Meret Oppenheim ist en vogue: Das Kunstmuseum Bern widmete ihr 2006 eine Werkschau, das Kunstforum Wien und der Martin-Gropius-Bau in Berlin zogen in den letzten Jahren nach. Das MASI in Lugano habe aber einen anderen Ansatz gewählt als seine renommierten Mitbewerber, sagte Kurator Guido Comis im Gespräch. Er zeichnet zusammen mit Maria Giuseppina Di Monte verantwortlich für die Ausstellung.
In der Vergangenheit habe die Furcht bestanden, dass eine direkte Gegenüberstellung der Werke Oppenheims und ihrer weltbekannten Weggefährten der Künstlerin nicht gerecht werden könnte. Damit waren in erster Linie Künstler wie Man Ray, Marcel Duchamp, Max Ernst und Alberto Giacometti gemeint, auf die Oppenheim im Paris der 1930er Jahre traf.
Laut Comis ist es zu kurz gegriffen, dass Werk Oppenheims derart isoliert zu betrachten. Ebenso falsch sei es dagegen, die Deutsch-Schweizerin auf eine Rolle als Muse und Modell zu reduzieren. Letztendlich sei es die «ausserordentliche Faszination und Persönlichkeit Oppenheims», welche in den Kreationen ihrer Freunde und Kollegen deutliche Spuren hinterlassen hätten, so Comis.
Die rund 100 ausgestellten Werke dokumentieren ihren ganzen Schaffensweg von den 1930ern bis hin zu den abstrakten Erfahrungen der Siebziger- und Achtzigerjahre. Auf eine chronologische Anordnung wird allerdings verzichtet, was den angestrebten «Dialog» der Werkschau unterstützt. Viele Sommer verbrachte Oppenheim in Carona TI, wo die Familie ein Ferienhaus besass.
Für die Ausstellung verzichten die Kuratoren nicht auf die legendäre Pelztasse Oppenheims, die allerdings nur als Zeichnung zu sehen ist, da sie aufgrund ihres fragilen Zustands nicht mehr vom New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) freigegeben wird. Sie befindet sich beispielsweise in direkter Nachbarschaft zu Daniel Spoerris angeklebtem Restaurant-Stillleben «Aktion Restaurant Spoerri».
Ebenso anzutreffen sind «Das Paar» - zwei Lederschuhe, die an ihren Spitzen miteinander verschmolzen sind, mythische Figuren von sich verwandelnden Künstlern und Masken, die Karnevalsfesten entliehen worden sind.
Die Kuratoren haben dabei den Anspruch entwickelt, ein «autonomes Profil» Oppenheims zu zeigen. Sie habe zwar dem Surrealismus nahe gestanden, aber nicht um ihn nachzuahmen. Vielmehr habe sie in der Bewegung Bretons den Ausdruck einer Sensibilität gefunden, der der ihren entsprochen habe.
«Nicht ich habe die Surrealisten gesucht, sie haben mich gefunden», soll Oppenheim gesagt haben.