Von wegen Kolumbus!
Deshalb waren die Wikinger als Erste in Amerika

Eine neue Studie beweist: Die Nordmänner waren tatsächlich als erste Europäer in Amerika. Wie schafften sie das – und waren sie wirklich so brutal?
Publiziert: 22.10.2021 um 07:06 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2021 um 10:49 Uhr
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Nachdem es einem internationalen Forscherteam zum ersten Mal gelungen ist, die ältesten Wikingerspuren in Nordamerika aufs Jahr genau zu bestimmen, ist klar: Die Wikinger waren endgültig vor Kolumbus da. Nämlich vor genau 1000 Jahren, im Jahr 1021.
Foto: imago/All Canada Photos

Die Wikinger waren schneller: Fünf Jahrhunderte vor Kolumbus haben sie den Fuss bereits auf den amerikanischen Kontinent gesetzt. Einem internationalen Forscherteam ist es nun zum ersten Mal aufs Jahr genau gelungen, hölzerne Überreste zu datieren, die Wikinger in Neufundland zurückgelassen hatten. Das Holz beweist nun endgültig: Exakt vor 1000 Jahren – im Jahr 1021 – waren Wikinger in Nordamerika.

Als plündernde Krieger stürmten die Wikinger im Frühmittelalter auf die Bühne der Weltgeschichte. Wie hatte es eine Gruppe bärtiger Fischer zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert geschafft, nicht nur im gesamten Europa Angst und Schrecken zu verbreiten, sondern sogar den Atlantik zu übersegeln? Wir haben Lena Rohrbach (43) gefragt, Professorin für Nordische Philologie an den Universitäten Basel und Zürich.

Wikinger waren kein eigenes Volk

Wie aus dem Nichts erschienen sie am Horizont: die quadratischen Segel, die lange Schiffe fremder Bauart mitsamt ihrer tödlichen Fracht an die Küsten trieben. Bei ihren Überraschungsangriffen stürmten die bärtigen Wikinger mit Äxten und Schwertern an Land, um Klöster, Dörfer oder ganze Städte zu plündern. «Nie zuvor», schrieb ein englischer Mönch, «war solch ein Schrecken über Britannien gekommen, wie wir ihn nun durch eine heidnische Rasse erleiden.»

«Die Wikinger waren kein eigenes Volk», sagt Rohrbach und räumt sogleich mit der ersten heute üblichen Vorstellung auf. «Wenn wir heute von Wikingern sprechen, denken wir für gewöhnlich an die mittelalterlichen Nordeuropäer.» Doch nur wenige der Skandinavier – also Menschen aus Dänemark, Schweden oder Norwegen – seien damals tatsächlich auch Wikinger gewesen. «‹Wikinger› bezeichnet nur die Gruppe, die zu Raubzügen aufgebrochen ist», sagt Rohrbach.

Mit Seevorteil zum Goldraub

Archäologische Ausgrabungen zeigten: Wikinger trugen die gleichen Kettenhemden, Speere und zweischneidigen Schwerter wie andere gut gerüstete Krieger in Europa. Ein Geheimnis hinter dem Erfolg der Wikinger war aber die Mobilität, wie Rohrbach sagt. «Ihre sogenannten Langschiffe waren die besten im ganzen Frühmittelalter. Etwas Vergleichbares gab es zuvor nicht.»

Wahr oder falsch? Die Wikinger im Mythen-Check

Mythos 1: Auf ihren Helmen trugen die Wikinger Hörner

Χ Falsch! Die Hörnerhelme als Wikinger-Markenzeichen wurden vom Komponisten Richard Wagner für die Uraufführung seiner Oper «Der Ring des Nibelungen» im Jahr 1876 dazugedichtet. Das macht auch Sinn. Beim Kampf hätten Hörner nur gestört. Aber wenn schon nicht im Krieg, waren Hörner zumindest bei den Trinkgelagen der Wikinger allgegenwärtig. Dort dienten sie als Gefässe für Met.

Mythos 2: Bei den Wikingern kämpften auch Frauen

Wahr! Die Schild-Maiden haben es mit ihrer bekanntesten Vertreterin Lathgertha sogar in die populäre TV-Serie «Vikings» geschafft. Es gibt diverse historische Textquellen, die nahelegen, dass Wikingerfrauen ab und zu tatsächlich gekämpft haben. Einige archäologische Entdeckungen und Grabfunde bewaffneter Frauen weisen ebenfalls darauf hin. Und nicht nur das: Die Gräber deuten sogar darauf hin, dass Frauen nicht nur einfache Kämpferinnen waren, sondern auch Anführerinnen.

