Bamberg, die Bierhauptstadt der Welt
Hier regieren Hopfen und Malz

Hopfen und Malz, Gott erhalts! Bayern feiert 500 Jahre Reinheitsgebot – Zeit, dem Bieruniversum einen Besuch abzustatten. Eine (beschwipste) Reise ins oberfränkische Bamberg, der Bierhauptstadt der Welt.
Publiziert: 12.07.2016 um 11:06 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2024 um 18:09 Uhr
Christian Bauer

«Pils oder Lager?», fragt die Bedienung, als ob es keine Alternative gäbe. Etwas Alkoholfreies? Absurde Idee: Bamberg in Oberfranken, Nordbayern, ist das Zentrum des Bier-Universums – weltweit. In der oberfränkischen 70'000-Einwohner-Stadt gibt es neun Privat-Brauereien; im gesamten Verwaltungsbezirk sind es sogar mehr als 200.

Das macht eine Brauerei auf 5000 Einwohner – Weltrekord! Oberfranken hat mit Abstand die höchste Brauereidichte des Planeten. Die Region ist also der perfekte Ort, um sich auf die Spuren des bayerischen Reinheitsgebots zu begeben, das in diesem Jahr seinen 500. Geburtstag feiert. Und um tief in eine traditionelle Bier- und Genusskultur einzutauchen, die an vielen Orten schon verschwunden ist.

Bier und Welterbe

Ich sitze in der Brauereigaststätte Fässla, vor mir ein «Seidla»-Bier (ein halber Liter, darunter geht hier nichts) und ein «Schäufala» – eine gebrate ne Schweineschulter, deren Fettkruste saftig auf der Zunge knackt. Die Kombination ist eine Kalorienbombe, die jeden Diätfanatiker oder Fasten-Yogi in die Flucht schlagen würde. Mir schmeckt es jedoch einfach herrlich! Oberfranken ist eine Region für Lebemänner und -frauen, die sich Zeit nehmen zum Geniessen, zum Schlemmen und wer möchte: zum Pfunde anfuttern. «Willkommen in der Genussregion Oberfranken!», heisst der offizielle Slogan. Passt.

Während Münchens weltbekannte Bierkultur Hunderttausende Besucher anlockt, träumen Bamberg und sein Umland noch still unter einer Malzwolke vor sich hin. Nur Kenner und ein paar wenige ausländische Touristen verschlägt es in den Nordosten Bayerns. Doch nicht nur Gourmets finden hier ihr Glück: Bamberg besitzt eines der schönsten Stadtbilder Deutschlands. Die Mischung aus mittelalterlichen Riegelhäusern und barocken Glanzbauten ist so einmalig, das die Unesco das Altstadtensemble zum Weltkulturerbe erhob. Ein weiterer Grund für die Auszeichnung war die aussergewöhnliche Dreiteilung der Stadt.

Beliebtestes Fotomotiv: das alte Rathaus über dem Fluss Regnitz.
Foto: Christian Bauer

Das hügelige Bamberg unterteilt sich historisch in die Bergstadt mit Dom, Residenz und Klöster, die Inselstadt mit ihren Handwerkshäusern und die Gärtnerstadt mit dem grössten weltweiten Areal an innerstädtischen Gärtnereien. Das Schöne: Hier ist die Heimatfilm-Idylle noch intakt. Anstatt Souvenirkitsch gibt es in den verwinkelten Gassen bis anhin vor allem familiengeführte Metzgereien, Bäckereien und Trachtenläden, in denen herzige Grosis Lederhosen anpreisen. Und gefühlt verbirgt sich hinter jeder zweiten Tür eine Kneipe.

Bier wie flüssiger Schinken

Eine davon ist die Brauerei Schlenkerla, das Bamberger Brauerei-Urgestein. In der mittelalterlichen Wirtsstube aus dem 15. Jahrhundert sitzen bierbäuchige Stammtischler, Handwerker und Studenten, die sich mit einem Seidla «Aecht Schlenkerla Rauchbier» das Gehirnschmalz schmieren – in der Aula direkt neben der Kneipe findet gerade eine philosophische Studienwoche statt. Das Signature-Bier ist allerdings alles andere als ein Modegetränk à la «Hugo» oder Aperol-Spritz. Es ist eine Geschmacksbombe, an die man sich erst gewöhnen muss.

Im «Schlenkerla» wird das Rauchbier noch aus Holzfässern ausgeschenkt.
Foto: Christian Bauer

Das Schlenkerla-Rauchbier ist das einzige Bier der Welt, das mit 100% Rauchmalz gebraut wird. Die Folge: Das Bier schmeckt wie flüssiger Schinken. Besitzer Matthias Trump lacht, als ich beim ersten Schluck bereits mein Gesicht verziehe. «Unser Schlenkerla schmeckt erst nach dem dritten Glas. Dann sind Sie da angekommen, wo der Bamberger schon seit seiner Geburt ist.» Stimmt, mit jedem neuen Glas tritt der Rauchgeschmack etwas mehr in den Hintergrund – und die Glückseligkeit eines leichten Rausches vernebelt die Welt. Das Schlenkerla ist zweifelsohne Bambergs aussergewöhnlichstes Gebräu (in der Schweiz haben einige Coop-Filialen das Bier im Sortiment).

