«Zum Briefkasten müssen wir zwei Kilometer laufen»
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Ihr neues Haus liegt abgelegen:«Zum Briefkasten müssen wir zwei Kilometer laufen»

Florence Wibring (49) aus Derendingen SO lebt in Schweden ihren Traum
Ein friedliches Leben im Wald

Florence Wibring (49) hat alles auf eine Karte gesetzt. Für die Liebe ist sie nach Schweden ausgewandert, wo sie eine neue Heimat mit ihrem Partner und neun Hunden gefunden hat.
Publiziert: 11.04.2022 um 10:56 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2022 um 15:34 Uhr
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Florence Wibring (49) aus Derendingen SO lebt seit Juni 2021 mit ihren neun Hunden in einem traditionellen Holzhaus ziemlich abgelegen bei Idhult in Schweden.
Foto: zVg
Corine Turrini Flury

Auf Social Media lernte Florence Wibring (49) aus Derendingen SO den schwedischen Bergsteiger und ihren zukünftigen Ehemann Niklas Wibring kennen. Der Schwede plante da gerade seine nächste Bergtour auf Korsika. Weil er aber kein Französisch spricht, bot die Schweizerin scherzhaft an, ihn zu begleiten und ihn als Dolmetscherin zu unterstützen.

Der Spass wurde Ernst: Anfang Sommer 2018 traf die kaufmännische Angestellte den Schweden erstmals und reiste mit ihm eine Woche auf Korsika. «Das war sozusagen ein Blind Date und es hat schnell gefunkt zwischen uns», erzählt die Schweizerin im Gespräch mit Blick.

Beziehung mit Kompromissen

Im Oktober 2018 reiste Florence erstmals zu Niklas in seine Stadtwohnung in Jönköping nach Schweden. Die Schweizerin und der Schwede merkten bald, dass sie gut harmonieren, und planten eine gemeinsame Zukunft. «Er träumte von einem eigenen Haus mit viel Land. Also haben wir das für uns in Schweden geplant. In der Schweiz wäre so etwas gar nicht möglich», so die Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Töchtern.

Bis zum Lehrabschluss der jüngeren Tochter wollte die Mutter aber noch in der Schweiz bleiben. So führten Niklas und Florence Wibring vorerst eine Fernbeziehung. Aber auch der Schwede musste für die Liebe Kompromisse eingehen. «Er hat eine Hundeallergie und wusste von Anfang an, mich gibt es nur mit meinen Hunden», sagt die engagierte Tierschützerin lachend.

Neun Hunde aus Tierheimen hat sie bei sich in Derendingen aufgenommen, alle leben jetzt mit ihr in Schweden.

Grenzenloses Vertrauen zum Traumhaus

Der selbstständige Glaser Niklas Wibring war für die Suche und den Kauf des Grundstücks an passender Lage zuständig und zeichnete die Pläne für das gemeinsame Haus, während die Schweizerin in Derendingen ihren Umzug plante.

«Ich habe ihm voll vertraut. Er kennt sich da besser aus. Zudem haben wir uns immer ausgetauscht mit Videocalls», so die Schweizerin.

Abgelegen im Wald bei Idhult konnte das Paar für rund 30’000 Franken 16’000 Quadratmeter Land erwerben und 2019 mit dem Hausbau starten. «Hier ist alles so friedlich und ruhig. Wenn ich nicht will, sehe ich hier tagelang keinen Menschen und bin nur von Natur umgeben», schwärmt Florence Wibring.

Auch ein kleines Stück Land mit Seeanstoss und Sandstrand am See Öasjön gehört den Wibrings.

Hindernisse wegen Corona

Das Haus wollte das Paar gemeinsam bauen. Den Hausbau musste Niklas wegen der Coronapandemie aber selber vornehmen, weil Reisen kaum mehr möglich war. Er wohnte nach der Hochzeit in der Schweiz im Juni 2019 bis Ende Juni 2021 auch noch allein im gemeinsamen Haus in Südschweden. «Mein Mann hat viel Zeit in den Hausbau investiert und hat am Feierabend und an den Wochenenden immer am Bau gearbeitet», sagt die Ehefrau.

