihr Glück in der kanadischen Wildnis gefunden