Erfolgsgeschichten aus der Schweiz
Diese vier Start-ups sind milliardenschwer

Sie sind so selten, dass man sie «Einhörner» nennt. Gemeint sind Start-ups, die über eine Milliarde US-Dollar wert sind. Kennen Sie diese vier Schweizer Erfolgsgeschichten?
Publiziert: 28.05.2022 um 14:00 Uhr
|
Aktualisiert: 30.05.2022 um 14:33 Uhr
1/8
Diese Climeworks-Maschinen ziehen CO2 direkt aus der Luft.
Foto: zVg
Silvia Tschui

Viel wird vom Innovationsland Schweiz geschrieben – eine ganze Industrie hat sich darauf spezialisiert, jungen Forschern und Wissenschaftlern bei der Umsetzung ihrer Ideen zu helfen, sie mit Investoren zu vernetzen und so eine Start-up-Kultur zu prägen, die der Schweiz international zu Renommee verhilft. Und vielen Menschen zu Geld. Denn wenn auch diverse Start-ups nie so richtig über die Aufbruchsphase hinauswachsen, so gibt es doch immer wieder sogenannte «Einhörner» oder im Englischen «Unicorns». So bezeichnen Insider Start-up-Firmen, die nach relativ kurzer Zeit und schon vor ihrem Börsengang darauf geschätzt werden, eine oder über eine Milliarde US-Dollar wert zu sein. Schmiede solcher Start-ups sind natürlich die Schweizer Forschungsinstitutionen, allen voran die ETH und die Kunst- und Designhochschule bei Lausanne (ECAL). Aktuell haben einige Firmen, die von Abgängern unserer technischen Hochschulen gegründet wurden, Einhornstatus – vier davon stellen wir Ihnen vor:

«South Pole» ist fast vom Süd- bis zum Nordpol aktiv

30 Büros auf sechs Kontinenten, über 700 zertifizierte realisierte Projekte in 50 Ländern, schon im Jahr 2019 170 Millionen Tonnen eingespartes oder aus der Atmosphäre entnommenes CO₂, unzählige Umweltpreise – das ist die ziemlich überwältigende Bilanz von «South Pole». Ursprünglich gründeten die fünf ETH-Abgänger Patrick Bürgi, Thomas Camerata, Renat Heuberger, Ingo Puhl, und Christoph Sutter im Jahr 2002 den CO₂-Onlinerechner «myclimate». Auf ihm können Einzelpersonen, aber auch Firmeninhaber den eigenen ökologischen Fussabdruck berechnen, sei das im Detail für einen Flug oder aber für eine ganze eine Jahresbilanz. In einem weiteren Schritt lässt einen die Webseite die eigenen CO₂-Emissionen auch gleich kompensieren – man kann also gleich den Betrag bezahlen, den es braucht, um das verursachte CO₂ wieder aus der Luft zu entfernen. Je nach Gusto kann man sogar wählen, für welche ausgewählten Klimaprojekte dieses Geld verwendet wird.

Nach dem Erfolg vom «myclimate» haben die Gründer den grossen Bedarf an Lösungen zur CO₂-Reduzierung oder zur Abscheidung und Speicherung von CO₂ aus der Luft erkannt und sich darauf spezialisiert. Ob es nun Wiederaufforstungsprojekte, die Wiederinstandstellung von Ökosystemen, saubere Verbrennungslösungen für Kochöfen in afrikanischen Ländern, die Erschliessung geothermaler Energiequellen oder aber schlicht Möglichkeiten zur Investition in klimafreundliche Projekte sind – South Pole hat Lösungen. Und trifft auf so reges Interesse, dass die Firma mittlerweile rund 900 Menschen in 20 verschiedenen Ländern beschäftigt. Kunden sind global tätige Unternehmen wie Nestlé oder Chanel, aber auch Regierungsorganisationen – darunter etwa aus Belize, Vietnam oder Kolumbien.

