Die Herzen von Astronominnen und Astronomen auf der ganzen Welt schlugen höher, als zum ersten Mal ein Himmelsobjekt aus einem anderen Sonnensystem in unserem Sonnensystem beobachtet werden konnte. Zum Pech aller Begeisterten war das Objekt im Begriff, unser Sonnensystem zu verlassen, doch mit Hilfe von verschiedenen im Weltraum und auf der Erde installierten Teleskopen gelang es, wichtige Daten über den «Fremdling» zu erhalten. Das Objekt wurde«Oumuamua» getauft, was auf Hawaianisch so viel wie «zuerst erreichen» bedeutet.
Zwar wurde Oumuamua zunächst als Asteroid eingestuft, allerdings kamen die Forschenden aufgrund bestimmter Eigenschaften zum Schluss, dass es sich eher um einen Kometen handle: Der 400 Meter lange Brocken besteht zum Teil aus Eis und ist bereits Millionen Jahre unterwegs. Auch die Form ist ungewöhnlich: Er ist zehnmal so lang wie breit und unterscheidet sich damit von Asteroiden aus unserem Sonnensystem.
Neue Erkenntnisse ermöglichen Rückverfolgung
Oumuamua wurde wahrscheinlich während der Planetenentstehung aus seinem Sonnensystem geschleudert. Während der Planetentstehung kreisen viele kleine Objekte um eine Sonne, die dann durch die Schwerkraft von Riesenplaneten aus dem Sonnensystem geschleudert werden können, sodass sie alleine durchs Weltall treiben.
Eine Entdeckung vor ca. drei Monaten ermöglichte dem Team unter der Leitung von Coryn Bailer-Jones vom Max-Planck-Institut in Heidelberg, Rückschlüsse auf die Flugbahn des «interstellaren» Objekts zu ziehen, wie das Institut am Dienstag mitteilte: Die Tatsache, dass sich Oumuamua nicht wie ein Objekt im freien Fall und damit nicht ausschliesslich unter dem Einfluss der Schwerkraft bewegt, liess die Forschenden darauf schliessen, dass Oumuamua mit Hilfe einer zusätzlichen Beschleunigung fliege.
Gase wirken wie schwacher Raketenantrieb
Bei der Annäherung an die Sonne schmolz Eis, wodurch Oumuamua zeitweise Gase absonderte, die sich auf die Bewegung auswirkten - vergleichbar mit einem sehr schwachen Raketenantrieb. Diese Entdeckung ermöglichte den Forschenden, in einem ersten Schritt Richtung und Geschwindigkeit des Objekts während des Eintretens in unser Sonnensystem zu berechnen und dann die ganze Flugbahn zuverlässig zurückzuverfolgen.
Doch die Berechnung hat es in sich, denn für die Flugbahn müssen eine Menge Sterne berücksichtigt werden. Der Datensatz «Gaia Data Release 2» (DR2) enthält präzise Informationen über Positionen, Bewegungen am Himmel und Parallaxe (Mass für die Entfernung) für unglaubliche 1,3 Milliarden Sterne. Zudem enthält DR2 zusätzliche Daten über die Bewegungen von sieben Millionen Sternen. Ergänzt wurden diese Daten durch die Datenbank «Simbad», die 220'000 Sterne erfasst hat.
Vier Kandidaten bleiben übrig
Nun bleiben zwei Kriterien, die das Mutter-Sonnensystem von Oumuamua erfüllen muss: Zum einen muss die Rückverfolgung der Umlaufbahn von Oumuamua die Forschenden direkt zum Stern oder sehr nahe an ihn heran führen, zum andern sollte die Relativgeschwindigkeit des Sterns und Oumuamuas zum Zeitpunkt des Herausschleuderns tief sein, da Objekte typischerweise nie schnell aus einem Sonnensystem geschleudert werden.
Bailer-Jones und sein Team fanden vier Sterne, welche die Kriterien ansatzweise erfüllen. Bei allen Sternen handelt es sich um sogenannte Zwergsterne. Oumuamua kam vor etwas mehr als einer Million Jahre dem rötlichen Zwergstern HIP 3757 am nächsten. Auch die Geschwindigkeit ist mit 25 km/s durchaus plausibel. Doch noch ist die Herkunft des Einzelgängers nicht geklärt, den über zwei der vier Planeten ist noch nicht viel bekannt, z.B. ob sie von Planeten umkreist werden und ob sich darunter ein hinreichend grosser Riesenplanet befindet, dessen Schwekraft in der Lage gewesen wäre, Oumuamua ins All zu katapultieren.