Die Hitzewelle und die Trockenheit machen den Gewässern in der Schweiz zu schaffen. Die Dürre trocknet den Boden aus. Vielerorts wird zum Wassersparen aufgerufen. Doch wo ergibt das überhaupt Sinn?
1. Droht uns eine Wasserknappheit in der Schweiz?
In der Schweiz wird niemand verdursten. So schlimm ist es noch nicht. «Grundsätzlich verfügt die Schweiz über genügend Wasserreserven», sagt der Leiter der Abteilung Hydrologie des Bundesamts für Umwelt (Bafu), Carlo Scapozza, zu Blick.
Rund 80 Prozent des Trinkwassers werden aus Grundwasser gewonnen, wovon etwa die Hälfte Quellwasser ist. Der restliche Anteil werde aus Seen und Flüssen gewonnen. «Auch bei tiefen Grundwasserverhältnissen steht in den grossen Grundwasservorkommen noch ausreichend Grundwasser zur Verfügung.»
2. Sieht es bei den Pegeln auch so entspannt aus?
Die Situation ist nicht homogen. Die grossen Gewässer führen ein Defizit, aber in vielen grossen Seen ist die Wasserstandshöhe aktuell nicht prekär. Der Vierwaldstättersee ist, was den Wasserpegel angeht, jedoch auf Rekordkurs und auch in der Aare ist der Abfluss niedriger als sonst. Denn der Regen bleibt aus. Das Südtessin und der Kanton Jura sind am meisten betroffen. Auch im Mittelland oder in Freiburg sieht es nicht optimal aus.
Die Schweizer Fliessgewässer führen zurzeit Niedrigwasser, welche statistische gesehen nur alle zwei bis zwanzig Jahre, teilweise auch seltener auftreten, sagt Scapozza. Aber dort, wo die Gletscher schmelzen, sind die Abflüsse gross. Je nach Region gibts deshalb unterschiedliche Probleme.
3. Sollen Privathaushalte Wasser sparen?
Im Kanton Zürich stellt der kantonale Trinkwasserverbund mit einem umfassenden Leitungsnetz sicher, dass Gemeinden mit knappen Ressourcen trotzdem genügend Wasser bekommen. Zudem haben sich die Gemeinden zu Gruppenwasserversorgungen zusammengeschlossen, um Engpässe zu verhindern, schreibt die «NZZ». Das heisst: Wasser zu sparen, ist eigentlich nicht nötig.
Das Sparen hat zudem nur Einfluss auf die Nutzung, aber nicht auf den Verbrauch. «Das Wasser, das bei uns aus dem Hahnen kommt, entstammt fast immer einem Fluss, dem das Wasserversorgungsunternehmen eine geringe Menge Wasser entnimmt, es reinigt, aufbereitet und nach Benutzung über die Kanalisation wieder in den Fluss zurückleitet», sagte der Basler Agraringenieur Christian Strunden in Bezug auf die Privathaushalte im Jahr 2018.
80 Prozent unseres Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen, wovon etwa die Hälfte Quellwasser ist. Nur der restliche Anteil wird aus Seen und Flüssen gewonnen. Somit besteht kein aussagekräftiger Zusammenhang zwischen dem Wassersparen in den Privathaushalten und den Wasserständen in den Schweizer Seen und Flüssen, sagt Carlo Scapozza.
4. Im Tessin hatten die Behörden verboten, den Garten mit Trinkwasser zu bewässern, Autos zu waschen oder Schwimmbecken aufzufüllen. Wo liegt das Problem?
Die Durchflussmenge würde aufgrund der anhaltenden Trockenheit nicht mehr ausreichen, um bestimmte Quellen zu speisen, sagte der Gemeindepräsident von Mendrisio, Samuele Cavadini.
Die Gemeinden konnten aber weiterhin Grünflächen und Sportplätze bewässern, weil dieses Wasser aus Grundwasserreservoirs stammt, und diese sind nicht an das Trinkwassernetz angeschlossen.
5. Kann es unter Umständen kontraproduktiv sein, wenn Wasser gespart wird?
Wenn Schweizer plötzlich massiv Wasser sparen, kann das sogar Schäden verursachen. «Wenn Wasserleitungen nicht voll ausgelastet sind, nehmen sie Schaden. Zudem kann stehendes Wasser in den Rohren zur Keimbildung führen», sagte Strunden. Resultat: übler Gestank.
6. Gibt es Fälle, wo Wassersparen dennoch Sinn ergibt?
Die Menge an Wasser auf der Erde ist zwar weitgehend konstant. Wasser ist eine erneuerbare Ressource und befindet sich in einem globalen Kreislauf. Dabei muss aber beachtet werden, dass schweizweit Unterschiede in der Verteilung der Wasserressourcen auftreten, erklärt Carlo Scapozza.
Aus ökonomischer Sicht kann ein Aufruf zum Wassersparen bei Privaten von Vorteil sein, wenn Gemeinden nicht mehr genügend eigenes Wasser haben und dieses darum zukaufen müssten.
7. Kommt es darauf an, welches Wasser man spart?
Wassersparen lohnt sich einerseits beim Warmwasser. Die Erwärmung von Trinkwasser verbraucht schliesslich Energie. Ebenfalls Energie kostet es, verbrauchtes Wasser zu reinigen.
Anderseits geht rund ein Drittel des täglichen Wasserverbrauchs bei Privathaushalten für die WC-Spülung drauf. Eine Stopp-Vorrichtung einzubauen, hilft, Wasser zu sparen.