Blick trifft zwei Home Organizers
Sie helfen dir, dein Haus aufzuräumen

Die dank Marie Kondo populär gewordenen Aufräum-Coaches haben sich nun auch in der Schweiz etabliert. Blick sprach mit zwei «Home Organzisers», die erklären, weshalb Aufräumen gut für die Psyche ist – und weshalb ein Grossteil ihrer Kunden Frauen sind.
Publiziert: 10.04.2024 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2024 um 15:28 Uhr
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Annick Linder und Amel Brawand helfen ihren Kunden dabei, ihre Sachen zu sortieren, zu ordnen und aufzuräumen, ganz im Stil von Marie Kondo.
Foto: Shutterstock/DR
Margaux Baralon

Als Annick Linder ihrer Karriere als «Home und Office Organizer» begann, war sie eine der Ersten in ihrem Bereich: «Im Jahr 2011 stiess ich zum ersten Mal auf die Website einer Pariserin, die das Konzept des Home Organizing in Frankreich eingeführt hatte. Damals war das noch nichts, worüber man viel sprach.»

Woher kommt der Aufräum-Trend?

Der Trend des Aufräumens entstand in Japan mit der Beraterin Marie Kondo, die seit der Veröffentlichung eines Buches ("La Magie du Rangement», First Verlag) und einer Serie auf Netflix zum Superstar geworden ist. Er setzte sich dann in den USA fort und überschwemmte die sozialen Netzwerke, wo Tausende von Influencern - aber vor allem Influencerinnen - hektisch ihre Gewürze in Schubladen verstauen, ihre Bleistifte auf ihrem Schreibtisch nach Grösse sortieren und die Pullover ihrer Kinder doktrinär aneinanderreihen. Die Covid-19-Epidemie hat, indem sie die Menschen dazu zwang, mehr Zeit zu Hause zu verbringen, diese Entwicklung nur noch beschleunigt.

Der Trend des Aufräumens entstand in Japan mit der Beraterin Marie Kondo, die seit der Veröffentlichung eines Buches ("La Magie du Rangement», First Verlag) und einer Serie auf Netflix zum Superstar geworden ist. Er setzte sich dann in den USA fort und überschwemmte die sozialen Netzwerke, wo Tausende von Influencern - aber vor allem Influencerinnen - hektisch ihre Gewürze in Schubladen verstauen, ihre Bleistifte auf ihrem Schreibtisch nach Grösse sortieren und die Pullover ihrer Kinder doktrinär aneinanderreihen. Die Covid-19-Epidemie hat, indem sie die Menschen dazu zwang, mehr Zeit zu Hause zu verbringen, diese Entwicklung nur noch beschleunigt.

Ein Burnout der damals 42-Jährigen führte zu einer Neuausrichtung ihres Lebens: «Nach dem Burnout habe ich ganz natürlich mein Haus aufgeräumt und festgestellt, dass jede Schublade, die ich aufräumte, eine Schublade war, die sich in meinem Kopf aufräumte. Ich habe die positiven Auswirkungen eines neu organisierten Hauses sofort gespürt.» So entschied sie sich kurzerhand, das Aufräumen zum Beruf zu machen.

«Wir schaffen Platz bei und in uns»

Das Prinzip der Aufräum-Coaches ist einfach: Sie bieten massgeschneiderte Dienstleistungen an, um einen Keller zu entrümpeln, ein Wohnzimmer und eine Küche neu zu organisieren oder sogar ein ganzes Haus aufzuräumen. Amel Brawand, Home Organizer in Vevey, erzählt: «Oft sagen mir die Kunden, dass sie sich überfordert fühlen und das Gefühl haben, nicht mehr weiterzukommen.» Die meisten von ihnen seien Privatpersonen, aber manchmal folge sie auch dem Ruf von sozialen Einrichtungen, die ihr Personen mit dem Diogenes-Syndrom anvertrauten, einer Verhaltensstörung, die durch die zwanghafte Anhäufung von Gegenständen gekennzeichnet ist.

«Die meisten Menschen behalten all diese Dinge, weil sie sie an etwas erinnern», erklärt Annick Linder. «Wenn man sich nur schon von den Dingen trennen würde, die negative Erinnerungen hervorrufen, würde man sich viel leichter fühlen. Aufräumen hilft uns, Geschichten aus unserem Leben zu erzählen, Bücher zu schliessen und Kreisläufe zu schliessen. Wir schaffen Platz in unserem Haus und in uns selbst.»

«Es ist nicht immer einfach», pflichtet Amel Brawand bei. «Manchmal hat der unscheinbarste Gegenstand eine grosse Bedeutung für eine Person.» Die Expertin versucht, die Perspektive jeder einzelnen Person zu erfassen, ohne zu werten. «Bei manchen Klienten löst die Trennung von Gegenständen Ängste aus. Manchmal haben sie auch das Bedürfnis, sich von ihren Sachen zu verabschieden. Aber letztendlich tut die Trennung ihnen sehr gut.» 

Klienten und Coaches sind meistens Frauen

Die Klienten sind übrigens, wie auch die Coaches, hauptsächlich Frauen. Annick Linder sieht darin ein Zeichen für die immer noch geschlechtsspezifischen Rollen in der Gesellschaft. «Mehrheitlich sind es immer noch die Frauen, die für die Pflege und Organisation des Hauses zuständig sind, und sie schaffen es nicht mehr, alles zu managen». Aber die Home Organizers sehen alles: einsame Männer, ältere Menschen, die vor ihrem Tod noch einmal ausmisten wollen, Familien, die sich trennen oder neu zusammensetzen. 

Die Dienstleistungen der Aufräumprofis helfen aber nicht nur dem Kopf, sondern auch dem Portemonnaie und der Umwelt: «In der Regel ist man sich nur 20 Prozent der Dinge, die man besitzt, bewusst», analysiert Annick Linder. «Wenn du aussortieren gehst und die Dinge nach Kategorien zusammenstellst, wirst du feststellen, dass du 15 schwarze Hosen und 10 Rollen Klebeband hast. Es ist auch eine Möglichkeit, sich der Konsumgesellschaft, in der wir leben, bewusst zu werden und ein überlegteres Kaufverhalten anzunehmen.»

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