Mythos 3: Die Wikinger waren ungepflegte Barbaren mit Zottelhaaren

Χ Falsch! Die Haarpflege spielte eine grosse Rolle im hohen Norden des Frühmittelalters, wie zahlreiche Funde von Kämmen aus der Wikingerzeit beweisen. Die Wikinger waren gar so reinlich, dass sie vom restlichen Europa als eitel bezeichnet wurden: Noch heute heisst der Samstag in vielen nordischen Sprachen «Badetag», im Isländischen zum Beispiel «laugardagur», weil die Wikinger dann ihr wöchentliches Bad nahmen. Von wegen stinkende Nordmänner!

Mythos 1: Auf ihren Helmen trugen die Wikinger Hörner

Χ Falsch! Die Hörnerhelme als Wikinger-Markenzeichen wurden vom Komponisten Richard Wagner für die Uraufführung seiner Oper «Der Ring des Nibelungen» im Jahr 1876 dazugedichtet. Das macht auch Sinn. Beim Kampf hätten Hörner nur gestört. Aber wenn schon nicht im Krieg, waren Hörner zumindest bei den Trinkgelagen der Wikinger allgegenwärtig. Dort dienten sie als Gefässe für Met.

Mythos 2: Bei den Wikingern kämpften auch Frauen

Wahr! Die Schild-Maiden haben es mit ihrer bekanntesten Vertreterin Lathgertha sogar in die populäre TV-Serie «Vikings» geschafft. Es gibt diverse historische Textquellen, die nahelegen, dass Wikingerfrauen ab und zu tatsächlich gekämpft haben. Einige archäologische Entdeckungen und Grabfunde bewaffneter Frauen weisen ebenfalls darauf hin. Und nicht nur das: Die Gräber deuten sogar darauf hin, dass Frauen nicht nur einfache Kämpferinnen waren, sondern auch Anführerinnen.

Mythos 3: Die Wikinger waren ungepflegte Barbaren mit Zottelhaaren

Χ Falsch! Die Haarpflege spielte eine grosse Rolle im hohen Norden des Frühmittelalters, wie zahlreiche Funde von Kämmen aus der Wikingerzeit beweisen. Die Wikinger waren gar so reinlich, dass sie vom restlichen Europa als eitel bezeichnet wurden: Noch heute heisst der Samstag in vielen nordischen Sprachen «Badetag», im Isländischen zum Beispiel «laugardagur», weil die Wikinger dann ihr wöchentliches Bad nahmen. Von wegen stinkende Nordmänner!

Die Wikinger ruderten ihre technisch herausragenden Schiffe nicht nur. Sie segelten sie später gleichzeitig und konnten mit ihnen als Erste gegen den Wind kreuzen, was zu einer beachtlichen Geschwindigkeit führte. «Da Skandinavien zum grössten Teil von Meer umgeben ist, konnten die Raubzüge von vielen Orten aus gestartet werden», so Rohrbach. Jeden Sommer gingen die Piraten des Nordens auf «Viking», also auf Raubzug. Die in Familienclans organisierten Skandinavier suchten nach neuen Siedlungsgebieten. «Vermutlich waren die Ressourcen im kargen Norden zu knapp», so Rohrbach.

So kolonialisierten die Wikinger kurzerhand die Nordatlantikküste, weshalb auch der Name Normandie von den norwegischen Normannen stammt. Sie besetzten Teile der schottischen Inseln, England und Island sowie Grönland und setzten von Schweden nach Russland über (das Wort «Rus» stammt von der finnischen Bezeichnung für die Schweden), sie segelten rheinabwärts, griffen Paris an, kamen bis nach Istanbul und Bagdad. «Sie navigierten sich mithilfe der Sterne», sagt Rohrbach. «Und sie waren wohl ziemliche Draufgänger: Viele ihrer Schiffe sanken im offenen Meer.»

Handel im Orient

Ein weiteres Geheimnis der Wikinger war ihr Händchen fürs Handeln. «Sicherlich haben sie auf grausame Art und Weise geplündert. Doch daneben gehen die anderen Tätigkeiten der Wikinger oft vergessen», sagt Rohrbach. «Sie unterhielten zum Beispiel ein ausgedehntes Handelsnetz.» Dort tauschten sie bei ihren Geschäften im Orient Güter wie Honig, Waffen, Silber, Walbein, arktische Tiere wie Falken oder Rentiere gegen Gewürze, Rüstungen und Seide. Auch mit Sklaven verdienten sie viel Geld, etwa in Irland, einem ihrer Sklaven-Umschlagplätze.

Was gemäss Rohrbach ebenfalls oft vergessen gehe: «Von ihren Reisen brachten die Wikinger nicht nur materielle Güter mit nach Hause, sondern auch viel Kultur und technisches Know-how. Es fand ein enormer Wissenstransfer statt.» So adaptierten die Wikinger das Münzwesen von den Britischen Inseln, konnten gewisse Metalle bearbeiten, bauten viele ausländische Elemente in die Wikingerkunst ein und brachten letztendlich auch das Christentum in den Norden.

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