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Spritze alle sechs Monate
Bahnbrechender Wirkstoff schützt vor HIV

Ein bahnbrechender Wirkstoff rückt der Idee einer HIV-Impfung so nahe wie kein Medikament zuvor. Dass die Euphorie verhalten ist, hat nicht nur mit den hohen Kosten zu tun.
Publiziert: 19.03.2025 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 16:50 Uhr

Darum gehts

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Jonas DreyfusService-Team

Alle sechs Monate eine Spritze und zuverlässig vor einer HIV-Infektion geschützt sein. Die Entwicklung dieses bahnbrechenden Medikaments wurde vom renommierten Fachmagazin Science zum bedeutendsten Forschungsdurchbruch des Jahres 2024 gewählt. Obwohl diese präventive Therapie die beste Alternative zu einem Impfstoff ist, der für HIV nach wie vor nicht existiert, wird die Hoffnung durch unerfreuliche Begleitumstände gedämpft.

Das Wichtigste zur Innovation, die Hunderttausende Menschenleben retten könnte:

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Wie funktioniert das Medikament?

Das HI-Virus nutzt ein sogenanntes Kapsid, um sein Erbgut in eine menschliche Zelle zu schmuggeln. Der Wirkstoff Lenacapavir besteht aus zwei sogenannten Kapsid-Blockern, die diesen Prozess stören. Neben der Freisetzung der Virus-DNA im Zellkern verhindert er weitere Phasen der HIV-Infektion. Lenacapavir gehört zu den ersten Kapsid-Blockern und ist der erste zugelassene Wirkstoff mit diesen Eigenschaften.

Ein Apotheker hält eine Ampulle mit dem Wirkstoff Lenacapavir. Alle sechs Monate verabreicht, schützt er zuverlässig vor einer Ansteckung vor dem HI-Virus.
Foto: keystone-sda.ch
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Wie vielversprechend ist es?

Im Rahmen einer Studie mit 5338 HIV-negativen Frauen aus Südafrika (40'000 Aidstote im Jahr 2023) und Uganda (17'000 Aidstote im Jahr 2023) erhielt ein Teil der Probandinnen eine Lenacapavir-Injektion. Gleichzeitig wurde ihnen eine sogenannte Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) in Tablettenform verschrieben, die – bei täglicher Einnahme – zuverlässig vor einer HIV-Infektion schützt. Die andere Gruppe erhielt stattdessen eine Placebo-Spritze, kombiniert mit derselben PrEP-Therapie.

Nach einem Jahr und zwei Injektionen im Abstand von sechs Monaten waren alle rund 2000 Probandinnen, die das Medikament erhalten hatten, weiterhin HIV-negativ. In der Placebo-Gruppe hingegen infizierten sich 55 von rund 3000 Frauen. Fast alle, die sich angesteckt hatten, nahmen die PrEP-Tabletten weniger als zweimal pro Woche – obwohl ihnen ausdrücklich erklärt wurde, dass eine tägliche Einnahme erforderlich ist. Diese «Nachlässigkeit» ist eines der grössten Probleme bei der HIV-Bekämpfung in Ländern, in denen die Krankheit stark stigmatisiert ist und Tabletten oft nur dann eingenommen werden können, wenn es niemand anderer mitkriegt.

Ein Apotheker berät eine Frau in Zusammenhang mit HIV in Uganda. Im afrikanischen Land sind mehr als 5 Prozent der Erwachsenen HIV-positiv.
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Der grösste Vorteil von Lenacapavir ist also, dass der Wirkstoff nur zwei Mal jährlich verabreicht werden muss. Eine neue Studie deutet darauf hin, dass eine einzige Injektion pro Jahr sogar ausreichen könnte, wenn der Wirkstoff in die Muskulatur statt unter die Haut gespritzt wird.

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Wie sieht es mit der Zulassung aus?

Lenacapavir ist in den USA und der EU seit 2022 und in der Schweiz seit 2023 zugelassen für die Behandlung von Patienten mit einer multiresistenten HIV-Infektion – also nicht als vorbeugendes Medikament. Hersteller ist das US-Pharmaunternehmen Gilead, das führend ist in der Entwicklung von Medikamenten zur HIV-Bekämpfung. Es hat die Zulassung als Präventivmedikament in zahlreichen Ländern beantragt. Entscheide für die USA und die EU werden 2025 erwartet. Die Schweiz wird nachziehen.

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Was kostet es?

Zwei Spritzen kosten in der Schweiz rund 40'000 Franken. Das entspricht in etwa dem Preis des Medikaments in den USA. Es wird bei uns seit dem 1. November 2022 aus der Grundversicherung erstattet. Ärzte dürfen das Medikament vorerst nur verschreiben, wenn alle anderen möglichen Therapieformen bei einem Patienten keine Besserung gebracht haben.

Menschen protestieren im Kapitol in Washington, D.C., gegen die Kürzungen der Gelder für die amerikanische AIDS-Entwicklungshilfe.
Foto: keystone-sda.ch

Gilead hat mit sechs Herstellern Vereinbarungen getroffen, die das entsprechende Medikament in 120 Ländern mit hohen Fallzahlen und begrenzten Ressourcen als Generikum produzieren und zu günstigeren Preisen verkaufen dürfen. Damit sind aber längst nicht alle Länder abgedeckt, deren Bewohner dringend auf das günstige Generikum angewiesen sind.

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Welche Hindernisse gibt es?

Neben den hohen Kosten bedroht Donald Trumps Vorhaben, die Entwicklungshilfe der USA ganz bis weitgehend einzustellen, die HIV-Prävention und -Behandlung in Entwicklungsländern generell. Gerade hat ein Gericht den US-Präsidenten in dieser Hinsicht gestoppt, doch die Bedrohung bleibt weiterhin bestehen.

Ex-Präsident George W. Bush Jr. (78) sprach 2023 anlässlich des 20. Jubiläums des «President's Emergency Plan for AIDS Relief», den er 2003 ins Leben gerufen hatte.
Foto: keystone-sda.ch

Der amerikanische «President's Emergency Plan for AIDS Relief» (PEPFAR) hatte sich noch vor Trumps Amtszeit verpflichtet, innerhalb von drei Jahren zwei Millionen Dosen des Medikamentes für die Länder mit den höchsten HIV-Inzidenzen bereitzustellen, insbesondere für afrikanische Länder südlich der Sahara.

Diese Dosen hätten dazu beigetragen, die Zeit zu überbrücken, bis die Generika auf den Markt kommen – ein Prozess, der laut Experten in diesem Fall zwischen 18 Monaten und 2 Jahren in Anspruch nehmen könnte.

Ein Ende der finanziellen Unterstützung für HIV- und AIDS-Programme durch die USA würde gemäss Berechnungen einer gemeinnützigen Organisation alleine in Südafrika zu einer halben Million Toten in zehn Jahren führen. Das entspräche fast einer Verdoppelung der weltweit erfassten 630'000 Todesfälle aus dem Jahr 2023.

Quellen: «Science», Unaids, Gilead, Aids-Hilfe Schweiz, «The New England Journal of Medicine», «Wired», «The Guardian», Medical Tribune Schweiz, Swissmedic, BAG

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