Auf einen Blick
Schlaf ist lebenswichtig – und doch tun sich viele schwer damit. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundes leidet ein Drittel der Schweizer Bevölkerung unter Schlafproblemen. Das Tückische daran: Je mehr man gegen die Schlaflosigkeit ankämpft, desto schlimmer wird sie. Die Methode der Schlafrestriktion kann bereits nach wenigen Wochen eine Verbesserung bringen. Schlafexpertin Dr. Rositsa Neumann (49) erklärt, warum.
Was ist Schlafrestriktion?
Bei der Schlafrestriktion wird die nächtliche Bettzeit des Patienten über vier bis acht Wochen gezielt verkürzt – zum Beispiel auf fünf Stunden –, um den körperlichen Schlafdruck zu steigern. Ist man dann nicht todmüde, wirst du dich jetzt fragen? Doch ist die Antwort – das bist du aber auch, wenn du acht Stunden im Bett liegst und drei davon gestresst wach liegst. Insomnie sei ein Teufelskreis, sagt Rositsa Neumann. Wenn man krampfhaft versuche einzuschlafen, steige die körperliche und psychische Anspannung. «Das hält einen wach.» Durch künstlich herbeigeführten Schlafentzug steige der Schlafdruck. «Man schläft schneller ein und besser durch. Zudem hat man weniger Zeit, sich darüber Sorgen zu machen, dass man nicht schlafen kann.»
Für wen eignet sich die Methode?
Die Methode eignet sich gemäss Neumann für alle Menschen mit lange anhaltenden oder in Abständen wiederkehrenden Ein- und Durchschlafstörungen. Studien hätten gezeigt, dass Schlafrestriktion auch bei psychischen Krankheiten wirksam sei. Häufig würden Insomnien von traumatischen Ereignissen ausgelöst oder treten bei einer Depression oder Angststörung auf. «Auch perfektionistische Persönlichkeitszüge gehen häufig mit einer Insomnie einher.»
Wie wendet man die Methode an?
Neumann lässt ihre Patientinnen und Patienten schätzen, wie lange sie in den letzten Wochen durchschnittlich pro Nacht geschlafen haben. Diese Information nutzt sie, um die Bettzeit festzulegen. «Fünf Stunden sind das Minimum», sagt sie. Die Patienten sollen nicht länger als die festgelegte Zeit im Bett bleiben und immer zur selben Zeit aufstehen. «Auch wenn sie todmüde sind.» Regelmässigkeit hilft, die innere Uhr zu stabilisieren. Powernaps sind okay – sofern sie nicht länger als zwanzig Minuten dauern. Die Patienten führen Protokoll darüber, wie viel von der festgelegten Bettzeit sie tatsächlich mit schlafen verbringen. Sobald es mehr als 85 Prozent der Zeit sind, dürfen sie ihr Schlaffenster wöchentlich um 15 Minuten verlängern.
Rositsa Neumann (49) ist Fachärztin für Neurologie an der Klinik für Neurologie Hirslanden Zürich. Zu ihren Kernkompetenzen gehören Schlaf-Wach-Untersuchungen, Diagnostik und Behandlung von Schlafstörungen. Nach ihrem Medizinstudium in Bulgarien promovierte sie 2010 an der Universität Zürich.
Rositsa Neumann (49) ist Fachärztin für Neurologie an der Klinik für Neurologie Hirslanden Zürich. Zu ihren Kernkompetenzen gehören Schlaf-Wach-Untersuchungen, Diagnostik und Behandlung von Schlafstörungen. Nach ihrem Medizinstudium in Bulgarien promovierte sie 2010 an der Universität Zürich.
Wie geht es danach weiter?
Bei anhaltender Besserung kann man das Schlaffenster weiter um 15 Minuten wöchentlich verlängern, bis man eine ausreichende Hauptruhephasendauer erreicht. Zudem könne man an der sogenannten Stimuluskontrolle arbeiten, sagt Neumann. Das heisst: Wenn man nach einer definierten Zeit – sagen wir 10 Minuten – nicht einschlafen kann, steht man wieder auf, und widmet sich einer angenehmen Tätigkeit, die möglichst ruhig und monoton ist: Zum Beispiel Sudokus oder Kreuzworträtsel lösen. Wenn man sich schläfrig fühlt, probiert man es wieder mit einschlafen. «Es geht darum, dass man wieder eine positive Verbindung zum Bett aufbauen kann. Als ein Ort, an dem man ausschliesslich schläft, und nicht einer, an der man sich Sorgen macht.»
Die sogenannte Schlafkompression oder Schlafrestriktion ist ein zentrales Element der kognitiven Verhaltenstherapie gegen Schlafstörungen. Dazu gehören neben der Kompression und Stimuluskontrolle folgende Methoden:
- Psychoedukation: Patienten eignen sich wissenschaftliches Wissen über Schlaf an und korrigieren unrealistische Vorstellungen. Zum Beispiel, dass man mit Gadgets für Schlaftracking den Schlaf verbessern kann, was gemäss Neumann ein Trugschluss ist.
- Schlafhygiene: Patienten optimieren Umgebungsfaktoren des Schlafzimmers wie Temperatur und Licht
- Entspannungstechniken: Patienten üben Methoden, die beim Abschalten helfen. Zum Beispiel progressive Muskelentspannung, autogenes Training und Meditation.
- Kognitive Interventionen: Dazu gehört zum Beispiel die Technik der Paradoxen Intention: Patienten versuchen extra, nicht einzuschlafen, was oft das Gegenteil bewirkt.