«Ich muss jeden Abend mein Bettsofa ausziehen»
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Jeffrey hat sich verkleinert:«Ich muss jeden Abend mein Bettsofa ausziehen»

Jeffrey Campbell aus Zürich hat sein Mini-Studio in ein museumsreifes Bijou verwandelt
Kleine Wohnung mit vielen Vorteilen

Jeffrey Campbell (65) aus Zürich hat seine Vierzimmer-Altbauwohnung aufgegeben. Seit zwei Jahren wohnt er noch auf 31 Quadratmeter. Er zeigt Blick sein kleines Bijou in Zürich-Oerlikon.
Publiziert: 18.02.2024 um 12:01 Uhr
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In diesem Mehrfamilienhaus der Wohnbaugenossenschaft ABZ Genossenschaft in Zürich-Oerlikon wohnt Jeffrey Campbell seit zwei Jahren. Die Lage ist für den Rentner ideal.
Foto: CTF
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Corine Turrini FluryRedaktorin Wohnen

Schon länger wollte der US-Schweizer Doppelbürger Jeffrey Campbell (65) seine Vierzimmerwohnung für 1750 Franken in Zürich gegen etwas Kleineres tauschen und hat sich bei der Stadt und bei Genossenschaften angemeldet.

«Ich brauche für mich allein nicht so viel Platz und wollte darum meinen Wohnraum reduzieren. Es brauchte aber viel Geduld, bis ich fündig wurde», sagt der geschiedene Rentner und Vater von zwei erwachsenen Töchtern und Grossvater.

Wohnungen für Mieterschaft Ü55

Mehrfach ging er an Wohnungsbesichtigungen und war bei Genossenschaften sowie der Stadt Zürich auf Wartelisten. Bei der Wohnbaugenossenschaft ABZ wurde er fündig und konnte vor zwei Jahren in Zürich-Oerlikon ein Studio mit 31 Quadratmetern für monatlich 647 Franken beziehen.

Im Mehrfamilienhaus von 1970 sind 32 Kleinwohnungen. Vorwiegend leben Menschen über 55 im Haus an zentraler Lage. In der obersten Etage der Liegenschaft mit Lift ist Campbell zu Hause.

Wohnen wie im Museum

Im kleinen Eingangsbereich befinden sich Einbauschränke. Dort hat der 65-Jährige seine Kleider und Wäsche. Einen Teil seiner Kleidung, die er saisonal nicht benötigt, bewahrt er in einem Schrank im Keller auf.

Die Wohnzimmertüre und die Küchentüre hat Campbell ebenfalls im Keller eingestellt. «Bis auf das Badezimmer habe ich keine Türen mehr. Offene Räume liegen im Trend. Zudem habe ich so etwas mehr Platz. Vor allem auch an den Wänden», sagt er lachend. Tatsächlich ist an den Wänden kaum mehr ein freier Platz. «Ich fühle mich hier pudelwohl. Es ist ein echtes Bijou – eingerichtet wie ein kleines Museum, mit viel Kunst und Antiquitäten», so der Kunstliebhaber. 

Das Sofa wird zum Bett

Ein Bett oder einen Esstisch sucht man beim Rentner zu Hause vergeblich. Er schläft auf einem der beiden Sofas im Wohnzimmer, das er jeden Abend zum Bett umwandelt.

«Ich habe dafür etwas mehr bezahlt, damit ich eine gute Schlafqualität habe», sagt Campbell und demonstriert die einfache Handhabung gleich vor. Das bequeme Schlafsofa ist auch über Tag Campbells Lieblingsplatz. 

Gemeinschaftsräume und Zimmer für Gäste

Jeffrey Campbell kocht gern. Platz dafür hat er in der modernen Küche genug. Ausserdem hat er für einen kleinen Tisch, wo er auf seinem Laptop E-Mails schreibt oder liest, Platz gefunden.

Gegessen wird im Wohnzimmer auf dem Sofa, auf einem kleinen Beistelltisch. «Wenn ich meine Familie, Verwandte oder Freunde zu Besuch habe, kann ich die Gemeinschaftsküche mit Essplatz im Erdgeschoss reservieren und nutzen», erklärt Campbell.

Für Übernachtungsgäste kann in einem Nachbarhaus der Genossenschaft zudem ein Zimmer für 35 Franken pro Nacht gebucht werden. «Das ist praktisch, wenn beispielsweise meine Schwester aus den USA mich besucht», sagt Campbell, der seit 35 Jahren in der Schweiz lebt. 

Gemeinsame Aktivitäten der Mieterschaft

Das nachbarschaftliche Verhältnis im Haus sei angenehm. Jeffrey Campbell: «Wenn ich verreise, hat meine Nachbarin den Wohnungsschlüssel und giesst meine Blumen.» Über eine App kommunizieren einige der Hausbewohner und organisieren gelegentlich Anlässe im Gemeinschaftsraum oder grillieren im Sommer gemeinsam im Garten. 

Im Sommer ist Campbell gern auf seinem Balkon, der von der Strasse abgewandt liegt. Sowohl vom Wohnzimmer als auch von der Küche hat Campbells Studio Zugang zum kleinen Balkon. «Der Balkon ist nur klein, aber mir ist er wichtig. Im Sommer habe ich immer Blumen in den Blumenkisten.» 

Zentrale Lage mit Nähe zur Natur

Von der belebten Strasse hört er in seiner Wohnung wenig, gelegentlich aber vom nahen Schulhaus. Das stört ihn aber nicht. «Ich habe mit meiner Schweizer Ehefrau die ersten zwei Jahre in Manhattan gelebt, bevor wir in die Schweiz gezogen sind», erklärt Campbell. Er schätzt die Nähe zum Bahnhof und zu Einkaufsgeschäften, aber auch die Möglichkeit für ausgedehnte Spaziergänge ins Grüne.

Nach jahrelanger Leidenszeit wegen chronischer Niereninsuffizienz erfreut sich Campbell nach einer Nierentransplantation an guter Lebensqualität. Täglich unternimmt er kilometerlange Spaziergänge und erledigt fast alle Besorgungen zu Fuss oder mit ÖV. «Die Lage der Wohnung ist ideal für mich. Zentral und doch mit Nähe zur Natur», schwärmt er.

Kunst aus Platzmangel verkauft

Wenn auch Campbell nur noch 31 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung hat, fehlt es ihm an nichts. «Ich habe hier alles. Einzig das Cheminée in meiner alten Wohnung vermisse ich manchmal», sagt er.

Schwergefallen sei ihm, zahlreiche Antiquitäten, die er zum Teil von Reisen mitgebracht oder in Brockenhäusern gefunden hat, vor dem Umzug aus Platzgründen zu verkaufen. Wovon er sich nicht trennen konnte, hat er im Keller eingelagert. Wenn Campbell von seinen Bildern, antiken Möbeln und aussergewöhnlichen Lampen aus seiner Sammlung erzählt, ist der Kunstliebhaber kaum mehr zu bremsen. 

Kosten und Zeit sparen

Trotz wenig Platz überwiegen für Campbell die Vorteile seines Studios. Einerseits spart er rund 1000 Franken monatlich. Zudem braucht er weniger Zeit für seinen Haushalt. «Ich habe ein bisschen einen Putzfimmel, aber weniger schlimm als meine Ex-Frau», gesteht er augenzwinkernd. Mit all seinen Kunstobjekten und Antiquitäten hat der leidenschaftliche Sammler mit seinem Putzfimmel auch in seiner kleinen Wohnung noch genug mit Abstauben zu tun.

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