Hausbau leicht gemacht
Vier Entscheidungen und ein Fallstrick für künftige Bauherren

Ein Haus bauen ist mit vielen komplizierten Prozessen und Abläufen verbunden. Immobilienexperte Tobias Beuler erklärt, ob sich ein Fertighaus lohnt, wann ein Architekt beigezogen werden muss und wie du versteckte Kosten im Bauvertrag erkennst.
Publiziert: 17.02.2025 um 13:07 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2025 um 13:34 Uhr
Rund 50’000 Unternehmen gibt es in der Schweizer Baubranche. Das richtige für das eigene Bauprojekt zu finden, braucht Know-how.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

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Olivia RuffinerRedaktorin

Wer in der Schweiz baut, steht früher oder später vor der Frage, welchen Anbieter er wählen soll. Um diese Frage zu beantworten, muss klar sein, was der Bauherr will. «Schweizer und Deutsche haben grundsätzlich ähnliche Ansprüche an Hausanbieter», sagt Tobias Beuler, Bauberater aus Nürnberg (D). Nachhaltigkeit, wohngesunde Baustoffe und Wärmepumpen stehen derzeit hoch im Kurs.

«Der grösste Fehler ist aber, voreingenommen zu sein», sagt Beuler. «Viele Bauherren gehen oft nur zu Holzhausanbietern oder suchen nur nach Firmen, die Stein auf Stein bauen. Damit nimmt man sich als Bauherr aber die Möglichkeit, die jeweiligen Vor- und Nachteile der Bauweisen zu vergleichen.» Zwei gängige Bauweisen sind der Massivbau, also das Bauen von Stein auf Stein, und eben das Fertighaus.

Vor- und Nachteile von Fertighäusern

Ein Fertighaus ist ein Haus, bei dem ein grosser Teil des Grundrisses gesetzt ist und einige Bauelemente bereits vorgefertigt sind. Salopp gesagt ist es ein Katalogmodell. Viele Anbieter haben auch Musterhäuser oder Virtual-Reality-Besichtigungen, die bei der Entscheidung helfen können. Der Vorteil? «Fertighäuser sind günstiger und extrem schnell gebaut», sagt Beuler. Innerhalb von drei bis vier Monaten kann ein Haus stehen – ein grosser Vorteil gegenüber Massivhäusern, deren Bau sich je nach Wetter und Planungsaufwand verzögern kann.

Beuler betont aber auch einen Nachteil: die fehlende Individualisierung. «Den Anpassungsmöglichkeiten sind oft Grenzen gesetzt. Manche Wünsche werden als machbar verkauft, lassen sich später aber nicht realisieren.» Die einzelnen Bauteile sind sehr passgenau bemessen und können nicht immer verändert werden. Er empfiehlt, individuelle Wünsche vorab vertraglich festzuhalten, um später Ansprüche geltend machen zu können.

Steffen Roth
Der Bauberater

Tobias Beuler (45) ist Bausachverständiger und Spezialist für Bauplanung und Fertighäuser sowie Autor des Buchs «Bau keinen Scheiss» (FinanzBuch Verlag). Er wohnt in Nürnberg, Deutschland.

Steffen Roth

Tobias Beuler (45) ist Bausachverständiger und Spezialist für Bauplanung und Fertighäuser sowie Autor des Buchs «Bau keinen Scheiss» (FinanzBuch Verlag). Er wohnt in Nürnberg, Deutschland.

Bei Fertighausanbietern sollte man auch immer auf den Vorfertigungsgrad achten. Je höher dieser ist, desto schneller und unabhängiger vom Wetter ist der Bauprozess. Anbieter, die Dach- oder Wandelemente auf der Baustelle montieren, riskieren Schäden.

Versteckte Kosten in Verträgen aufspüren

Einer der grössten Stolpersteine beim Hausbau sind versteckte Kosten, egal ob Fertighaus oder Massivbau. Beuler nennt ein Beispiel: «Ich kenne ein Unternehmen aus der Schweiz, da steht im Kleingedruckten des Vertrags: ‹Für den Fall, dass ein Gerüst notwendig ist, um das Haus zu bauen, trägt der Bauherr die Kosten.› Das ist sehr unfair. Denn man kann gar nicht ohne Gerüst bauen.»

Auch vermeintliche Festpreisgarantien sollten genau geprüft werden. «Bei folgender Aussage würde ich sofort einen anderen Hausanbieter suchen: ‹Heute ist Ihr Glückstag! Wenn Sie jetzt den Vertrag abschliessen, können Sie sich den alten Preis sichern.› Oft gilt diese Festpreisgarantie nur, wenn innerhalb einer bestimmten Frist alle Voraussetzungen wie Finanzierung und Baugenehmigung erfüllt sind», erklärt Beuler. Das kann manchmal etwas dauern, und man riskiert, dass die Frist verstreicht und Mehrkosten entstehen.

Der richtige Zeitpunkt für einen Architekten

Viele Baufirmen bieten «hauseigene» Architekten an, doch Beuler rät davon ab, sich allein darauf zu verlassen: «Diese Architekten planen nicht nach den Bedürfnissen des Kunden, sondern nach dem Budget, das die Baufirma auszugeben hat.» Dadurch können Kompromisse entstehen, die langfristig unzufrieden machen.

Seine ideale Vorgehensweise? «Zuerst geht man zu einem Architekten und lässt sich sein Traumhaus planen. Unter Berücksichtigung des Bebauungsplans und des eigenen Budgets. Ist der Plan fertig, reicht man diesen bei verschiedenen Firmen ein und schaut, wer einem für dieses Haus das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.»

Den passenden Anbieter finden

Wenn du nun Angebote von zwei, drei oder fünf Baufirmen erhältst, solltest du diese sorgfältig prüfen. Wenn dir ein Angebot unpassend erscheint, schliesse diese Firma sofort aus. Von den übrigen forderst du die Verträge an. «Diese sollten dann von einem Bausachverständigen auf versteckte Kosten und Vertragsfallen geprüft werden», sagt Beuler. Grundsätzlich bevorzuge er familiengeführte Betriebe: «Sie sind oft flexibler als grosse Konzerne, die im deutschsprachigen Raum über 1000 Häuser bauen.»

Auch von den Preisen in Deutschland sollte man sich in der Schweiz nicht blenden lassen. «Die Häuser aus Deutschland wirken erst mal viel günstiger. Aber die Ersparnis ist nicht so gross wie erhofft. Auch bei Fertighäusern müssen viele Gewerke noch vor Ort erledigt werden», sagt Bauberater Tobias Beuler. Gewerke wie Elektronik, Heizung und Sanitär sollten an lokale Firmen vergeben werden. «Nicht, dass an Weihnachten die Heizung ausfällt und der deutsche Heizungsbauer 300 Kilometer weit weg an der Grenze steht und hoffen muss, dass er schnell in die Schweiz kommt.» Also: Die Gebäudehülle kann aus Deutschland sein, aber den Rest bitte in der Schweiz bestellen.

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