Erben, Schulden und Scheidung
Wann brauche ich einen Ehevertrag?

Mit einer Heirat entscheidet sich ein Paar eine staatlich anerkannte Einheit zu werden – auch in finanziellen Belangen. Mit einem Ehevertrag kann das Paar das übersteuern. Die Juristin Karin von Flüe erklärt, in welchen Fällen das ratsam ist.
Publiziert: 05.11.2024 um 11:46 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2024 um 11:55 Uhr
In einem Ehevertrag können die Eheleute anstatt der üblichen Errungenschaftsbeteiligung die Gütertrennung wählen.
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

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Olivia RuffinerRedaktorin

Die meisten Paare, die sich mit Fragen zum Ehevertrag an die Juristin Karin von Flüe wenden, wollen in erster Linie wissen, wie sie sich vor allfälligen Schulden des künftigen Ehepartners schützen können. Doch ist die Gütertrennung in diesem Fall überhaupt das richtige Mittel? Die Expertin verrät, wann ein Ehevertrag ratsam ist und wie sich dieser auch auf das Erbe auswirken kann.

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Schützt ein Ehevertrag vor den Schulden des Partners?

«Es braucht keinen Ehevertrag, um sich vor den Schulden des Partners zu schützen», sagt von Flüe. Auch im normalen Güterstand, also bei der Errungenschaftsbeteiligung, haftet man als Ehepartner nur in seltenen Fällen mit. Und zwar dann, wenn Krankenkassenprämien oder Steuern nicht bezahlt werden oder wenn beide einen Kauf- oder Mietvertrag unterschrieben haben. Mit anderen Worten: Hat nur ein Ehepartner den Kaufvertrag für den Porsche unterschrieben, kann die Verkäuferin bei Zahlungsverzug kein Geld vom Ehepartner einfordern.

Die Krankenkasse wiederum kann beim Ehepartner anklopfen. «Daran würde auch ein Ehevertrag nichts ändern», sagt von Flüe. Denn dieser regelt nur, wie die Eheleute untereinander am ehelichen Vermögen beteiligt sind.

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Was passiert bei der Gütertrennung?

In einem Ehevertrag können die Eheleute anstatt der üblichen Errungenschaftsbeteiligung die Gütertrennung wählen. Bei Tod oder Scheidung gibt es dann nichts abzurechnen. Jede Seite behält einfach, was auf ihren Namen lautet.

Besteht kein Ehevertrag, gilt die ordentliche Errungenschaftsbeteiligung. Alle Güter, die seit Beginn der Ehe aus Einkommen angespart oder erworben wurden, gelten als Errungenschaft. Dabei spielt es keine Rolle, wer Eigentümer des Vermögenswertes ist. Alles, was du vor der Ehe erwirtschaftet hast oder während der Ehe erbst, ist dagegen Eigengut.

Bei einer Scheidung wird nur über die Vermögenswerte, die zur Errungenschaft zählen, abgerechnet. Dabei wird hälftig geteilt. Ein Beispiel: Du hast während der Ehe von deinem Lohn eine Rassekatze gekauft. In diesem Fall hat dein Partner bei der Scheidung Anspruch auf 50 Prozent des finanziellen Wertes der Katze, aber nicht auf die Katze selbst.

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Wann ist Gütertrennung sinnvoll?

Den Wert einer Rassekatze kann man in den meisten Fällen noch tragen. Ist aber ein Unternehmen Teil der Rechnung, wird es finanziell etwas heikler. Sagen wir, die Gattin gründet ein Unternehmen und baut dieses während der Ehe mit ihrem Einkommen aus, es floriert geradezu. Im Fall einer Scheidung hättest du Anspruch auf 50 Prozent des Unternehmenswerts. Je nachdem kann das für den Betrieb deiner Frau den Bankrott bedeuten.

Alles was Paare wissen müssen

Karin von Flüe ist Rechtsanwältin und berät im Beobachter-Beratungszentrum mit dem Schwerpunkt Familien- und Erbrecht. Sie ist Autorin der Beobachter-Ratgeber «Heiraten - was alle Paare wissen müssen», «Im Todesfall» und «Paare ohne Trauschein» sowie Co-Autorin von «ZGB für den Alltag».

Beobachter Edition

Karin von Flüe ist Rechtsanwältin und berät im Beobachter-Beratungszentrum mit dem Schwerpunkt Familien- und Erbrecht. Sie ist Autorin der Beobachter-Ratgeber «Heiraten - was alle Paare wissen müssen», «Im Todesfall» und «Paare ohne Trauschein» sowie Co-Autorin von «ZGB für den Alltag».

Ein Ehevertrag könnte diesem Szenario vorbeugen. Die Eheleute könnten die Gütertrennung wählen oder die Errungenschaftsbeteiligung beibehalten, jedoch das Unternehmen zum Eigengut der Frau erklären. Möglich wäre auch, im Ehevertrag die Gütergemeinschaft zu wählen, und bestimmte Vermögenswerte – das Unternehmen zum Beispiel – als Eigengut zu erklären. Das Unternehmen wäre in diesen Fällen gleichgesetzt mit Gütern, die vor der Eheschliessung erworben wurden und sowieso von einer Teilung bei der Scheidung ausgenommen sind.

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Wie sorge ich im Todesfall optimal für meinen Ehepartner vor?

Die Scheidung ist ein Weg, wie eine Ehe enden kann. Ein anderer wäre der Tod. Erfahrungsgemäss werden für diesen Fall auch die meisten Eheverträge abgeschlossen, meint Karin von Flüe. «Ein Ehevertrag ist eine Möglichkeit, legal die natürliche Erbfolge zu verändern», sagt sie. 

Und das funktioniert so: Das Paar hält im Ehevertrag fest, dass im Todesfall die komplette eheliche Errungenschaft an die überlebende Seite geht. Hinterlässt der verstorbene Elternteil kein Eigengut, würden die gemeinsamen Kinder noch nichts erben. Erst wenn der zweite Elternteil auch stirbt, erhalten sie im Minimum ihre gesetzlichen Pflichtteile. «Stiefkinder sind aber ausgenommen», erinnert von Flüe. Diese könnten das Dokument anfechten und so den Pflichtteil vom Nachlass ihres verstorbenen biologischen Elternteils einfordern.

Ein Ehevertrag muss öffentlich beurkundet werden, das geschieht bei einem Notar.
Foto: MARTIAL TREZZINI
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Wann muss ein Ehevertrag geschlossen werden?

Meist denkt man zum Zeitpunkt der Hochzeit noch nicht an Scheidung oder Tod. Musst du bereits dann entscheiden, wie über dein Vermögen zu verfügen ist? «Ein Ehevertrag kann jederzeit abgeschlossen werden», beruhigt die Expertin. Auch 20 Jahre später können du und dein Partner oder deine Partnerin einen Ehevertrag abschliessen, entweder mit Wirkung ab Abschluss oder rückdatiert, zum Beispiel auf den Zeitpunkt der Eheschliessung vor 20 Jahren.

Ebenso kann ein Ehevertrag auch jederzeit aufgelöst oder geändert werden, sofern beide Parteien einverstanden sind. Ist der Scheidungsantrag beim Gericht hängig, gilt ab diesem Datum bis zum Scheidungsdatum automatisch Gütertrennung.

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