Sehnsuchtsort Strand
Vamos a la Playa!

Was haben wir ihn vermisst: den Sandstrand. Nun zieht es die Schweizer wieder ans Meer. Alles über den Streifen zwischen Wasser und Land – von den passendsten Sounds über die beliebtesten Badeferien der Schweizer bis zu den dunklen Seiten des Sands.
Publiziert: 06.06.2021 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2021 um 08:13 Uhr
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Die Paralia Navagio in Griechenland hat der Reiseführer «Lonely Planet» 2021 zu einem der zehn schönsten Strände Europas erkoren.
Foto: imago images/samott
Daniel Arnet

Gefragt: Weshalb wir uns nach Stränden sehnen

Marcus Roller, Co-Leiter Forschungsstelle Tourismus der Universität Bern, sagt, was die Sehnsucht mit der Kindheit zu tun hat.

Herr Roller, wann haben Sie zuletzt Strandferien gemacht?
Marcus Roller:
Reine Strandferien mache ich persönlich eigentlich nie. Ich bevorzuge Rundreisen. Dort versuche ich aber, soweit möglich, einige Strandbesuche einzubauen. Das war das letzte Mal in Nordirland der Fall.

Weshalb gerade dort?
Es hat sich auf einer Rundreise ergeben. Die Strände dort sind oftmals wunderschön und eher einsam. Die Wassertemperatur ist allerdings eine Herausforderung.

Mit welchem Gefühl reisten Sie von dort zurück?
Erholt, mit dem Gefühl, eine wunderschöne Insel kennengelernt zu haben.

Was macht einen Strand zum Sehnsuchtsort?
Historisch gesehen ist der Strand als Sehnsuchtsort ein Phänomen der Moderne. Das Meer nahm man bis in die Neuzeit eher als bedrohlich wahr. Heute bietet es für Touristen einen Gegenalltag mit Entspannung oder Wassersportaktivitäten.

Strandferien sind bei Schweizerinnen und Schweizern sehr beliebt. Weshalb eigentlich?
Die Sehnsucht in vielen von uns ist sicherlich auch durch Kindheitserinnerungen an Strandferien mit der Familie geprägt, die man doch oft als heile Welt wahrnimmt. Es ist eine Ferienart, mit der die meisten von uns vertraut sind.

Gibt es weitere Gründe, weshalb wir immer wieder Strandferien buchen?
Sie sind oft ohne grossen Aufwand günstig als Pauschalreisen zu buchen. Hinzu kommt eine unglaubliche Vielfalt an möglichen Strandferien. Es gibt Angebote von einsamen Buchten bis hin zu den Partyhochburgen.

Haben wir eine besondere Sehnsucht nach Sand und Meer, weil wir in einem Binnenland leben?
Nein, auch Franzosen, Engländer oder Deutsche suchen im Sommer gerne den Strand auf.

Wann reisten die ersten Schweizer zur Erholung ans Meer?
Dies war vermutlich Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Kur- und Bädertourismus der Fall.

Welcher Strand war damals das beliebteste Ziel?
Die Ursprünge des Bädertourismus liegen in England und Deutschland – vermutlich also dort. Der Aufenthaltszweck waren allerdings zu Beginn Luftkuren. Der Badetourismus, wie wir ihn heute kennen, entwickelte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum Massenphänomen.

Welche Strände sind heute beliebt?
Genaue Daten dazu erhebt man leider nicht. Aufgrund der Reiseländer lässt sich vermuten, dass die italienischen und spanischen Strände sehr beliebt sind.

Wo machen Sie das nächste Mal Strandferien?
Als Reiseziel stehen bei uns schon länger Grossbritannien und Schottland im Speziellen auf der Liste. Dort werden wir sicher auch einen Abstecher an den Strand machen.

