Auf den Spuren Schweizer Oliven
Um Lugano reifen die einzigen Oliven der Eidgenossenschaft, die sich zur Verarbeitung eignen. Die Ausbeute ist mit etwa 150 Litern pro Jahr freilich gering, dennoch wird mit dem Olivenanbau eine lange Tradition fortgeführt. Seit dem Mittelalter wurden die Früchte zur Gewinnung von Lampenöl angebaut. Einen Einblick in die Geschichte des Olivenanbaus im Tessin gibt der Sentiero dell'oliv, der Olivenweg, bei Gandria. Auf drei Kilometern vermitteln 18 Tafeln Wissenswertes zur grünen Frucht. Die Olivenernte findet Ende Oktober statt – manchmal kann man auch mithelfen.
Lebenfreude und Kunst in Lugano
1 Stunde und 53 Minuten – so schnell ist man seit der Eröffnung des Ceneri Basistunnels von Zürich in Lugano. Jetzt könnte man kurz mal für einen Nachmittags-Espresso in den Süden flitzen. Aber das wäre zu schade. Denn Lugano und seine Umgebung haben so viel zu bieten, dass man gleich ein paar Tage bleiben sollte. Da ist zunächst der Vorgeschmack auf den Süden: Nirgends atmet die Schweiz so sehr das mediterrane Dolcevita wie an dem Ufer des Luganersees. Die grösste Stadt des Kantons Tessin ist zudem das kulturelle Zentrum der Region. Allen voran strahlt das Kunstmuseum MASI mit seinen drei Standorten weit über die Region hinaus. Oder darf es ein Einblick in die Literaturgeschichte sein? Der deutsch-schweizerische Schriftsteller Herman Hesse (1877–1962) lebte 43 Jahre im nahen Ort Montagnola. Ein Museum in seinem Wohnhaus gibt Einblick in das Leben und Denken des Autors.
Mit dem E-Bike ins Maggiatal
Wenn der Restsommer mit seinen schönen Farben und wohligen Düften brilliert, ist der ideale Zeitpunkt für eine Velotour, beispielsweise im Maggiatal, das komplett mit dem Veloweg 31 erschlossen ist. Die ersten Kilometer führen durch die Agglomeration von Locarno und Ascona. Das ist wenig idyllisch. Aber spätestens bei Ponte Brolla, wo sich der Maggia-Fluss tief in den Kalkstein geschnitten hat, beginnt das ländliche, das authentische Tessin. Wir kommen vorbei an malerischen Orten, die ein Eldorado sind für Instagram-Schnappschüsse. Etwa 30 Kilometer geht es von Ponte Brolla bis nach Bignasco (plus etwa 7 Kilometer Anfahrt von Locarno). Der Weg ist weitgehend flach und führt über Feldwege, der alten Kantonsstrasse und ehemaligen Bahntrasse und ist deswegen auch für grössere Kinder geeignet. Die Strecke wäre in zwei Stunden zu schaffen – realistisch sind eher fünf. Denn es gibt viel zu sehen am Wegesrand: die historischen Dorfzentren, verschiedene Wasserfälle, in deren Becken man baden kann, Kirchen und Heiligenhäuschen an (fast) jeder Ecke.
Gandria – Die Zeitreise in den Süden der Schweiz
Nostalgie pur strahlt das kleine Dörfchen Gandria am Ufer des Luganersee aus. Wenn auch nicht weltberühmt, so sollte dieser schmucke Ort zu den zehn Top-Sehenswürdigkeiten der Schweiz zählen. In dem 200-Seelen-Ort scheint die Zeit still gestanden zu sein und die Nähe zu Italien ist deutlich spürbar. Bis in die 1930er Jahre führte nicht einmal eine Strasse in das Tessiner Dörfchen am Fuss des Monte Brè. Dank der unglaublichen Kulisse lauter bunter Häuser, ist noch heute die Anreise per Schiff die schönste.