Florence konnte so mit ihren neun Hunden Ende Juni 2021 in das fertige Haus einziehen. Das gemütliche traditionelle einstöckige Holzhaus hat eine Küche, ein Wohnzimmer mit Schwedenofen und ein Schlafzimmer mit Ankleide und Bad. Ein weiteres Zimmer dient als Büro und Gästezimmer. Sogar eine Hundedusche hat der Ehemann für die Vierbeiner gebaut und das Grundstück eingezäunt sowie eine eigene Werkstatt gebaut.

Integration und Kommunikation

Die Schweizerin hat sich in der kurzen Zeit schon gut in Schweden eingelebt und versteht auch die Sprache schon ziemlich gut. «Sprechen fällt mir aber noch schwer. Ich möchte darum eine Sprachschule besuchen. Das hat sich aber auch wegen der Pandemie verzögert, weil ich lange auf meine Aufenthaltsbewilligung warten musste», erklärt die Solothurnerin.

Da sie mit ihrem Ehemann in Englisch kommuniziert und in Schweden alle Englisch lernen, sei die Sprachbarriere aber kein Problem.

Kleine Farm und Gästehaus in Planung

Als Nächstes will das Ehepaar ein Gästehaus bauen, wo Florences Töchter oder ihre Mutter die Ferien verbringen können und das sie auch an Hundefreunde vermieten. «Ich weiss, wie schwierig Ferien mit Hunden sein können. Hier ist ein Paradies für Hunde.»

Das Paar schaut sich auch nach anderen Unterkünften am See um, die es vermieten möchten, und will am eigenen Strand noch ein Badehaus mit Bootssteg erstellen. Sobald der letzte Schnee schmilzt und es das Wetter zulässt, will das Ehepaar einen Gemüsegarten anlegen und sich Schweine, Hühner und Esel zulegen.

«Wir möchten unsere eigene eine kleine Farm haben und uns vermehrt aus dem eigenen Garten verpflegen», so die tierfreundliche und naturverbundenen Schweizerin. Zur nächst grösseren Stadt Gränna, wo zahlreiche Einkaufsgeschäfte sind, dauert die Autofahrt rund 20 Minuten. «Ich kaufe lieber bei den Hofläden auf den Bauernhöfen in der Umgebung ein», so Florence Wibring.

Tiefe Temperaturen im Winter und lange Sommernächte

Bis zu vier Stunden spaziert die Schweizerin mit ihren Hunden täglich durch die weiten Wälder oder am See. «Es ist ähnlich wie in der Schweiz, aber viel grösser und weiter. Nur schon zu unserem Briefkasten muss ich zwei Kilometer laufen», erklärt sie.

Mit dem Klima und der frühen Dunkelheit komme sie gut klar. «Minus 18 Grad hier fühlen sich für mich angenehmer an als null Grad in der Schweiz an. Es ist nicht so neblig und feucht.»

Ist es in der neuen Heimat im Winter schon am Nachmittag dunkel, entschädigen die langen Abende im Sommer diese Entbehrung: «Sommerabende am Sandstrand sind traumhaft!»

Abschied von Familie und Freunden

An eine Rückkehr in die Schweiz denkt Florence Wibring nicht. Die Schweizerin hat ihr Glück in Schweden gefunden und lebt ihren Traum mit ihrem Liebsten und den Hunden. Einzig ihre Töchter, die Mutter und Freunde vermisst sie. «Abschied nehmen von ihnen ist immer wieder hart. Mit dem Gästehaus werden aber Familien und Freunde sicher noch öfters zu uns kommen.»

Zum Flughafen nach Göteborg dauert die Autofahrt vom kleinen Dorf Idhult etwa zwei Stunden. «Von Tür zu Tür von hier bis Derendingen dauert die Reise acht Stunden», weiss Wibring.

Für ein verlängertes Wochenende war sie erst gerade in der Schweiz und hat die frühlingshaften Temperaturen genossen. «Langsam sehne ich mich nach dem Frühling», sagt sie, während noch einmal ein paar Schneeflocken in Schweden fallen.

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