Geehrt: Die schönsten Strände Europas

Der unabhängige Reiseführer Lonely Planet kürte 2021 eine Top-Ten-Liste der Strände Europas:

1. Hauklandstranda (Norwegen)
2. Cala Goloritzé (Italien)
3. West Beach (Schottland)
4. Plage de Palombaggia (Korsika, Frankreich)
5. Platja de ses Illetes (Spanien)
6. Barafundle Bay Beach (Wales)
7. Praia da Arrifana (Portugal)
8. Cala Macarella (Menorca, Spanien)
9. Paralia Navagio (Griechenland)
10. Platja des Coll Baix (Mallorca, Spanien)

Plage de Palombaggia auf Korsika, Frankreich.
Shutterstock

Der unabhängige Reiseführer Lonely Planet kürte 2021 eine Top-Ten-Liste der Strände Europas:

1. Hauklandstranda (Norwegen)
2. Cala Goloritzé (Italien)
3. West Beach (Schottland)
4. Plage de Palombaggia (Korsika, Frankreich)
5. Platja de ses Illetes (Spanien)
6. Barafundle Bay Beach (Wales)
7. Praia da Arrifana (Portugal)
8. Cala Macarella (Menorca, Spanien)
9. Paralia Navagio (Griechenland)
10. Platja des Coll Baix (Mallorca, Spanien)

Gebucht: An welche Strände es Schweizer 2021 hinzieht

Die Schweizer zieht es wieder an den Strand. «Viele sagen, dass sie Lust haben, das Meer zu sehen», sagt Walter Kunz, Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands (SRV). Die Nachfrage in den Reisebüros sei stark gestiegen, coronabedingt allerdings kaum zu fernen Stränden. «Die Zahlen von Badeferien in Europa erholen sich am ehesten», so Kunz. Das bestätigt Bianca Gähweiler, Mediensprecherin der Hotelplan-Gruppe, einer der grössten Schweizer Anbieterinnen von Strandferien. Die beliebtesten Sommerziele 2021 bei ihr: die griechischen Inseln Kreta, Kos und Rhodos gefolgt von den Kanarischen Inseln und Mallorca. «Die Buchungen für Ferien rund ums Mittelmeer ziehen an», sagt Gähweiler, «sind jedoch noch auf einem tieferen Niveau als vor Corona.» Seit Zypern letzte Woche nicht mehr auf der Risikoländerliste des BAG stehe, hätten die Buchungen für Ferien dorthin deutlich zugenommen. «Die Sehnsucht, ins Ausland zu reisen, den warmen Sand zwischen den Füssen zu spüren und einfach mal wieder etwas anderes zu sehen als die schöne Schweiz, ist bei der Kundschaft definitiv da – wahrscheinlich grösser denn je», so Gähweiler.

Geschichte: Als erste Menschen an Strände reisten

«Warum hat Deutschland noch kein grosses öffentliches Seebad?», fragt der Physiker, Philosoph und Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) in einem Beitrag für den «Göttinger Taschen Calender» des Jahres 1793. Damals ist es genau 40 Jahre her, dass Brighton an der britischen Kanalküste als ältestes Seebad der Welt seine ersten Kurgäste empfing. Die Engländer waren es, die Heilkräfte des Salzwassers sowie der Meeresluft entdeckten und Strände zum «Place to be» erkoren. Dem Wasser blieben sie aber weitgehend fern: «Three dips and out» (dreimal eintauchen und raus) lautete die Regel der Briten. Nicht, weil sie im Meer Ungeheuer vermuteten wie frühere Generationen, sondern weil der Kanal zu kalt war und die meisten eh nicht schwimmen konnten. Und selbst geübte Crawler hätten sich wegen der damaligen Kleiderordnung kaum über Wasser halten können: Der viele Stoff (damit sich keine Körperteile abzeichnen konnten) war im nassen Zustand sackschwer. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kommen in den USA und Deutschland leichtere Zweiteiler für Frauen aus Trikot-, Jersey- und Seidenstoffen auf. 1946 lanciert Louis Réard (1897–1984) seine Version als Bikini und macht sie zu einem Welterfolg. Die «vornehme Blässe» weicht allmählich der «gesunden Bräune» – das Sonnenbaden ist erfunden.

Gehört: Die heissesten Strandhits

Die Ärzte: «Ich, am Strand»
Beach Boys: «Surfin' USA»
Righeira: «Vamos a la Playa»
Peach Weber: «Sun Fun»
Charles Trenet: «La mer»
Giuni Russo: «Un’estate al mare»
Juli: «Die perfekte Welle»
Queens of the Stone Age: «I Sat by the Ocean»
Philip Glass: «Einstein on the Beach»
Die Fantastischen Vier: «Der Tag am Meer»

