Darum gehts
- Tiktok-Videos über ADHS enthalten oft irreführende Informationen und falsche Behauptungen. Das zeigen kanadische Studien
- Influencer nutzen Plattform nicht für seriöse Information, sondern um Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen
- Studienergebnisse: Weniger als 50 Prozent der Behauptungen in beliebten ADHS-Videos entsprechen professionellen Empfehlungen
Wer schon einmal seine Krankheitssymptome in die Google-Suchmaschine eingegeben hat, weiss: Nicht immer stimmt alles, was im Netz steht. Will man wirklich sichergehen, wendet man sich an eine Fachperson, die sich auskennt.
Fast noch schlimmer als die «Sie werden bald sterben»-Ergebnisse auf Google sind Tipps, die von Influencern und Content-Erstellern in Form von Kurzvideos auf den sozialen Medien verbreitet werden. Wie viel Unsinn in den kurzen Clips stecken kann, zeigt eine am Mittwoch im Fachblatt «PLOS One» publizierte Studie am Beispiel der Verhaltensstörung ADHS (Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung). ADHS ist eine Erkrankung, die Konzentration, Selbstkontrolle und Impulsregulierung beeinträchtigt und es so schwieriger macht, organisiert zu bleiben und aufmerksam zu sein.
Virale ADHS-Tiktoks werden nicht von Profis gemacht
Die Studie ergab, dass in einigen der beliebtesten ADHS-Videos auf Tiktok weniger als 50 Prozent der Behauptungen Wissen enthielten, das den Diagnosekriterien oder professionellen Behandlungsempfehlungen für die Störung entsprach. Die Forscher der University of British Columbia fanden zudem heraus, dass selbst Studienteilnehmer, bei denen bereits eine ADHS-Diagnose gestellt worden war, Schwierigkeiten hatten, zu erkennen, welche Informationen die richtigen waren.
In der Studie wählten die Forscher zunächst die 100 meistgesehenen Videos an einem einzigen Tag im Januar 2023 aus und baten zwei zugelassene klinische Psychologen, jedes Video zu überprüfen. Die Psychologen sollten beurteilen, ob in den Videos die Symptome von ADHS bei Erwachsenen oder Jugendlichen korrekt wiedergegeben wurden. Das mithilfe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, das von Medizinern in den Vereinigten Staaten zur Diagnose und Klassifizierung psychischer Erkrankungen verwendet wird.
Wenn die Behauptung in einem Video nicht mit dem Handbuch übereinstimmte, stellten die Psychologen fest, ob die Symptome in dem Video eher eine andere Art von Störung widerspiegeln oder etwas, das jeder, auch Menschen ohne ADHS, erleben könnte. Schliesslich bewerteten sie auf einer Skala von 1 bis 5, ob sie das Video empfehlen würden, um andere Menschen über ADHS aufzuklären.
Die Forscher baten dann mehr als 840 Studenten, die Videos anhand der gleichen Skala zu bewerten, die auch die Psychologen verwendeten. Die Studenten wurden dabei in drei Gruppen unterteilt: Menschen ohne ADHS-Diagnose, Studenten, die sich selbst eine ADHS-Diagnose gestellt hatten, und diejenigen, die eine Diagnose von einem Psychologen erhalten hatten.
Die Teilnehmer der selbstdiagnostizierten Gruppe sahen sich die meisten Tiktok-Videos an und vertrauten eher auf deren Genauigkeit. Sie überschätzten auch die Häufigkeit von ADHS im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen.
Personen, die viele Tiktoks zum Thema ADHS sahen, empfahlen mit gleicher Wahrscheinlichkeit sowohl die zutreffendsten als auch die unzutreffendsten Inhalte. Das deutet darauf hin, dass sie zuverlässige Informationen nicht von Fehlinformationen unterscheiden konnten. Bei Personen mit Selbstdiagnose bestärkte das Ansehen der Videos zudem ihre Überzeugung, an ADHS zu leiden, während Personen ohne ADHS die Frage aufwarfen, ob dies der Fall sein könnte.
In der Studie wählten die Forscher zunächst die 100 meistgesehenen Videos an einem einzigen Tag im Januar 2023 aus und baten zwei zugelassene klinische Psychologen, jedes Video zu überprüfen. Die Psychologen sollten beurteilen, ob in den Videos die Symptome von ADHS bei Erwachsenen oder Jugendlichen korrekt wiedergegeben wurden. Das mithilfe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, das von Medizinern in den Vereinigten Staaten zur Diagnose und Klassifizierung psychischer Erkrankungen verwendet wird.