Mogno – Die eindrücklichste Kirche des Kantons
Der 25. April 1986 war ein Katastrophentag für den kleinen Weiler Mogno hoch oben im Maggiatal. Eine Lawine donnerte über die Häuseransammlung hinweg und riss auch die alte Kirche ins Tal. Einer der berühmtesten Söhne des Tessins – Architekt Mario Botta – hat dem kleinen Weiler daher eine neue Kirche vermacht. Die Chiesa di San Giovanni Battista gehört inzwischen zu den berühmtesten Baudenkmälern des Tessins und fasziniert Besucher aus der ganzen Welt. Der elliptische Bau aus weissem Peccia Marmor und schwarzem Riveo Granit wurde in den frühen 90er Jahre erbaut und bietet gerade mal Platz für 15 Besucher. Der schwarz-weisse, fensterlose Bau verzaubert auch Architektur-Laien mit seinen Schachbrettmustern und den ungewöhnlichen Bauformen.
Im Wundergarten von Morcote
Der kleine Ort Morcote an der Spitze der Ceresio-Halbinsel am Luganersee ist eine Postkartenidylle, die der Fantasie eines Künstlers entsprungen sein könnte. Doch die bunte Seepromenade, die gemütlichen Cafés und schnuckeligen Hotels sind allesamt echt – und an sich schon eine Reise wert. Eine wahre Zauberwelt ist dagegen der Parco Scherrer, in den man sich in den wundersamen Orient entführt fühlt. In dem terrassierten Hang am Monte Arbostora stehen ein griechischer Tempel, ein ägyptisches Mausoleum, ein arabischer Palast und ein asiatisches Teehaus – en miniature versteht sich. Dazwischen finden sich die Statuen unzähliger antiker Gottheiten, exotischer Tiere und schöner Frauen. Zu den jeweiligen Regionen passend, ist der Park mit vielen fremdländischen Pflanzen bestückt, die dank des milden Klimas hier prächtig gedeihen.
Brissago – Im privaten Reich der Baronin
Der Botanische Garten Tessins auf den Brissago Inseln ist eine einmalige Mischung aus Naturparadies und Gartengestaltung. Angelegt wurde der Park von der russischen Baronin Antoinette de Saint-Léger (1856–1946), die hier von 1885 bis 1928 lebte. Aus finanziellen Gründen – sie starb als Sozialhilfeempfängerin – musste sie die beiden kleinen Inseln verkaufen. Seit 1950 ist der Park, der nun dem Kanton Tessin gehört, der Öffentlichkeit zugänglich. Bedingt durch das milde Klima gedeihen hier Pflanzen aller subtropischen Regionen der Welt. Unter den 1700 Pflanzenarten auf dem 2,5 Hektar grossen Gelände sind unter anderem Sumpfzypressen, Zimtbäume oder Eukalyptusbäume zu sehen. Ein Lehrpfand erläutert Wissenswertes über die Fauna.
Malcantone – Wo die wilden Kastanien blühen
Herbstzeit ist Kastanienzeit. Und nirgendwo in der Schweiz hat die Kastanie die Landschaft und das Leben der Menschen so sehr geprägt wie in der Region Malcantone im Hinterland von Lugano. In der wildromantischen Hügellandschaft spielen die «Cheschtene» seit Jahrhunderten eine zentrale Rolle. Bauernfamilien haben sich hier seit jeher auf die Kultivierung der Kastanien spezialisiert.
Eintauchen in die Welt der Kastanien kann man beispielsweise auf dem Kastanienweg, einer rund fünfstündigen Rundwanderung ab dem höchstgelegenen Dorf des Malcantone, Arosio. Auf rund 15 Kilometern durchwandert man hier riesige Wälder, kommt vorbei an alten Kastanienhainen, alten Tessiner Kirchen und (je nach Saison) auch ein paar gwundrigen Tessiner Kühen.