Parfüm aus der Natur
Warum wir den Duft des Sommerregens so lieben

Wenn nach der langen Hitzeperiode wieder die ersten Regentropfen auf die trockene Erde fällen, entsteht ein ganz besonderer Geruch: Petrichor – der Duft aus den Adern der Götter.
Publiziert: 18.08.2022 um 09:53 Uhr
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Der Duft des Sommerregens: Petrichor entsteht aus einer Kombination von Pflanzenölen und Bakterien.
Foto: Shutterstock
Katja Richard

Wenn jetzt endlich die ersten Regentropfen auf den trockenen Boden fallen, atmen wir unwillkürlich etwas tiefer und länger ein. Dieser Duft ist so vertraut, würzig, erdig und frisch. Dieser typische Geruch des Sommerregens heisst «Petrichor» und entsteht aus einer Reaktion von Pflanzenölen und Bakterien im Boden.

Durch den noch geruchlosen Regen werden Duftstoffe von Pflanzen aufgewirbelt, eine Entdeckung, die australische Forscher bereits 1964 machten und darüber im Fachblatt «Nature» berichteten. Wenn es über lange Zeit trocken und warm ist, geben Pflanzen Pheromone, Talg und ölige Substanzen ab, daraus entstehen ätherische Öle. Diese werden von Böden und Gesteinen absorbiert, also auch auf Trottoirs und Strassen.

Der Duft platzt wie in einem Glas Sekt

Eine wichtige Rolle spielen laut neueren Studien auch Bakterien im Boden. Bei Hitze und Trockenheit fahren sie ihren Stoffwechsel zurück. Kommen sie mit Wasser in Kontakt, geben die Mikroorganismen chemische Substanzen wie den Alkohol Geosmin frei. Zusammen mit den pflanzlichen Ölen entsteht daraus bei den ersten Regentropfen das unverkennbare Erdparfüm. In den Tropfen bilden sich beim Aufprall kleine Luftbläschen, die an der Oberfläche zerplatzen, ähnlich wie in einem Sektglas.

Je weniger es regnet, desto intensiver der Duft, weil sich die Geruchsstoffe besser verteilen. Regnet es stark, ist die Aufprallgeschwindigkeit der Regentropfen grösser, so dass sich weniger Bläschen bilden – es duftet weniger stark. Darum kann man den Regen auch oft schon vor dem ersten Tropfen riechen, wegen der hohen Luftfeuchtigkeit entfalten sich schon vorher die ersten Aromen.

Das Blut der Götter als Parfüm

Der Name Petrichor bedeutet so viel wie «das Blut der Götter». Es setzt sich aus den griechischen Wörtern «petra», was Stein bedeutet, und «ichor» zusammen. In der Mythologie ist das die goldene Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter fliesst.

Der Duft von Petrichor ist so beliebt, dass er sogar «eingefangen» wird. Berühmt dafür ist die indische Stadt Kannauj im Bundesstaat Uttar Pradesh. Dort werden Stücke von gebackenem Lehm dem Monsun ausgesetzt, anschliessend werden die Lehmstücke mit Wasser erhitzt. Mit dem Dampf entweichen die ätherischen Öle und werden mit Sandelholzöl eingefangen. «Mitti attar» heisst dort das Erdparfüm Petrichor. Den Duft gibt es auch synthetisch in Parfüms und Duftsprays – an den Geruch von frischem Sommerregen kommt das aber nicht ganz heran.


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