Kurt Held und Lisa Tetzner
Das sind die Eltern der roten Zora und der schwarzen Brüder

Fast niemand kennt die Geschichte hinter dem Autorenpaar, das zwei der bekanntesten Jugendbücher im deutschsprachigen Raum schuf. Ohne die Schweiz gäbe es die beiden Geschichten nicht.
Publiziert: 08.06.2023 um 00:53 Uhr
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Vom 10. Juli bis 12. November ist die Ausstellung geöffnet.
Foto: Zvg

Vor 80 Jahren flüchtet ein deutsches Autorenpaar vor den Nazis in die Schweiz – und schafft hier zwei Werke, die bis heute Generationen von Mädchen und Buben prägt: «Die rote Zora und ihre Bande» und «Die schwarzen Brüder» gehören zu den wichtigsten und populärsten deutschsprachigen Jugendbüchern.

Vor allem Zora hat bis heute eine grosse Fangemeinde. Sie war ihrer Zeit weit voraus: Ein freches, selbstbewusstes Mädchen, das eine Jugendbande anführt, 30 Jahre bevor in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt wird.

Kultige Filme, queere Festivals

Die rote Zora ist heute weit mehr als ein Buch. Die Geschichte über das junge Mädchen und ihre Kinderbande gibt es in verschiedenen Hörspielfassungen, als Oper – und natürlich als Film. Als Klassiker gilt die 13-teilige Serie aus dem Jahr 1979, eine deutsch-schweizerisch-jugoslawische Koproduktion. 2008 kam ein moderne Version in die Kinos mit deutschen Schauspielgrössen wie Mario Adorf (92) und Ben Becker (58) in Nebenrollen. Doch die Wirkung der roten Zora reicht über die Kultur hinaus: Eine in den 70er-Jahren gegründete radikal-feministische Terrorgruppe nannte sich «Rote Zora». Sie verübte in Deutschland mehrere Anschläge. In Slowenien gibt es ein queeres Festival mit dem Namen Rdeče Zore – was auf Slowenisch Rote Zora heisst.

Die rote Zora ist heute weit mehr als ein Buch. Die Geschichte über das junge Mädchen und ihre Kinderbande gibt es in verschiedenen Hörspielfassungen, als Oper – und natürlich als Film. Als Klassiker gilt die 13-teilige Serie aus dem Jahr 1979, eine deutsch-schweizerisch-jugoslawische Koproduktion. 2008 kam ein moderne Version in die Kinos mit deutschen Schauspielgrössen wie Mario Adorf (92) und Ben Becker (58) in Nebenrollen. Doch die Wirkung der roten Zora reicht über die Kultur hinaus: Eine in den 70er-Jahren gegründete radikal-feministische Terrorgruppe nannte sich «Rote Zora». Sie verübte in Deutschland mehrere Anschläge. In Slowenien gibt es ein queeres Festival mit dem Namen Rdeče Zore – was auf Slowenisch Rote Zora heisst.

Doch wer steckt hinter Zora, Uskoken, Giorgio und den anderen Helden aus den Geschichten? Die Autoren Kurt Held (1897– 1959) und Lisa Tetzner (1894– 1963) sind bis heute einer breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Dabei ist ihre Lebensgeschichte, genauso dramatisch, wie ihre Romane. Das Landesmuseum widmet den beiden nun eine Ausstellung.

Lisa Tetzner organisiert als junge Frau Märchenwanderungen. Auf einer solchen lehrt sie 1919 ihren Mann kennen, der damals noch Kurt Kläber heisst, ein engagierter Kommunist, der revolutionäre Schriften herausgibt. Als die Nazis die Macht ergreifen, wird ihr gemeinsames Leben zum Alptraum. Die Nazis verhaften ihn. Nach seiner Freilassung gehen Tetzner und Held über die Grenze und lassen sich 1933 in Carona TI nieder.

Hier sind die beiden zwar sicher, aber leicht ist das Leben trotzdem nicht. Die Eidgenössische Fremdenpolizei belegt Kläber mit einem Publikationsverbot – weil sie ihn als Kommunist, als politische Gefahr sah. Und doch verdanken die beiden ihren späteren Ruhm auch dem Tessin. Hier liest Lisa Tetzner in einer alten Tessiner Chronik vom Schicksal der Spazzacamini. So hiessen die kleinen Buben, die im Verzascatal von ihren Eltern nach Mailand verkauft wurden, um dort als Kaminfegerbuben zu arbeiten.

Mit ihrem Mann entwickelt Tetzner daraus die Geschichte der schwarzen Brüder, die 1941 erscheint. Die Handlung folgt dem kleinen Giorgio, der von seinem Vater an einen Mann verkauft wird, um in Mailand die Schornsteine der reichen Leute zu putzen. Er schliesst sich einer Schar Kaminfegerjungen an, die sich schwarze Brüder nennt.

Die Hintergründe der roten Zora sind bis heute aktuell

Im Landesmuseum sind neben Zeichnung und Typoskript der Geschichte auch Bilder von echten Kaminfegerjungen zu sehen. Mit Rus auf der Wange sind sie stille Zeugen einer harten Zeit, in denen Eltern ihre Kinder verkauften. Kuratorin Andrea Franzen (37) sagt: «Themen wie Hunger und Armut sind heute genauso aktuell wie damals. Die Geschichte, wenn auch eine harte, ist eine ehrliche.»

Armut und Hunger sind auch Fäden, die sich durch die Handlung der roten Zora ziehen. Das Buch folgt Branko, der zum Waisen wird und sich der Bande der roten Zora, den Uskoken, anschliesst. Die Kinder klauen und geraten mit dem Gesetz aneinander.

Die beiden Bücher haben nicht nur das gleiche Erscheinungsjahr, es erging beiden auch nach der Erscheinung ähnlich: Der Erfolg blieb vorerst aus. Erst in den 1950ern begann es sich richtig zu verkaufen. Bis zu ihrem Tod blieben die beiden Bücher die grössten Erfolge des Autorenpaars.

Rote Zora und Schwarze Brüder, ab 10. Juni im Landesmuseum Zürich


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