Seit den 90er-Jahren reist der Ostschweizer Jakob Meier regelmässig mit einem Freund nach Australien. «Seit meiner ersten Reise war es mein Wunsch, nach der Pensionierung in Australien zu leben», erzählt der Blick-Leser.
Zum ersten Mal besuchte er das Land nach Beendigung seiner 20-jährigen Ehe, aus der er zwei Kinder hat. Der Buschauffeur und Fahrdienstleiter wollte die Welt entdecken und flog mit einem Kollegen für mehrere Wochen nach Australien. «Mit einem alten Fiat reisten wir durchs ganze Land und lernten trotz wenig Englischkenntnissen überall interessante Menschen und Orte kennen», so der Schweizer.
Das grosse Land und die Weite faszinierten den Schweizer so sehr, dass er nicht lange zögerte, Land zu kaufen, als ihn bei einer weiteren Australienreise ein Schweizer Kollege der in Australien lebte, auf ein nahe gelegenes Grundstück mit zwei Hektaren Land ausserhalb von Blackbutt aufmerksam machte.
Kleiner Ort mit allem, was nötig ist
Die kleine Ortschaft Blackbutt im Bundesstaat Queensland liegt rund 200 Kilometer nordwestlich von Brisbane. Im umliegenden Farmland werden Rinder gezüchtet und Avocado- und Mangoplantagen bewirtschaftet.
«Obwohl es klein ist, bietet Blackbutt doch einige wichtige Vorteile. Es gibt eine Arztpraxis, Apotheke, Postbuero, Tankstelle, Lebensmittelgeschäfte, Eisenwarenhandlung und Bäckerei – alles nicht selbstverständlich für Dörfer und Kleinstädte im Hinterland von Australien», erklärt der Schweizer.
Grosseinkäufe werden in der 65 Kilometer entfernten grösseren Stadt Kingaroy getätigt. Da ist alles zu finden, was nötig ist, bis hin zu zwei Spitälern. «Nur an ärztlichen Spezialisten fehlt es. Dafür muss man nach Brisbane an die Küste oder nach Toowoomba fahren.»
Landkauf mit Hindernissen
Für rund 30’000 Franken konnte Meier in Blackbutt 1999 das Grundstück durch seinen Kollegen erwerben. Genauer genommen, kaufte sein Kollege mit Meiers Geld vorerst das Land, weil der Schweizer ohne Wohnsitz in Australien kein Land erwerben durfte.
Im gleichen Jahr liess Meier sich mit 56 Jahren in der Schweiz frühpensionieren, verlegte den Wohnsitz nach Australien und konnte so sein Grundstück rechtmässig auf seinen Namen eintragen lassen.
Wenig Englischkenntnisse, aber viel Unterstützung
In der ersten Zeit lebte der Schweizer in einem Wohnwagen auf seinem Land. Im Jahr 2000 wurde dann das Wohnhaus in zwei Teilen gebaut. «Das zweite Gebäude war für Gäste aus der Schweiz gedacht. Daraus wurde mit der Zeit ein Bed & Breakfast, und ich genoss die Gesellschaft der Gäste aus der Schweiz oder auch aus Brisbane», so Meier.
Die Hälfte des Grundstücks wurde gerodet und ein grosser Damm als Wasserreservoir eingebaut. Es wurden Bäume, Büsche und Blumen gepflanzt und Hecken gezogen. Die ganzen Arbeiten hat Jakob Meier grösstenteils selber ausgeführt. «Das war nicht immer leicht, da mein Englisch zu diesem Zeitpunkt ziemlich minimal war. Ich hatte jedoch das Glück, einige deutschsprachige Freunde zu finden, was natürlich eine grosse Hilfe war» so der Schweizer.