Wenn die Behauptung in einem Video nicht mit dem Handbuch übereinstimmte, stellten die Psychologen fest, ob die Symptome in dem Video eher eine andere Art von Störung widerspiegeln oder etwas, das jeder, auch Menschen ohne ADHS, erleben könnte. Schliesslich bewerteten sie auf einer Skala von 1 bis 5, ob sie das Video empfehlen würden, um andere Menschen über ADHS aufzuklären.
Die Forscher baten dann mehr als 840 Studenten, die Videos anhand der gleichen Skala zu bewerten, die auch die Psychologen verwendeten. Die Studenten wurden dabei in drei Gruppen unterteilt: Menschen ohne ADHS-Diagnose, Studenten, die sich selbst eine ADHS-Diagnose gestellt hatten, und diejenigen, die eine Diagnose von einem Psychologen erhalten hatten.
Die Teilnehmer der selbstdiagnostizierten Gruppe sahen sich die meisten Tiktok-Videos an und vertrauten eher auf deren Genauigkeit. Sie überschätzten auch die Häufigkeit von ADHS im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen.
Personen, die viele Tiktoks zum Thema ADHS sahen, empfahlen mit gleicher Wahrscheinlichkeit sowohl die zutreffendsten als auch die unzutreffendsten Inhalte. Das deutet darauf hin, dass sie zuverlässige Informationen nicht von Fehlinformationen unterscheiden konnten. Bei Personen mit Selbstdiagnose bestärkte das Ansehen der Videos zudem ihre Überzeugung, an ADHS zu leiden, während Personen ohne ADHS die Frage aufwarfen, ob dies der Fall sein könnte.
Besorgniserregend: Etwa die Hälfte der in die Studie einbezogenen Ersteller von Tiktok-Videos nutzten die Plattform, um Produkte wie Fidget Spinner oder Dienstleistungen wie Coachings zu verkaufen. Keiner von ihnen war ein lizenzierter Psychologe.
Vorsicht vor der Selbstdiagnose
Aufgrund der Videos könne es passieren, «dass man eine Selbstdiagnose stellt, die nicht auf einen zutrifft, und dann nicht die Hilfe bekommt, die man eigentlich braucht», warnte Vasileia Karasavva, die Hauptautorin der Studie, gegenüber der «New York Times». Die Videos kritisierte sie zudem im Gespräch mit ABC News: «Einige hatten überhaupt nichts mit ADHS oder anderen psychischen Erkrankungen zu tun.»
Bereits Ende Februar 2022 hatte eine im Fachblatt «Canadian Journal of Psychiatry» veröffentlichte Studie ähnliche Ergebnisse zutage gefördert. Die Macher der Studie, drei kanadische Psychiater, kamen zu dem Schluss, dass viele der beliebtesten Videos zum Thema ADHS auf der Plattform Tiktok irreführende Behauptungen enthalten, die mit offiziellen Diagnosen nichts zu tun haben. Die Studie ergab ebenfalls, dass weniger als 50 Prozent der Behauptungen, die in einigen der beliebtesten ADHS-Videos auf Tiktok gemacht wurden, Informationen enthielten, die den Diagnosekriterien oder den professionellen Behandlungsempfehlungen für die Störung entsprachen.
Diese Videos wurden als irreführend eingeschätzt:
- Video, in dem eine «ADHS-Paralyse» als Symptom beschrieben wird, bei dem das Gehirn «mich physisch nichts tun lässt» und «manchmal nichts bewirkt».
- Video, in dem behauptet wird, dass ADHS «bei Mädchen und Jungen gleich häufig vorkommt» und dass sich ADHS-Symptome «erst mit Beginn der Pubertät verstärken».
- Video, in dem behauptet wird, dass Menschen mit ADHS keine «Objektpermanenz» haben. Objektpermanenz meint die kognitive Fähigkeit, zu wissen, dass ein Objekt oder eine Person auch dann weiterhin existiert, wenn es oder sie sich nicht mehr im Wahrnehmungsfeld befindet.
- Video, in dem behauptet wird, dass «Angstzustände», das Machen willkürlicher Geräusche und «Konkurrenzdenken» Symptome von ADHS sind.