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Traditionell trinkt man in Franken das Bier aus einem Halbliter-Steinkrug.
Foto: Christian Bauer

Insgesamt werden in der Innenstadt weitere 50 verschiedene Sorten gebraut: der Himmel auf Erden für einen jeden Bier-Liebhaber. Grundlage aller Biere in Bamberg ist natürlich das alte Bayerische Reinheitsgebot von 1516: Hopfen, Malz, Wasser und Hefe – etwas anderes kommt hier nicht ins Glas. Doch was als erstes Qualitätsgebot für Lebensmittel nun 500. Geburtstag feiert, war ursprünglich nichts weiter als ein einfacher Trick zum Geldverdienen. Fürste, Bischöfe und Regionalregenten finanzierten ihren extensiven Lebensstil grösstenteils über die Besteuerung von Bier. Klar, dass man die Zutaten, auf denen Abgaben zu entrichten waren, penibelst vorschrieb. So findet sich das Reinheitsgebot auch nicht in einer Verordnung für Lebensmittel, sondern im Steuergesetzbuch.

Beim Bierpapst

Doch wie kann es sein, dass aus vier Zutaten eine solche Bandbreite an Geschmäckern entsteht? Eine Antwort gibt der deutsche «Bierpapst» Markus Raupach, den ich – wie könnte es anders sein – im Zapfhahn treffe, Bambergs Kneipe mit dem grössten Bierangebot. Er erklärt: «Auch im Rahmen des Reinheitsgebotes lassen sich sehr unterschiedliche Biere brauen, jede der Zutaten hat eine grosse Geschmackspalette. Je nachdem, wie man diese mischt, sind die Geschmacksvariationen fast unendlich.» Und während er so angeregt über den Gerstensaft philosophiert, klingt es fast wie bei einer Weindegustation. Er spricht von Zitrus- und Mango-Noten, von einer Karamellgrundlage, manchmal von Geschmacksnoten wie Basilikum oder Banane – je nachdem, welches Malz oder welche Hopfensorte verwendet wurde.

Markus Raupach gilt als einer der besten Bierkenner Deutschlands.
Foto: Christian Bauer

«Bier ist dem Wein darin überlegen, dass es doppelt so viele unterscheidbare Geschmacks-Nuancen aufweist», schwärmt der Bier-Connaisseur mit breitem Grinsen. Es ist spät, als ich zur Brauerei Fässla zurückkomme, in der ich ein Gästezimmer bezogen habe. Die «Schwemm», der Durchgang zwischen Gaststube und Brauerei, ist noch voller Menschen. «Hier, trink noch eines mit uns!», ruft mir jemand zu. «Danke, ich hatte schon genug.» «Ach was: Wer in der Schwemm trinkt, war gar nicht wirklich in der Kneipe.»

Nun gut. Gegen diese psychologischen Feinheiten versagen alle Argumente. Prost!

Weitere Bier-Erlebnisse

Bierwanderung in der Fränkischen Toskana

Wer Bamberg besucht, sollte sich auch in das Umland aufmachen. Die sanfthügelige Landschaft bietet Velofahrern und Wanderern ein breites Angebot an ausgeschilderten Wegen. Direkt vor den Toren der Stadt liegt die sogenannte Fränkische Toskana (etwas weiter weg findet sich sogar die Fränkische Schweiz). Klar darf man hier keine Weinberge und Zypressen-Alleen erwarten: Der Landstrich bietet aber wie der südliche Namenspate Entschleunigung in einer lieblichen Umgebung.

Neben Kunst (hier befindet sich ein weitläufiger Skulpturenweg) und Barock-Flair in verschiedenen Schlössern, liegt ein Schwerpunkt auf der Biertradition. Wer Wandern (oder Velofahren) mit Biergenuss verbinden möchte, kann sich zu dem 32 Kilometer langen «13-Brauerein-Weg» aufmachen. Am Wegesrand liegen 13 Brauereigasthöfe und Biergärten.

