Lustige Erinnerungen an die Schulzeit
Explodierende Klassenzimmer und Sexualunterricht

Wir erinnern uns alle an Dinge, die nichts mit dem Schulstoff zu tun haben. Gescheiterte Experimente, vorlaute Erstklässler und Tote im Gemüsebeet.
Publiziert: 08.08.2021 um 09:01 Uhr
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Marion Heidelberger, Lehrerin und Schulleiterin, hat viele lustige Erfahrungen mit Erstklässlern gemacht.
Foto: Valeriano Di Domenico

Marion Heidelberger (53):
«Als Schülerin mag ich mich an einiges erinnern. Beispielsweise als sich Markus nach der Pause auf den Tisch stellte, rumhüpfte wie eine junge Ziege und nicht bemerkte, dass die Lehrerin in der Tür stand. Oder als ich fälschlicherweise für Schwatzen vor die Tür musste, dabei war es meine Nachbarin gewesen. Als Lehrerin habe ich vor allem Sprüche von Erstklasskindern in Erinnerung. Die sind immer total ehrlich (‹Sie händ chli dicki Bei, aber ich han Sie trotzdem gern›), witzig (‹Gälled Sie, de Wal isch kein Fisch, das isch en Luftsüüger›) und oft sehr tiefsinnig (Kind steht im Schulzimmer vor dem Skelett und fragt: ‹Aber wie söll das dänn gah? Mit all däne Chnoche chan de toti Mänsch ja gar nöd in Himmel flüge, de isch viel z schwär›). Oder als ein Mädchen auf meinen Hinweis, dass 2 und 2 nicht 5 sei, antwortete: ‹Okay, richtig wär 4. Aber was sölls, 1 danäbed isch ja nur knapp danäbet.› Und der Bub, der am dritten Schultag mitten im Zimmer stand und fragte: ‹Isch das alles? Wo isch dänn do de Bäbiegge?›»

Silvia Tschui (47):
«Wir sassen, wie in der zweiten Sek so oft, gelangweilt in den Bänken. Vorne hantierte unser Lehrer, nennen wir ihn Herr Berchtold, mit einer Zündschnur herum, steckte sie in ein ordentliches Häufchen gräulichen Pulvers, das auf seinem Pult auf einer Glasplatte lag. Dass Herr Berchtold weder Chef der Chemie noch Chef der Pädagogik war, wussten wir längst. Wir wurden regelmässig als Döspaddel oder Störfaktoren bezeichnet, und seine Chemiexperimente funktionierten selten. Wohl deshalb das grosse Häufchen Pulver – damit die chemische Reaktion auch ja gut sichtbar sein werde. Herr Berchtold hiess uns die Storen herunterlassen und schaltete das Licht aus. Mit dem angezündeten Feuerzeug tappte er zur Zündschnur, zündete sie an und trat einen Schritt zurück. Eine Explosion später konnten wir in kurzer Abfolge drei Wellen unterscheiden. Die richtige Abfolge habe ich vergessen, aber es waren eine Schall-, eine Hitze- und eine Druckwelle. Danach husteten wir alle unter den Bänken, unter die wir uns geduckt hatten. Matti, der Mutigste, tastete sich zum Lichtschalter vor – die Neonröhren an der Decke waren durch den Rauch nur als dunkelrötliche Striemen wahrnehmbar. Auch als wir die Fenster geöffnet und der Rauch sich verzogen hatte und abgesprengte schwarze Deckenplatten über dem Pult sichtbar wurden, war Herr Berchtold nirgends zu sehen: Er hatte auf den Schock erst mal im Lehrerzimmer einen Kaffee trinken müssen. Wir wurden dann nicht mehr lange als Döspaddel bezeichnet, weil Herr Berchtold nicht mehr lange unterrichtet hat.»

Erna Richard (79):
«In der neunten Klasse hatten wir im Unterricht auch Gartenbau, die Beete befanden sich direkt neben dem Friedhof. Einmal hat mich die Lehrerin beauftragt, dort Lauchzwiebeln zu setzen. Damals war ich zwar schon 15 Jahre alt, aber so allein und so nahe bei den Toten, das hat mir Angst gemacht. Während ich die Zwiebeln in die Erde grub, bildete ich mir ständig ein, dass sich von hinten ein Geist anschleicht. Ich war so aufgeregt, dass ich die Zwiebeln verkehrt herum in die Erde grub. Bemerkt wurde das erst am nächsten Tag, als wir mit der Lehrerin dort waren. Sie hat das dann wieder in Ordnung gebracht. Den Grund für mein Missgeschick habe ich tunlichst verschwiegen.»

Tobias Bühlmann (42):
«Kürzlich sass ich bei einem Freund zu Hause, als sein bald 16-jähriger Sohn dazukam. Bald darauf kamen wir auf das Thema Aufklärung zu sprechen. Der Junge beeindruckte mich, wie er seinen Wissensstand einschätzte und seinem Vater sagte, wie dieser ihn unterstützen könne. Ich überlegte mir, wie das damals bei mir in der neunten Klasse war. Im Rückblick kann ich meiner Schule kein gutes Zeugnis geben. Unser Klassenlehrer hat immer mal wieder angekündigt, dass bald Aufklärung auf dem Lehrplan stehe. Tatsächlich stattgefunden hat das aber nie, soweit ich mich erinnere. Nichts darüber, wie wir uns vor Geschlechtskrankheiten schützen oder wie wir einer Schwangerschaft vorbeugen könnten. Erst recht nicht thematisiert wurde, wie wir miteinander umgehen und was es bedeutet, intim zu werden. Das habe ich mir dann später selber zusammengeklaubt. Aber rückblickend betrachtet habe ich mir dabei viel Halbwissen oder schlicht Falsches angeeignet. Ich hoffe, dass sei heute besser an unseren Schulen – aber sicher bin ich mir nicht.»

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