- Video, in dem behauptet wird, dass Menschen mit ADHS «entweder unter- oder überstimuliert» sind und ihnen «Dopamin fehlt».
Diese Videos wurden als nützlich bewertet:
- Video, in dem erklärt wird, dass Personen mit ADHS möglicherweise mehr Zeit benötigen, um fehlende Gegenstände zu finden, und Angst vor zukünftigen Aufgaben haben, und dass eine angemessene Behandlung die Lebensqualität verbessern kann.
- Video, in dem erklärt wird, dass Menschen mit ADHS Schlafstörungen und Begleiterkrankungen wie das verzögerte Schlafphasensyndrom haben können.
- Video, in dem die Anzeichen und Symptome von ADHS wie Tagträume, Schlafstörungen und Schulschwierigkeiten beschrieben werden, mit der Empfehlung, einen Psychologen aufzusuchen, wenn sich der Betrachter über ADHS Gedanken macht.
- Video, in dem Anzeichen und Symptome von ADHS beschrieben werden, etwa dass andere Personen Informationen wiederholen müssen, dass man vergesslich ist oder Schwierigkeiten hat, Aufgaben zu erledigen.
Diese Videos wurden als irreführend eingeschätzt:
- Video, in dem eine «ADHS-Paralyse» als Symptom beschrieben wird, bei dem das Gehirn «mich physisch nichts tun lässt» und «manchmal nichts bewirkt».
- Video, in dem behauptet wird, dass ADHS «bei Mädchen und Jungen gleich häufig vorkommt» und dass sich ADHS-Symptome «erst mit Beginn der Pubertät verstärken».
- Video, in dem behauptet wird, dass Menschen mit ADHS keine «Objektpermanenz» haben. Objektpermanenz meint die kognitive Fähigkeit, zu wissen, dass ein Objekt oder eine Person auch dann weiterhin existiert, wenn es oder sie sich nicht mehr im Wahrnehmungsfeld befindet.
- Video, in dem behauptet wird, dass «Angstzustände», das Machen willkürlicher Geräusche und «Konkurrenzdenken» Symptome von ADHS sind.
- Video, in dem behauptet wird, dass Menschen mit ADHS «entweder unter- oder überstimuliert» sind und ihnen «Dopamin fehlt».
Diese Videos wurden als nützlich bewertet:
- Video, in dem erklärt wird, dass Personen mit ADHS möglicherweise mehr Zeit benötigen, um fehlende Gegenstände zu finden, und Angst vor zukünftigen Aufgaben haben, und dass eine angemessene Behandlung die Lebensqualität verbessern kann.
- Video, in dem erklärt wird, dass Menschen mit ADHS Schlafstörungen und Begleiterkrankungen wie das verzögerte Schlafphasensyndrom haben können.
- Video, in dem die Anzeichen und Symptome von ADHS wie Tagträume, Schlafstörungen und Schulschwierigkeiten beschrieben werden, mit der Empfehlung, einen Psychologen aufzusuchen, wenn sich der Betrachter über ADHS Gedanken macht.
- Video, in dem Anzeichen und Symptome von ADHS beschrieben werden, etwa dass andere Personen Informationen wiederholen müssen, dass man vergesslich ist oder Schwierigkeiten hat, Aufgaben zu erledigen.
Symptome werden zu stark vereinfacht dargestellt
Um die Zuverlässigkeit von Tiktok-Inhalten beurteilen zu können, sahen sich die Forscher die 100 am häufigsten angesehenen Tiktok-Videos an, die mit dem Hashtag #ADHD geteilt wurden. Den Informationsgehalt der Videos bewerteten die Wissenschaftler mithilfe der Kriterien, die bei der Erstellung einer ADHS-Diagnose zur Anwendung kommen.
Die Videos wurden insgesamt fast eine halbe Milliarde Mal angesehen, schreiben die Psychiater in der Studie. Den Experten zufolge waren 52 der 100 betrachteten Videos irreführend. Sie stellten unter anderem fest, dass die Symptome häufig zu stark vereinfacht dargestellt wurden.
Ein Tiktok-Sprecher erklärte gegenüber ABC News, dass das soziale Netzwerk den Nutzern Zugang zu «zuverlässigen Informationen zur psychischen Gesundheit» bietet sowie gegen gesundheitsbezogene Falschinformationen vorgeht. Die Studienlage sagt etwas anderes.