Auf einen Blick
- Schweiz stimmt über Mietrechtsänderungen ab: Untermiete und Eigenbedarf betroffen
- KMU befürchten Nachteile bei Geschäftsräumen durch einfachere Kündigungsmöglichkeiten
- 20-40 % der Geschäftsräume sind je nach Branche untervermietet
Die Schweiz stimmt am 24. November über zwei Mietrechtsvorlagen ab. Im Mietrecht stehen zwei bedeutende Änderungen zur Debatte, gegen welche jeweils das Referendum ergriffen worden ist. Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengetragen.
Worum geht es bei den Abstimmungen über die Untermiete?
Was heute gilt: Private oder gewerbliche Mieter dürfen Wohnungen, einzelne Zimmer oder auch Geschäftsräume untervermieten. Hier kommt es teils zu missbräuchlichen Untervermietungen, etwa wenn die Wohnung zu teuer angeboten wird oder die erforderliche Zustimmung der Eigentümer fehlt. Solche Missbräuche will das Parlament mit der Vorlage verhindern.
Was sich ändert: Künftig braucht es für die Untervermietung ein Gesuch an den Vermieter und eine Zustimmung, beides muss schriftlich erfolgen. Bei einer Annahme der Vorlage darf die Vermieterin die Untervermietung verweigern, insbesondere dann, wenn die Untermiete länger als zwei Jahre dauern soll. Verletzen Hauptmieter Pflichten der Untermiete, kann es nach erfolgloser Mahnung zu einer Kündigung des Mietvertrags kommen, mit einer verkürzten Frist von 30 Tagen.
Dieser Artikel wurde erstmals bei Gryps publiziert. Gryps ist ein Online-Portal für KMU mit Beschaffungswelt, Praxisratgeber und aktuellen Berichten.
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Worum geht es bei der Abstimmung über die Kündigung wegen Eigenbedarfs?
Was heute gilt: Der Eigenbedarf von Eigentümern von Geschäftsräumen oder Wohnungen spielt in drei Fällen eine Rolle.
Wenn neue Eigentümer eine Immobilie kaufen und diese selbst benötigen, können sie den bestehenden Mietern kündigen. Bei Wohnungen gilt dabei eine dreimonatige, bei Geschäftsräumen eine sechsmonatige Frist. Dabei spielt es keine Rolle mehr, welche Frist der bestehende Vertrag vorsieht.
Eigentümer dürfen bei Eigenbedarf auch während der dreijährigen Sperrfrist kündigen, die nach einem Rechtsstreit gelten kann.
Es kann bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs zu einer Mieterstreckung bei Härtefällen kommen, damit Mieter länger in der Wohnung oder in Geschäftsräumen bleiben können.
Was sich ändert: Heute muss der Eigenbedarf der Eigentümer dringend sein, um Mieter zu kündigen. Mit der neuen Regelung würde ein bedeutender oder aktueller Eigenbedarf reichen. Dies könnten Eigentümer besser nachweisen und deshalb einfacher kündigen. Zudem würden die Mieterstreckungen verkürzt.
Gegen beide Vorlagen wurde das Referendum ergriffen, darum kommt es zur Abstimmung.
Was bedeutet die Vorlage zur Untermiete für KMU?
Was viele nicht wissen: Je nach Branche gibt es bei Geschäftsräumen durchschnittlich zwischen 20 und 40 Prozent Untervermietungen. Das schreibt Armin Zucker, Vizepräsident des Verbands der Geschäftsmieter, auf Anfrage. Bei Co-Working-Spaces sind es dem Modell entsprechend sogar 100 Prozent Untervermietungen. Die Betreiber des Co-Working-Spaces sind in diesem Fall Hauptmieter, Personen oder Firmen, die darin arbeiten, sind Untermieter.
Unter den KMU sind insbesondere Arztpraxen, Gastrobetriebe, Coiffeure oder Shop-in-Shop-Betriebe oft in untervermieteten Räumen tätig. Bei einer Annahme der Vorlage müssen die Hauptmieter neu die Zustimmung des Eigentümers einholen, wenn eine Untermiete länger als zwei Jahre dauert. Bisher war das nicht nötig.
Mehr zu den kommenden Abstimmungen
Einige Geschäftsmietende fürchten nun, dass sie nicht mehr so einfach an Gewerbeflächen gelangen. Dies, weil Eigentümer die Untervermietung einfacher untersagen können. Zudem könnten die Verträge schneller gekündigt und die Geschäftsräume innert 30 Tagen geräumt sein.
Was bedeutet die Vorlage zur Eigenbedarfskündigung für KMU?
Auch wegen Eigenbedarfs können Eigentümer mit der neuen Regelung einfacher kündigen. Hier bestehen ähnliche Ängste der Geschäftsmieter. Dies, da Eigentümer den Eigenbedarf in Zukunft einfacher beweisen könnten, um eine Kündigung auszusprechen.
Um eine Eigenbedarfskündigung zu vermeiden, könnten Unternehmen im Mietvertrag einen Abschnitt einfügen, dass die vorzeitige Kündigung eine schwere Schädigung fürs Geschäft bedeutet. Der Vermieter müsste sich bei einem allfälligen Verkauf in ebendiesem Vertrag dazu verpflichten, den Käufer auf diese Bedingung hinzuweisen. «Ein formeller Schutz vor der Eigenbedarfskündigung wird damit aber nicht erzielt», erklärt Armin Zucker.
