«Das Wetter spielt zurzeit verrückt: Es ist Ende Mai und gestern Nacht hat es hier oben geschneit, aber die Gäste freuts», sagt Fadri Arpagaus (39) zu Blick. Der sympathische Bündner mit dem unverkennbaren Lachen hat vor etwas mehr als zwei Jahren das Berghuus Radons übernommen. «Damals konnte noch niemand erahnen, dass uns einmal eine weltweite Pandemie und Gastronomiekrise heimsuchen würde», fügt der Berghuus-Gastgeber an.
Der ehemalige Besitzer hatte das Berghuus 40 Jahre lang geleitet und ging in die wohlverdiente Pension. So kam Arpagaus ins Spiel, für den das Projekt mit schönen Kindheitserinnerungen verbunden ist: «Ich habe als kleiner Junge viel Zeit hier oben verbracht, da ich in den Sommerferien im Betrieb jobbte. Der damalige Besitzer erzählte mir während meiner Zeit im Berghuus viele Geschichten aus der Küche, da er selbst die Kochlehre gemacht hatte.» So entdeckte Arpagaus seine Liebe zum Kochberuf. Die Ausbildung absolvierte er dann im Engadin im Waldhaus in Sils-Maria.
Zurück in der Heimat
In den Jahren nach seiner Lehre ist der Bündner viel rumgekommen: «Die Reiselust packte mich. Ich wohnte unter anderem in Bangkok, Kanada und Genf. Danach arbeitete ich während zehn Jahren als Privatkoch für eine Milliardärsfamilie, die Liegenschaften weltweit hatten.» Als Koch die Welt zu entdecken, hat Arpagaus extrem viel Spass bereitet, wie er erzählt. «So konnte ich andere Länder, Kulturen und Küchen kennenlernen.»
In seine Heimat kam er aber immer wieder gerne zurück. «Ich dachte mir schon immer, wenn ich einmal sesshaft werde, dann hier im Bündnerland.» Und genau das ist geschehen: Nach Bangkok, New York und vielen anderen Orten ist das Berghuus auf 2000 Metern nun Arpagaus' neues Zuhause geworden.
«Wir haben in kurzer Zeit Aussergewöhnliches geleistet»
Arpagaus hat Mut bewiesen: Während der Corona-Pandemie, die für viele Kurzarbeit, Einbussen und Krisen bedeutete, entschied sich der 38-Jährige, sein frisch erworbenes Berghuus grossflächig zu renovieren. «Mir war von Anfang an bewusst, dass wir ums Umbauen nicht herumkommen.» Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1939. 1983 liess der Vorbesitzer einen Anbau mit einer Selbstbedienung umsetzen. Geschlafen wurde in Kajütenbetten mit WC und Duschen auf dem Gang. Das Ganze war für die heutige Zeit veraltet und aus der Mode gekommen, wie Arpagaus meint, warum das Berghuus dringend ein neues Antlitz brauchte.
Mit dem fertigen Produkt ist Arpagaus vollends zufrieden: «Wir haben in kurzer Zeit sehr viel und Aussergewöhnliches geleistet.» Für den Umbau wurde bewusst auf Naturmaterialien wie Stein oder Holz gesetzt, das war dem Gastgeber wichtig. Viele Materialien stammen aus der Region, wie etwa der für die Bäder verwendete Naturstein vom Splügenpass. «Mein Ziel war ein authentisches Berghuus mit High-End-Features und handgefertigten Möbeln, die Liebe zum Detail versprühen.»
Farblich wurden erdige Töne gewählt, welche den Räumlichkeiten ein gemütliches Ambiente verleihen, indem man sich wohlfühlt. Das historische Haus in der wilden, unberührten Bergwelt von Graubünden lockt nun mit luxuriösem Flair und lädt zum Entspannen und Abschalten ein.
Verbesserungspotenzial gäbe es immer, aber fürs Erste sei Arpagaus nun einmal mit dem Umbau zufrieden. «Unser Ziel ist es, in der obersten Liga mitzuspielen, warum wir uns auch fortlaufend verbessern wollen.»
Finanzielle Unterstützung
Den Umbau allein stemmen konnte Arpagaus nicht. «Als mir der Architekt das Projekt präsentierte und ich Seite für Seite umblätterte, wurde es immer teurer», berichtet der gelernte Koch lachend. Allein wären die Kosten nicht tragbar gewesen.
Darum hat sich Arpagaus ein befreundetes Paar mit ins Boot geholt, das «die Berghuus Gastro AG mit einem zinslosen Darlehen finanziell unterstützte». So konnte Arpagaus seinen Traum schliesslich verwirklichen.
Umbau während der Corona-Pandemie
In der ersten Wintersaison 2019/2020 unternahm der gebürtige Bündner nur wenige Veränderungen. Die Wintersaison nutzte das Team auch, um bei der Planung Vollgas zu geben: «Wir holten Baubewilligung ein und, und, und. Es war eine sehr intensive Phase.»
Um Ostern im letzten Jahr – genau als Corona auf der Bildfläche erschien – legten sie dann mit dem Umbau los: «Wir rissen alles raus. Davor war das Gebäude eher im SAC-Hütten-Stil gehalten. Das neue Hotel wurde mit schönen Doppelzimmern, einem Restaurant, einer Lobby-Lounge mit offenem Kamin und einer Sauna ausgestattet.»
Aufgrund von Corona kam es bei gewissen Lieferungen hin und wieder zu Verzögerungen. Der Umbau wurde dann auf die letzte Sekunde fertig und das neue Berghuus am 19. Dezember 2020 eröffnet. «Mein Puls war den ganzen Sommer über sehr hoch», gesteht Arpagaus rückblickend.
Arpagaus ist froh, trotz Corona diesen Schritt gewagt und das Berghuus neu eröffnet zu haben. Und es läuft momentan gut für ihn: «Wir sind zurzeit stark ausgelastet. Bis im Oktober sind wir praktisch jedes Wochenende ausgebucht.»
Nur bei der Restauration könnte es noch etwas besser laufen, obwohl es dem Berghuus dank dem Hotelbetrieb nicht ganz so schlecht gehe wie vielen anderen, meint der Gastgeber.