Einer von ihnen ist die «Drei Kronen Brauerei» im Örtchen Memmelsdorf. Hier hat kürzlich Isabella Mereien das Braugeschäft von ihrem Vater übernommen. Neben den Klassikern braut die Nachwuchs-Brauerin zusammen mit zwei Kolleginnen ein «Bier von Frauen für Frauen». «Holla die Bierfee», dessen Etikett in einem femininen Rosa daherkommt, ist ein Dinkel-Pale-Ale und ist am besten als spritziges Aperitif-Bier zu beschreiben. Auch für Männer ein Muss.
www.fraenkische-toskana.com
 www.holladiebierfee.de

Bamberger BierSchmecker-Tour

Bei der BierSchmecker-Tour entdeckt der Besucher auf eigene Faust Bambergs berühmte Brauereien. Ausgestattet mit Informationsmaterial und fünf Gutscheinen geht es los auf Entdeckungstour. Je nach persönlichen Vorlieben kann man sich die Tour selbst zusammenstellen. Als Souvenir gibt es einen Bierkrug, den man bei der Touristeninformation beziehen kann. Bambergs offizielle Webseite: www.bamberg.info

Sandkerwa – Ein Fest für Bambergs Bier

Eigentlich ist die Sandkerwa, die Sandkirchweih, ein religiöses Fest. Doch meist kommen die 300'000 Besucher vor allem wegen der vielen Bierstände, die Gerstensaft aus Stadt und Umland ausschenken. Für fünf Tage verwandelt sich das ruhige Städtchen Ende August somit meist in eine Riesen-Party. Weitere Highlights der Sandkerwa sind das spektakuläre Abschlussfeuerwerk und das Fischerstechen auf dem Fluss Regnitz.

Biererlebnisse mit «Bierpapst» Markus Raupach

Bierkenner Markus Raupach ist kein Unbekannter in Bamberg. Er bietet mit seiner «Deutschen Bierakademie» unterschiedliche Erlebnisse rund um das Thema Bier an. Der Klassiker ist das Bierseminar, in dem anhand von zehn Bieren aus der ganzen Welt die Aromenvielfalt der Biere erkundet wird. Oder wie wäre es mit einem Brauseminar, in dem man lernt, sein eigenes Bier zu kreieren? Auch das bietet der Bierpapst selbstredend an. Informationen und weitere Erlebnisse online unter: www.bierakademie.net

Bierwanderung in der Fränkischen Toskana

Wer Bamberg besucht, sollte sich auch in das Umland aufmachen. Die sanfthügelige Landschaft bietet Velofahrern und Wanderern ein breites Angebot an ausgeschilderten Wegen. Direkt vor den Toren der Stadt liegt die sogenannte Fränkische Toskana (etwas weiter weg findet sich sogar die Fränkische Schweiz). Klar darf man hier keine Weinberge und Zypressen-Alleen erwarten: Der Landstrich bietet aber wie der südliche Namenspate Entschleunigung in einer lieblichen Umgebung.

Neben Kunst (hier befindet sich ein weitläufiger Skulpturenweg) und Barock-Flair in verschiedenen Schlössern, liegt ein Schwerpunkt auf der Biertradition. Wer Wandern (oder Velofahren) mit Biergenuss verbinden möchte, kann sich zu dem 32 Kilometer langen «13-Brauerein-Weg» aufmachen. Am Wegesrand liegen 13 Brauereigasthöfe und Biergärten.

Einer von ihnen ist die «Drei Kronen Brauerei» im Örtchen Memmelsdorf. Hier hat kürzlich Isabella Mereien das Braugeschäft von ihrem Vater übernommen. Neben den Klassikern braut die Nachwuchs-Brauerin zusammen mit zwei Kolleginnen ein «Bier von Frauen für Frauen». «Holla die Bierfee», dessen Etikett in einem femininen Rosa daherkommt, ist ein Dinkel-Pale-Ale und ist am besten als spritziges Aperitif-Bier zu beschreiben. Auch für Männer ein Muss.
www.fraenkische-toskana.com
 www.holladiebierfee.de

Bamberger BierSchmecker-Tour

Bei der BierSchmecker-Tour entdeckt der Besucher auf eigene Faust Bambergs berühmte Brauereien. Ausgestattet mit Informationsmaterial und fünf Gutscheinen geht es los auf Entdeckungstour. Je nach persönlichen Vorlieben kann man sich die Tour selbst zusammenstellen. Als Souvenir gibt es einen Bierkrug, den man bei der Touristeninformation beziehen kann. Bambergs offizielle Webseite: www.bamberg.info

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Eigentlich ist die Sandkerwa, die Sandkirchweih, ein religiöses Fest. Doch meist kommen die 300'000 Besucher vor allem wegen der vielen Bierstände, die Gerstensaft aus Stadt und Umland ausschenken. Für fünf Tage verwandelt sich das ruhige Städtchen Ende August somit meist in eine Riesen-Party. Weitere Highlights der Sandkerwa sind das spektakuläre Abschlussfeuerwerk und das Fischerstechen auf dem Fluss Regnitz.

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Bierkenner Markus Raupach ist kein Unbekannter in Bamberg. Er bietet mit seiner «Deutschen Bierakademie» unterschiedliche Erlebnisse rund um das Thema Bier an. Der Klassiker ist das Bierseminar, in dem anhand von zehn Bieren aus der ganzen Welt die Aromenvielfalt der Biere erkundet wird. Oder wie wäre es mit einem Brauseminar, in dem man lernt, sein eigenes Bier zu kreieren? Auch das bietet der Bierpapst selbstredend an. Informationen und weitere Erlebnisse online unter: www.bierakademie.net

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