Was der Aargauer Autor Sunil Mann leistet, ist beachtlich. Seit seinem Erstling im Jahr 2010 sind zwölf seiner Bücher erschienen, die meisten Kriminalromane, aber auch Kinder- und Jugendbücher sind dabei. Mann steht für eine offene, multikulturelle, inklusive Schweiz. Er ist Sohn indischer Einwanderer, lebt offen homosexuell, kennt sowohl die betuliche, eher ländliche Schweiz, wie auch den Grossstadtdschungel. Aufgewachsen ist er im schönen Spiez BE am Thunersee, weitere Stationen seines Lebens fanden im Zürcher Kreis 4, in Berlin, Madrid, in Indien und in diversen anderen, weit entfernten Ländern statt.
Erschreckendes Abbild einer Radikalisierung
Ein reiches Gewebe an Erfahrungen also, und das merkt man auch seinen Romanen an, die glaubhaft in unterschiedlichsten Milieus spielen. Sein aktuellstes Buch ist der zweite Band seiner Privatdetektiv-Reihe um Ex-Türsteher Bashir Berisha und die Ex-Flight-Attendant Marisa Greco. Die beiden leben stets am Existenzminimum und müssen in ihrem neuen Fall in «Das Gebot» in die Abgründe des radikalen Islams blicken. Für Zartbesaitete ist das nichts: Der Krimi beginnt mit einer drastischen Exekutionsszene. Auch später gibt es ein, zwei derbe Szenen, auch sexueller Art. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird mit einer erschreckend realitätsnahen, spannenden Geschichte belohnt – realitätsnah deshalb, weil Mann die Radikalisierung von Teenagern glaubhaft beschreibt und einem einmal mehr bewusst wird, wie verletzlich unsere im Alltag so stabil erscheinende Gesellschaft eigentlich ist. Ausserdem muss man vor der Recherchearbeit Sunil Manns den Hut ziehen.
Sunil Mann: «Das Gebot», 288 Seiten, Grafit Verlag