Die Ärzte: «Ich, am Strand»
Beach Boys: «Surfin' USA»
Righeira: «Vamos a la Playa»
Peach Weber: «Sun Fun»
Charles Trenet: «La mer»
Giuni Russo: «Un’estate al mare»
Juli: «Die perfekte Welle»
Queens of the Stone Age: «I Sat by the Ocean»
Philip Glass: «Einstein on the Beach»
Die Fantastischen Vier: «Der Tag am Meer»

Gebirge: Wo Sandstrände herkommen

Die einen gehen zur Sommerfrische lieber in die Berge, die anderen bevorzugen das Meer. Doch eigentlich ist es einerlei, denn am Strand treffen sich beide Welten: Wer sich dort in den feinen Sand legt, liegt zumeist auf einem Stück Berg. Wer in Montpellier (F) oder Rimini (I) rumtollt, rollt sich vielleicht sogar auf einem Stück Matterhorn. Das kommt so: Im Laufe der Jahrtausende zerfällt das Gebirge durch Verwitterung in Gesteinsbrocken. Wind und Regen zerkleinern die Brocken in kleinere Steine, die dann in die Täler kullern. Dort spülen sie kleine Bäche in grosse Flüsse. Im Flussbett treiben die Steine Richtung Meer und schleifen sich durch Reibung ab. Am Schluss bleibt Sand übrig, der sich im Flussdelta ansammelt. Die Gezeiten packen sich das Material und schwemmen es am Meeresufer an – der Sandstrand entsteht. Zusätzlich zermahlt die Brandung Kliffe am Meer, woraus, ebenfalls nach Jahrtausenden, weiterer Sand entsteht – für Badegäste der Zukunft.

Gesucht: Sand als Wirtschaftsfaktor

Der Redewendung «wie Sand am Meer» meint gemeinhin eine unzählbare Menge. Doch der Ausdruck trügt: Ausgerechnet Sand ist zunehmend ein rares Gut. Neuste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Meereshungrige pro Person täglich 30 Gramm vom Strand wegschleppen – unbewusst in Kleidern und Haaren. Das macht mit allen Touristen weltweit etliche Tonnen. Weit mehr ins Gewicht fällt allerdings der bewusste Abbau von Küstensand für die Herstellung von Mörtel und Beton. Dafür benötigt die Welt jährlich gegen 50 Milliarden Tonnen. Sand ist vom Volumen her gesehen nach Wasser der zweitwichtigste Rohstoff. Der Zukunftsmarkt für die Golfstaaten, wenn dereinst das Öl ausgeht? Nein, denn Wüstensand ist zu feinkörnig, und die einzelnen Körner sind zu rund, abgeschliffen durch den Wind. So entsteht die absurde Situation, dass Dubai für seine Wolkenkratzer in grossem Umfang Bausand aus Australien importiert. Hauptexportland ist Indien, wo die Sandmafia mächtig mitmischt und illegal Sandbänke abbaut. In Marokko hat sie gemäss einem Bericht von 2016 «bereits die Hälfte der Strände widerrechtlich abgetragen».

Gelesen: Die beste Strandlektüre

Julia Schnetzer: «Wenn Haie leuchten» (Hanserblau)
Frank Schätzing: «Der Schwarm» (Kiepenheuer & Witsch)
Ernest Hemingway: «Der alte Mann und das Meer» (Rowohlt)
Véronique Olmi: «Meeresrand» (Kunstmann)
Herman Melville: «Moby Dick» (Jung und Jung)
Alex Garland: «Der Strand» (Goldmann)
Ina Westman: «Heute beissen die Fische nicht» (Mare)
Ian McEwan: «Am Strand» (Diogenes)
John Banville: «Die See» (Kiepenheuer & Witsch)
Rita Mae Brown: «Die Sandburg» (Mare)

RoRoRo

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Frank Schätzing: «Der Schwarm» (Kiepenheuer & Witsch)
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Rita Mae Brown: «Die Sandburg» (Mare)

Gestrandet: Von Robinson Crusoe bis zu den Flüchtlingen

Traum oder Trauma, das ist oft eine Frage der Perspektive: Schaut man vom Strand aufs Meer, sind das meist Ferien, blickt man vom Meer auf den rettenden Strand, liegt oft eine gefährliche Flucht übers Wasser hinter einem. «Gott, wie ist es möglich gewesen, dass ich das Land erreichen konnte!», ruft der Titelheld in Daniel Defoes (1660–1731) Roman «Robinson Crusoe». So wie diesem berühmtesten, fiktiven Gestrandeten geht es real Tausenden, ja Millionen: Mitte 2020 waren weltweit 80 Millionen Menschen auf der Flucht, zahlreiche in viel zu kleinen Booten auf Ozeanen. Waren es in den 1970er-Jahren die Boatpeople, die aus Vietnam flüchteten, so sind es gegenwärtig afrikanische Migranten, die auf Mittelmeerrouten ihr Leben für eine bessere Zukunft riskieren. 95'031 Menschen setzen 2020 so nach Europa über. Doch manche stranden nie: Im gleichen Jahr ertrinken 1426 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt.