Welche Vorteile bringt eine Annahme der beiden Vorlagen für KMU?
KMU, die Geschäftsräume kaufen oder besitzen, können bei Annahme einfacher Eigenbedarf anmelden und die entsprechende Immobilie schneller selbst nutzen. Auch die Untervermietung könnten sie besser kontrollieren. Laut Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbands (HEV) und Befürworter beider Vorlagen, würden Fälle von Abzocke in der Untervermietung vermieden.
«Künftig werden im Hauptmietvertrag für die jeweilige Branche praxistaugliche Regeln vereinbart», ergänzt Meier. Laut dem HEV-Direktor müssten sich die Geschäfte weniger sorgen: «Die Vermieter haben gerade bei Geschäftsliegenschaften ein Interesse an langfristigen Mietverhältnissen. Sie sind auf der Suche nach finanziell soliden Mietern, die ihren Mietzins bezahlen können.»
Wie Meier erklärt, habe der Untermieter bereits heute Anspruch auf einen nicht missbräuchlichen Untermietzins. «Weil der Untermieter aber oft den Hauptmietvertrag gar nicht kennt und der Vermieter den Untermietvertrag ebenso wenig, gibt es in der Praxis wenig Handhabe, etwas gegen Abzockerei mit Untermiete zu unternehmen.» Laut Meier tauchen solche Fälle immer wieder auf.
Was steht für KMU auf dem Spiel?
Die Gegner beider Vorlagen sehen eine Gefahr für Unternehmen, die Mieter sind. Einerseits hätten es Vermieter einfacher, die Gebäude bei Eigenbedarf für sich zu beanspruchen. Andererseits könnten Mietverträge mit der Beschränkung auf zwei Jahre der Untermiete kürzer ausfallen. «Für KMU ist ein Umzug mit grossen Kosten und Konsequenzen verbunden und deshalb einschneidend. Wird die Gesetzesänderung bei der Untermiete angenommen, können Vermieter künftig wegen kleinster Fehler eine Kündigung innert 30 Tagen aussprechen und Mietende so viel einfacher rauswerfen», heisst es beim Mieterinnen- und Mieterverband auf Anfrage.
Um sich vor Kündigungen bei Untermiete zu schützen, müssten KMU mit der neuen Regelung Änderungen wünschen: Im Mietvertrag braucht es dann «die explizite Einfügung der Zustimmung des Vermieters zur Untervermietung über 2 Jahre hinaus», so Zucker.
Ausserdem stecken KMU als Mietende oft viel Geld in ihre Geschäftsräume. Das trifft etwa auf Gastrobetriebe zu, die eine Küche einbauen oder auf Schreinereien, die ihre Werkstatt einrichten. Heute gibt es von Vermietern im Gegenzug eine Zusicherung in Form eines langen Mietvertrags. Bei kürzeren Laufzeiten könnten sich solche Investitionen für KMU in vielen Fällen nicht lohnen.
Was bedeutet die Abstimmung für die Mietpreise?
Armin Zucker vom Geschäftsmieterverband sagt: «Wie bei Wohnungen werden sich die Änderungen preistreibend auswirken, weil der Vermieter mehr Möglichkeiten zur Druckausübung erhält.»
Der Mieterinnen- und Mieterverband befürchtet zudem, dass es mit einer Annahme der Abstimmung eher zu sogenannten Rachekündigungen kommen könnte. Etwa wenn die Mietenden den Anfangsmietzins anfechten. Heute gilt nach einem solchen Fall ein Kündigungsschutz von drei Jahren, sofern der Mietzins zurecht angefochten wurde. Die Zeit von drei Jahren könnte sich aber verringern, wenn Vermieter Eigenbedarf anmelden.
Wie stimmen Schweizer KMU?
Einige Entscheidungsträger in KMU, die als Mietende oder Untermietende in ihren Geschäftsräumen sind, sehen die Änderungen aufgrund der Aussagen der Mieterverbände wohl als Gefahr für ihr Geschäft. Zuletzt gab es in einem Newsletter vom Verband der Geschäftsmieter scharfe Kritik an den Vorlagen, dieser trug den Titel: «2x Nein: Ein Muss für Geschäftsmieter.» Zudem warnt der Verband vor den Auswirkungen der Vorlagen: «Diese Änderungen schwächen die Position der Geschäftsmieter erheblich und sind abzulehnen.»
HEV-Direktor Meier hat für die Nein-Parolen vom Geschäftsmieter-Verband wenig Verständnis: «Es ist völlig absurd, dass Teile der Wirtschaft eine linke Kampagne unterstützen, die ganze Wirtschaftszweige mit haltlosen Vorwürfen zu diskreditieren versucht und die Vermieter unter Generalverdacht stellt.» Ausserdem befänden sich auch auf der Vermieter-Seite viele KMU.
Der Schweizerische Gewerbeverband hingegen empfiehlt nach wie vor ein Ja für beide Vorlagen.
Was empfehlen die Parteien?
- Untermiete:
- Ja: FDP, SVP, Mitte, EDU
- Nein: SP, GLP, Grüne, EVP
- Kündigung wegen Eigenbedarfs:
- Ja: FDP, SVP, Mitte, GLP, EDU
- Nein: SP, Grüne
- Stimmfreigabe: EVP