Die Sommersaison für Ferienreisen kommt in Schwung. Nicht nur Schweizer begeben sich auf Urlaubstrips, sondern auch Ausländer – Hunderttausende, wenn nicht Millionen, kommen zu uns. Und von diesen stützen sich viele auf Empfehlungen in Reiseführern. SonntagsBlick hat drei der bekanntesten unter die Lupe genommen: die Backpacker-Bibel «Lonely Planet», den kompakten «Marco Polo» und den tiefgründigen Wälzer «Reise Know-How». Fazit: Viele Klischees, einiges von vorgestern, manch Ermutigendes.
Von Uhren über Alpen, Milchschoggi bis Fondue lassen die Guides selbstverständlich nichts aus. Doch auch die Vielfalt der modernen Schweiz wird gerühmt. Vier Landessprachen auf einer Fläche so gross wie das deutsche Baden-Württemberg: «Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass die Schweiz überhaupt existiert», findet «Marco Polo».
Ob motorisiert oder mit dem Zug – die Welt sieht unser Land als multikulturelles Paradies zum Herumreisen: An einem Tag vom Flachland ins Hochgebirge, am Morgen Italianità mit echtem Espresso im Tessin, am Abend Savoir-vivre mit einem Glas Weisswein am Genfersee. «In welchem Land kann man von einem Standort aus so viele verschiedene, abwechslungsreiche Landschaften, unterschiedliche Baustile, Sprachen, Küchenkulturen erkunden, ohne den Koffer jeden Tag neu zu packen?», schwärmt «Reise Know-How».
Jedes Jahr veröffentlicht die «New York Times» eine Liste mit mehr als 50 Orten, die man sehen muss. 2020 ist die Schweiz nicht mit dabei. Deshalb haben wir, mit Hilfe der Community, unsere eigene Liste geschrieben. Wir haben uns dabei aber auf 27 Orte beschränkt.
Jedes Jahr veröffentlicht die «New York Times» eine Liste mit mehr als 50 Orten, die man sehen muss. 2020 ist die Schweiz nicht mit dabei. Deshalb haben wir, mit Hilfe der Community, unsere eigene Liste geschrieben. Wir haben uns dabei aber auf 27 Orte beschränkt.
Das Nachtleben kennen wir so nicht
Vom Mittelland jedoch ist dieser Reiseführer wenig begeistert: «Der Wohlstand, die intensive Wirtschaftstätigkeit und der starke Durchgangsverkehr haben zusammen mit fantasieloser Architektur vielerorts einen Agglomerationsbrei angerichtet, der nicht weniger hässlich ist als anderswo in Europa.» Wer sich abseits der Durchgangsrouten umschaue, finde aber selbst im Mittelland noch eine intakte Schweiz.
Zürich gilt in den Guides als Metropole des Nachtlebens. Ob die Autoren von «Marco Polo» wirklich an der Limmat im Ausgang waren, bleibt dennoch zweifelhaft: Sie schreiben, DJ Bobo sei «bis heute King of Dance». In den Schweizer Clubs der Jetztzeit können sie das nicht beobachtet haben.
Das Schweizer Nachtleben wird allgemein etwas schönfärberisch dargestellt. So berichtet «Lonely Planet»: «Im coolen Züri-West ist Tag und Nacht Party angesagt.» Nun, die Langstrasse ist tatsächlich ein Hotspot für das Partyvolk – aber am Tag? Da bleibt vom Nachtleben bestenfalls der Abfall übrig (und auch das nicht lange).
Liechtenstein, das Land der Zahnprothesen
Eingewanderte aus den Nachbarländern berichten häufig, man fühle sich in der Schweiz nirgendwo wirklich willkommen. «Reise Know-How» weiss das in einen Vorteil zu verwandeln, wenn es schreibt, dass man trotz vertrauter Sprachen in der Schweiz «das Anderssein spüren» könne, «das Reisen so spannend macht».
Auch stets erwähnt wird Liechtenstein. Was die Bewohner des Ländle aber kaum erfreuen dürfte: Das Fürstentum wird zwar gerühmt für Monarchie, Wandern und Banken – aber einfach neben die Schweizer Regionen gestellt.
Nur «Lonely Planet» weiss Aussergewöhnliches zu berichten: In Liechtenstein boome das Geschäft mit Zahnprothesen. Genauer erklären wollen oder können die Autoren dies leider nicht.