Mehr zum Thema Auswandern
Ein «Koala» findet seine Liebe im Internet
Trotz allem Glück fehlte dem Schweizer in der neuen Heimat etwas. «Ich fühlte mich doch etwas einsam und registrierte mich 2006 auf einer Single-Plattform mit dem Namen Koala.» Damit weckte er das Interesse der schweizerisch-australischen Doppelbürgerin Lucy Kussler. Sie hat mit ihrem Schweizer Ehemann 16 Jahre in Sydney gelebt und in dieser Zeit die australische Nationalität erworben, bevor sie 1987 mit ihrem Mann und der in Australien geborenen Tochter Ingrid wieder in die Schweiz zurückzog.
Nach dem Tod ihres Ehemanns 1999 wünschte sich mit der Zeit auch Lucy wieder einen Partner an ihrer Seite. Und sie fand ihren «Koala» Jakob im Internet. «Hinter diesem Pseudonym habe ich schon einen Bezug zu Australien vermutet und die gemeinsame Leidenschaft für dieses riesige Land mit sehr viel Freiheiten, hat uns von Anfang an verbunden», erzählt Kussler.
Nach intensivem Austausch über Skype und einem kurzen Besuch bei Jakob in Blackbutt im Sommer 2006 entschloss sie sich kurzerhand, wieder auszuwandern. 2007 zogen die beiden in Australien zusammen.
Bed & Breakfast als Nebeneinkommen zur AHV
Für zwei Personen war Jakobs Junggesellen-Häuschen, das er für sich gebaut hatte, aber etwas klein. Deshalb wurden für das Bed & Breakfast zwei separate Chalets errichtet und das Wohnhaus des Paares umgebaut.
Meier ist für die Gartenarbeit, den Unterhalt von Land und Gebäuden zuständig, während die ehemalige kaufmännischen Angestellte und Buchhalterin Kussler sich um die administrativen Arbeiten für das B&B kümmert und in der neuen Küche gern kocht – sehr zu Jakobs Freude.
Er schwärmt von ihren Koch- und Backkünsten. «Ich habe das grosse Los gezogen. Lucy spricht fliessend Englisch und Französisch und wir arbeiten Hand in Hand. So konnten wir unser kleines Geschäft erfolgreich machen und haben neben der AHV ein kleines Nebeneinkommen», sagt Jakob Meier.
Mehr Gäste durch die Pandemie
Sogar während Corona lief ihr Bed & Breakfast Edelweiss sehr gut. «Für unser Geschäft war die Pandemie fast ein Segen, denn die Australier konnten nicht ausser Landes, und der Name unserer Unterkunft wirkte fast wie eine Reise nach Europa und in die Berge.
So haben uns viele Einheimische während der Pandemie entdeckt und besucht», erklärt Lucy Kussler. Sehenswürdigkeiten und Ausflugsmöglichkeiten gibt es in der Gegend einige und zur Küste sind es auch nur zwei Stunden.
Unterstützung durch die Tochter
2009 ist Lucys Tochter Ingrid (48) aus dem Aargau wieder in ihr Geburtsland Australien gezogen und hat bis zu einem schweren Verkehrsunfall in Blackbutt ein kleines Cafe geführt.
Ingrid Kussler wohnt beim Paar in einem eigenen kleinen Studio und hilft neben ihrem Teilzeitjob im B&B von Jakob Meier und ihrer Mutter mit.
Das Grundstück des Schweizers ist mit den Gästehäusern, einem Container, wo Jakob Meier seine Modelleisenbahn hat, einem Wohnwagen, der als Büro dient, und einer Hütte am Weiher zum Beobachten der unzähligen Vögel fast zu einem kleinen Weiler geworden.
Dank Ingrids Mithilfe kann das Paar auch immer noch selber Ausflüge und Reisen in Australien unternehmen. Und sollte es dem älteren Ehepaar gesundheitlich nicht mehr so gut gehen, könnte die Tochter das Paar unterstützen, denn in die Schweiz möchte das Paar nicht mehr. Jakob Meier: «Wir sind glücklich in unserem kleinen, selbst geschaffenen Paradies und hoffen, das ruhige Leben auf dem Land, in dieser schönen Gegend noch lange geniessen zu können.»