Gesunden: Die medizinische Wirkung des Strands

Sonne, kaltes Wasser, kühler Wind, feuchte und salzige Luft: Reizklima nennen Ärzte die Bedingungen am Meer – und meinen das durchaus positiv. Denn es regt den Stoffwechsel an und stärkt so das Immunsystem. Dabei entfalten Luft und Wasser eine innerliche und äusserliche Wirkung: Sie tun Atemwegen und Haut gut. Meeresluft enthält unter anderem Salz, Kalium, Magnesium, Kalzium und Sulfat. Durch Aerosole dringen diese Stoffe tief in den Nasen-Hals-Raum, fördern die Durchblutung und machen die Schleimhäute widerstandsfähiger gegenüber Keimen und Infektionen. Die Meeresluft hilft insbesondere bei Asthma, Nasennebenhöhlenentzündungen und Heuschnupfen. Das Salzwasser lindert demgegenüber Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Schuppenflechten. Und selbst Gesunde profitieren von einem Strandspaziergang: Das Laufen im weichen Sand ist mächtig anstrengend – man ist körperlich gefordert wie beim Jogging. Nur macht diese unbewusste sportliche Betätigung am Strand weit mehr Spass.

Genfersee bis Walensee: Sandstrände in der Schweiz

Möchten Sie wegen der Pandemie noch nicht ins Ausland reisen? Kein Problem: Auch im Binnenland Schweiz gibt es tolle Sandstrände mit karibischem Flair. Die Plage de Vidy lockt im Sommer ganz Lausanne in den Lac Léman. Wer es weniger städtisch mag, geht nach Yvonand VD am Neuenburgersee: Der grösste natürliche Sandstrand der Schweiz lässt vergessen, dass kein Meer an die Gestade plätschert. Wer sich eh nicht zwischen Berg- und Meerferien entscheiden kann, dem sei das Strandbad Flüelen im Kanton Uri empfohlen: Vom Sandstrand lässt sich gelassen in die hohen Berge blinzeln. Dieses Erlebnis können Sie wahlweise auch am Walensee im Strandbad Gäsi von Filzbach GL geniessen. Die Wassertemperatur ist in solchen Gebirgsseen gewöhnungsbedürftig. Falls Sie lieber in warmem Wasser schwimmen: Ab in den Süden an den Lido di Locarno oder an den Lido di Lugano! Dort fühlt es sich dann fast schon an wie in den Italien-Ferien der Kindheit.

Geehrt: Die schönsten Strände Europas

Der unabhängige Reiseführer Lonely Planet kürte 2021 eine Top-Ten-Liste der Strände Europas:

1. Hauklandstranda (Norwegen)
2. Cala Goloritzé (Italien)
3. West Beach (Schottland)
4. Plage de Palombaggia (Korsika, Frankreich)
5. Platja de ses Illetes (Spanien)
6. Barafundle Bay Beach (Wales)
7. Praia da Arrifana (Portugal)
8. Cala Macarella (Menorca, Spanien)
9. Paralia Navagio (Griechenland)
10. Platja des Coll Baix (Mallorca, Spanien)

Plage de Palombaggia auf Korsika, Frankreich.
Shutterstock

Der unabhängige Reiseführer Lonely Planet kürte 2021 eine Top-Ten-Liste der Strände Europas:

1. Hauklandstranda (Norwegen)
2. Cala Goloritzé (Italien)
3. West Beach (Schottland)
4. Plage de Palombaggia (Korsika, Frankreich)
5. Platja de ses Illetes (Spanien)
6. Barafundle Bay Beach (Wales)
7. Praia da Arrifana (Portugal)
8. Cala Macarella (Menorca, Spanien)
9. Paralia Navagio (Griechenland)
10. Platja des Coll Baix (Mallorca, Spanien)

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