Es ist eine auf den ersten Blick unspektakuläre Szene. Ein junger Hornusser trainiert auf einem abgelegenen Platz seinen Abschlag, bei dem er die auf einen Bock aufgesetzte Nouss ins Feld knallt. Es gelingt dem Spieler nicht nach Wunsch. «Was isch hüt los?», raunt der Jüngling nach dem Abschlag.
Auf Tiktok ist diese Szene dennoch längts ein Hit. Unglaubliche 8,6 Millionen Mal wurde der kurze Clip der Hornussergesellschaft Studen-Madretsch angeschaut. Zum Vergleich: Zwei der bekanntesten Schweizer Influencer auf der Social-Media-Plattform, Aditotoro und Franny, besitzen je nur etwa 2,4 Millionen Follower.
Blick hat beim Hornusser-Verein angerufen und konnte mit der Social-Media-Verantwortlichen, Caroline Schertenleib, sprechen. Im Interview erzählt sie, dass die Gesellschaft seit längerem mit einem Mitgliederschwund kämpft. «Wir sind nur noch acht Mitglieder, aber für ein Spiel braucht man eigentlich 16», sagt sie. «Und weil wir so wenig sind, spielen wir eigentlich fast nur zum Spass und deswegen in der tiefsten Liga.»
Zielgruppe verfehlt – im Ausland berühmt
Gestandene Hornusser lassen sich so kaum zum Verein im Berner Seeland locken. Also wurde man kreativ. Um neue Mitglieder für den ur-schweizerischen Sport begeistern zu können, sollten soziale Medien wie Tiktok und Instagram angezapft werden – «weil die Jungen von heute halt kein Facebook mehr benützen», erklärt Schertenleib.
Das Echo im eigenen Verein ist zwar von Anfang an positiv. Nur in den Videos vorkommen wollten dann doch nicht alle. Kein Wunder, wenn einem plötzlich Millionen beim Hornussen zuschauen.
Mit dem Clip wollten die Hornussergesellschaft Studen-Madretsch eigentlich junge Menschen in der Schweiz ansprechen. «Das hat aber bisher irgendwie nicht so funktioniert», meint Schertenleib. Dafür sei das Echo aus dem Ausland riesig, vor allem aus dem englischsprachigen Raum. «Wir waren überrascht, als wir die vielen Kommentare gesehen haben, vor allem auf Englisch», erzählt Schertenleib. «Mit so einer Reaktion haben wir nicht gerechnet.»
Die Hornusser wollen weiter liefern
Der grosse Andrang auf dem Spielfeld wird wohl auch in Zukunft ausbleiben. Dass Touristen wegen des Sports extra vorbeischauen werden, glaubt Schertenleib nicht. «Die müssten ja aus dem Ausland hierher reisen. Ich glaube nicht, dass sie bereit sind, für so etwas Geld auszugeben.»
Weitermachen will der Verein aber dennoch. Schertenleib verspricht, dass man auch in den nächsten Wochen Videos produzieren werde. Nicht für die viralen Hits. Sondern für das Unterfangen, mehr Neumitglieder zu rekrutieren und damit das Überleben des Vereins zu sichern.