«Ich wollte schon immer einmal den Tafelberg in Südafrika sehen», so Beat Jaggi. Diese Gelegenheit ergab sich nach seinem Jura-Studium im Jahr 1998. Der sprachbegabte und reisefreudige Bieler wollte nach dem Studium seine Englischkenntnisse mit einem dreimonatigen Sprachaufenthalt vertiefen und das Proficiency-Diplom erlangen. «Ich wollte an die Wärme – und weil es Winter war, fiel meine Wahl für den Sprachaufenthalt auf Kapstadt in Südafrika», erzählt er im Gespräch mit Blick.
Neben Englisch-Büffeln fand der junge Berner mit anderen Schulabsolventen noch genug Zeit, die Stadt und das Land zu erkunden und war auf Anhieb begeistert von Südafrika, insbesondere von Kapstadt. «Kapstadt ist meist sonnig, hat tolle Strände und viele Palmen, eine schöne Innenstadt mit guten Restaurants und Kaffees und hat auch kulturell einiges zu bieten. Das Lebensgefühl hier ist einfach faszinierend und reizvoll», schwärmt Jaggi. Am ehesten lässt sich Kapstadt seiner Meinung nach klimatisch mit der Côte d’Azur in Frankreich vergleichen.
Mühsame Fernbeziehung
Bei einem Restaurantbesuch lernte der Schweizer den Südafrikaner Byran Keulemans (50) kennen. «Byran verdiente damals in der Modelagentur noch wenig, darum jobbte er am Wochenende nebenher als Kellner und bediente uns. So haben wir uns kennengelernt», erzählt Jaggi.
Schnell funkte es zwischen den beiden und Jaggi verlängerte seinen Aufenthalt für die Liebe auf sechs Monate, bevor er zurück in die Schweiz reiste und in Genf einen Job fand. Während zwei Jahren führte das Paar eine Fernbeziehung und sah sich nur etwa fünfmal im Jahr. «Ich wohnte nahe vom Flughafen Genf und bin manchmal nur für knapp eine Woche zu Byran geflogen und direkt nach der Ankunft in der Schweiz wieder zur Arbeit gefahren», erinnert sich Jaggi lachend.
Langfristig war das aber kein Zustand für das Paar und so versuchte Keulemans, in der Schweiz Fuss zu fassen, und zog zu Jaggi. Die nötigen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen waren aber für den Südafrikaner mit seinem Job in einer kleinen Modelagentur nur schwer erfüllbar. Als er auch noch gesundheitlich unter der schwierigen Situation litt, brach das Paar die Übung ab und entschied sich 2002 dazu, nach Kapstadt zu ziehen.
Schritt in Selbstständigkeit als Reiseorganisator in Afrika
«Für mich als Schweizer war es mit meinen Sprachkenntnissen und dem Studium einfacher, in Südafrika Arbeit zu finden», sagt Jaggi, der diverse Jobs in Südafrika annahm. Unter anderem war er an der Oper und später jahrelang bei Lufthansa im Callcenter als Teamleiter tätig, bis er sich 2013 mit einer Freundin aus der Reisebranche in Kapstadt selbstständig machte. Seither organisiert er Reisen nach Südafrika und in umliegende Länder.
Für seine Gäste reist er oft durch ganz Südafrika, Tansania, Botswana oder zu den Victoriafällen und sucht nach passenden Unterkünften für verschiedene Preisklassen und organisiert unter anderem Safaris und Weindegustationen. Neben den ganz unterschiedlichen Landschaften und Gegenden, die er in Afrika jeweils bereist, ist er selber immer wieder von der Tierwelt in freier Natur fasziniert.
Mehr zum Thema Auswandern
Günstige Eigentumswohnung am Meer
2010 konnten Jaggi und Keulemans mit Glück eine alte Vierzimmer-Wohnung am Meer günstig erwerben und haben sie umfassend, aber mit dem Versuch etwas vom alten Charme zu belassen, renoviert. «Die Preise sind inzwischen auch hier gestiegen. Die Wohnung war aber auch nur so günstig, weil sie renovierungsbedürftig und in schlechtem Zustand war», erklärt der Schweizer, der seit Mai 2022 offiziell mit seinem Lebenspartner verheiratet ist.
«Wir sehen vom Balkon manchmal Wale und am Morgen oder am Abend schwimme ich oftmals im Meer», schwärmt Jaggi. Überhaupt geniesst der Schweizer ganz besonders das Outdoor-Leben in seiner neuen Heimat.
Zukunftspläne und Altersvorsorge
Der Schweiz bleibt der Berner aber verbunden und pflegt engen Kontakt mit seiner Verwandtschaft und seinen Freunden. Im Sommer sind er und sein Liebster jeweils für mehrere Wochen in der Schweiz. «Wir waren auch schon im Winter in den Bergen und Byran hat da Skifahren gelernt. Er ist aber lieber im Aprés-Ski», sagt Jaggi lachend.
In Neuenburg hat sich das Paar vor drei Jahren eine kleine Wohnung gekauft, wo es seine Ferien verbringt. Ansonsten wird die Ferienwohnung von Verwandten gern genutzt. Die Wohnung in der Schweiz ist für das Paar auch eine Investition in die Zukunft und eine Altersvorsorge. Beat Jaggi: «Bis zur Pensionierung werden wir in Südafrika arbeiten und leben. Später möchten wir zwischen unseren Heimatländern pendeln und einfach das Leben geniessen.»