CO₂ wird bei Climeworks zu Stein

Über das 2009 gegründete ETH-Spin-off Climeworks haben wir bereits öfter berichtet. Mit gutem Grund: Dank eines eigens entwickelten Filtersystems gelingt es den Gründern Christoph Gebald und Jan Wurzbacher mittels zusätzlicher Technologien, CO₂ in Kollektoren direkt aus der Luft abzuscheiden. In weiteren Schritten liefert das Unternehmen das CO₂ dann als eine Art Dünger an Gemüsehersteller oder an Mineralwasserhersteller, um das Wasser mit «Bläterli» anzureichern – Valser ist etwa Kunde. Weitaus effizienter ist aber ein Verfahren, das Climeworks in einer Anlage in Island anwendet, und welches das CO₂ – vermischt mit Wasser – sozusagen in Stein verwandelt und unterirdisch lagert. Auch Climeworks bietet zusätzlich auf der Webseite an, den eigenen CO₂-Ausstoss wieder aus der Luft zu entfernen. Aktuell beschäftigt Climeworks 150 Menschen in vier Ländern. Grosse Firmen wie Microsoft arbeiten mit Climeworks zusammen, und auch die Liste der Investoren ist beeindruckend: Vom US-Departement für Energie bis hin zur Swiss Re sind unzählige dabei.

Blitzschnelle Scans mit smarten Geräten sind die Erfindung von Scandit

Sie sind Computeringenieure, Finanzexperten, Elektroingenieure, und sie wurden an der ETH, am MIT, in Cambridge wie auch bei der IBM ausgebildet. Und gemeinsam hatten Christof Roduner, Samuel Müller und Christian Floerkemeier eine Idee, nämlich, dass ein normales Lesegerät für einen Barcode nervt: Man muss es exakt im richtigen Winkel halten, meistens piept es zudem nervig, es ist umständlich zu handhaben.

Wie viel einfacher wäre es, Barcodes einfach via Handy lesen zu können? Oder gar, das Lesen von Barcodes auf fast jedem digitalen Gerät zu ermöglichen? Das 2009 gegründete Unternehmen Scandit ermöglicht es, mit Smartphones, Drohnen und smarten Brillen Barcodes, aber auch Identitätskarten oder Text sehr viel schneller und sehr viel genauer als mit herkömmlichen Geräten zu scannen und zu analysieren. Kunden können so schnell Nahrungsmittel auf Unverträglichkeiten testen, Shops wie etwa Coop ihre Scans schneller abwickeln, Flugunternehmen die Sicherheitschecks schneller absolvieren. Die Kundenliste des Unternehmens ist riesig: Von der Schweizer Post über japanische Grossverteiler bis hin zu Tech-Giganten wie Bosch oder Gesundheitsorganisationen wie die britische NHS – sie alle benutzen die Dienste der Zürcher Firma, die mittlerweile in Tokio, Boston, London und an unzähligen anderen Standorten präsent ist und mit Preisen und Awards der Digitech-Industrie geradezu überhäuft wird.

Das digitale Reisebüro in der Tasche

Eigentlich studierten sie etwas anderes: Johannes Reck war einst angehender Biochemiker mit Schwerpunkt Hirnforschung, Tao Tao schloss nach seinem Wirtschaftsstudium in den Niederlanden eins in Physik an der ETH an. Zusammen hatten sie 2008 eine durchschlagende Idee: Früher ging man aufs Reisebüro und erhielt nicht nur eine Buchung, sondern auch Vorschläge möglicher Aktivitäten am Zielort. Heute muss man sich das mühsam selbst zusammensuchen – doch wie weiss man, was wo läuft, wenn man ortsfremd ist? Hier setzt die Webseite und App «getyourguide» an. Die Plattform erlaubt es Touristen, unzählige Angebote an nahezu jedem beliebigen Ort nach eigenen Interessen zu filtern und direkt zu buchen. Für Reisende ist das Angebot gratis, die Anbieter von Aktivitäten müssen der Plattform hingegen einen Prozentsatz der Buchung abgeben. Während der Anfang schwer war – zunächst finanzierten Familie und Freunde die Entwicklung der Plattform –, beschäftigt das Unternehmen heute über 800 Arbeitnehmer in aller Welt.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?