Testen, testen, testen: Das Mantra von Gesundheitsminister Alain Berset (49) gilt besonders für die Zeit nach den Ferien. Mit wiederholten Tests sollen infizierte Ferienrückkehrer in Betrieben und an Schulen erkannt und so weitere Ansteckungen vermieden werden.
Doch ausgerechnet jetzt, wo die Sommerferien für viele zur Neige gehen, sind Massentests in zahlreichen Kantonen nicht möglich. Grund dafür: Man hat kein Testmaterial!
Hunderttausende Tests unbrauchbar
Anfang Juli hat der Pharma-Grosshändler Disposan aus Schlieren ZH PCR-Speicheltests zurückgerufen, weil die Kochsalzlösung in den Röhrli, die man gurgeln muss, mit Keimen verunreinigt war. Zwölf Kantone haben von Disposan die Sets für die Massentests bezogen: Zürich, Bern, Aargau, Luzern, Graubünden, Schwyz, Glarus, Jura, Freiburg, Zug, Schaffhausen und Thurgau. Sie mussten Hunderttausende Röhrli zurückschicken.
Inzwischen ist klar, dass die Keime nicht gesundheitsgefährdend sind. Trotzdem dürfen die Röhrli nicht mehr eingesetzt werden.
Keine Röhrli bis Mitte August
Der Händler hat angekündigt, neue Testkits zu liefern. Doch das Ganze verzögert sich. Blick liegt ein Schreiben von Disposan vor, in dem die Firma die Kantone informiert, dass die Testkits weiterhin nicht geliefert werden können.
An einer Telefonkonferenz zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und den Kantonen wurde Letzteren am Freitagnachmittag eröffnet, dass erst ab 16. August wieder Teströhrli zur Verfügung stehen. Die Firma hat offenbar nicht daran gedacht, dass es für das neue Testkit erst grünes Licht von der Heilmittelbehörde Swissmedic braucht. Disposan soll den Kantonen in den vergangenen Tagen Zehntausende Ersatzkits geschickt haben, die wegen der ausstehenden Swissmedic-Prüfung nun wieder zurückgeschickt werden müssen.
«Zwischenfall kommt zu ungünstigem Zeitpunkt»
Das BAG teilt auf Anfrage mit, wegen des Problems mit den Kantonen in engem Kontakt zu stehen. «Der Bund befürwortet einen weiteren Ausbau der repetitiven Testung in Betrieben, Schulen und Institutionen. Der Zwischenfall kommt deshalb zu einem ungünstigen Zeitpunkt», so ein Sprecher.
Einige Kantone konnten anderweitig Testkits organisieren. Graubünden konnte beispielsweise zur Überbrückung auf ein eigenes Reservelager zurückgreifen. Diese Möglichkeit haben nicht alle. Das Problem dürfte sich ausserdem in den Kantonen verschärfen, weil in vielen Unternehmen bald die Betriebsferien zu Ende sind und sie wieder mit dem Testen loslegen möchten. Besonders ungünstig ist der Zeitpunkt für den Aargau. Dort geht die Schule bereits am 9. August wieder los – nun zwangsläufig ohne Massentests.