Statt im Abfall zu landen
Aus diesen Haaren werden Ölmatten

Wer kennt es nicht: Die geschnittenen Haare auf dem Boden werden zusammengewischt und landen im Abfall. Doch nicht mehr bei allen Coiffeuren. Einige sammeln diese Haare – und daraus entstehen Ölmatten.
Publiziert: 29.11.2021 um 11:14 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2021 um 14:54 Uhr
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Die Haare, die hier auf dem Boden landen, werden zu Öl-Aufsaugmatten. Coiffeursalon Mad Hairstyling in Zürich.
Foto: zVg
Barbara Ehrensperger

Wer hat nicht schon darüber gestaunt, wie viele Haare sich beim Coiffeur-Besuch am Boden sammeln? Der Haar-See landet normalerweise im Abfall. Doch nicht überall.

In den Salons Mad Hairstyling von Marc Menden (57) werden die Haare gesammelt und nach Moudon VD geschickt. Was dort passiert, ist einzigartig in der Schweiz: Aus den Haaren werden Matten, die Öl aufsaugen und binden und in Handwerksfirmen gebraucht werden.

Nicht in den Müll

«Wir haben jahrelange gesucht, was wir mit dem Haarabfall Gutes machen könnten», sagt Menden. Die Idee der Ölmatten findet er überzeugend, da Haare Flüssigkeit binden. «Für uns ist der Mehraufwand minim: Wir sammeln einfach jeden Tag die Abfall-Haare aus unseren vier Geschäften zusammen.»

Drei Monate Quarantäne

In Moudon werden die Haare erst einmal gelagert. «Und zwar drei Monate lang – damit nichts mehr lebt», erklärt Thomas Leu (46), Geschäftsführer der Firma Papirec SA. Aktuell kommt bei ihnen rund eine Tonne Haare pro Monat an.

Ein halbes Kilo braucht es für eine Ölmatte von 30x60 cm. «Alles ist Handarbeit», erklärt Leu. Trotzdem verkauft die Firma die Matten nicht viel teurer als eine, die aus Kunststoff hergestellt wird.

Ein Teil des Erlöses geht an die Partnerorganisation Matter of Trust. Von da stammt auch das Wissen, wie man die Matten herstellt. Die Firma produziert in den USA schon länger Schläuche, die mit Haaren gefüllt sind. 2007 wurden die genutzt, um das in die Bucht von San Francisco auslaufende Öl eines Containerschiffs aufzufangen.

Zwei Matten pro Stunde

Lanciert hat der Recyclingbetrieb die Haar-Sammel-Idee im Frühling 2020. Dann kam der erste Lockdown und nichts ging mehr. Im Herbst starteten sie nochmals einen Versuch. Dank des Kosmetikunternehmes L’Oréal, das den Coiffeuren das Haar-Abhol-Abo für ein Jahr finanzierte, machten 500 Salons mit. Mittlerweile sind fast 700 Betriebe dabei.

Ende August haben sie nun die ersten Matten hergestellt. Heute produzieren sie eine bis zwei Matten pro Stunde. «Wir möchten hier automatisieren, aber es gibt bis jetzt dafür keine Maschine», sagt Leu.

2,5 Liter Öl

Da ein Haar das bis achtfache vom Eigengewicht aufnehmen kann, sei es eben als «Bindeprodukt» ideal, erklärt Leu. So kann eine kleine Matte rund 2,5 Liter Öl aufnehmen und diese kann dann so entsorgt werden. Ideal für Handwerksbetriebe, die eine einfache Öl-Absorber-Lösung brauchen, aber dabei auch der Umwelt und der Ressourcen Sorge tragen wollen.

Der Haar-See auf dem Fussboden bekommt so ein zweites Leben als Ölmatte, die wiederum die richtigen Seen und Gewässer vor auslaufendem Öl schützt.

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