Die Corona-Pandemie hat unser Leben in so einigen Bereichen verändert. Auch im Job wurden viele zu Umstellungen gezwungen: Dort, wo es möglich ist, gilt eine Homeoffice-Pflicht.
Viele Schweizerinnen und Schweizer arbeiten nun seit Monaten von zu Hause aus. «Bei unseren Patienten haben wir während der ersten Welle fast eine Erleichterung wahrgenommen, sie begrüssten das Homeoffice. Jetzt während der zweiten Welle schaut das anders aus: Die meisten wünschen sich – bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Einschränkungen – möglichst bald eine Lockerung mit Wechsel von Homeoffice auf Präsenzarbeit, da sie Kontakte und den persönlichen Austausch bei der Arbeit vermissen», sagt Hildburg Porschke, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie leitende Ärztin des Instituts für Stressfolgeerkrankungen (ifs) in Zürich, zu BLICK.
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Ob man das Arbeiten im Homeoffice willkommen heisst oder nicht, hängt laut Porschke immer auch von individuellen Faktoren ab: «Je nach Persönlichkeit, aber natürlich auch Lebenssituation wird das unterschiedlich wahrgenommen. Bin ich Single, neu in der Schweiz, lebe ich als Paar, geht es uns gut oder haben wir Spannungen, sind kleine Kinder vorhanden? Solche und andere Fragen beeinflussen extrem, wie es uns mit Homeoffice geht.»
Schwierig sei es vor allem für Personen, die in der Einarbeitung plötzlich vom Homeoffice überrascht wurden. «Angestellte, die Vorgesetzte oder Kollegen überhaupt nicht richtig kennenlernen und so kein Vertrauen in die Unterstützung durch ein Team entwickeln konnten, bleiben häufig in Bezug auf ihre Aufgaben und ihre Rolle unsicher und tun sich enorm schwer», führt die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an.
Aber auch für Angestellte, die schon länger dabei sind, kann das Homeoffice zur Last werden. Während Pausen oder im Feierabend richtig abzuschalten, fällt schwer, weil der Arbeitsplatz gleich nebenan ist. Nur noch schnell eine Mail rausschicken, denken sich viele vor dem Zubettgehen. Die Grenze zwischen Arbeit und Leben verschwimmt. Porschke kennt die richtigen Tipps, damit Sie auch im Homeoffice eine gesunde Work-Life-Balance beibehalten.
Tipp 1: Geordnete Tagesstruktur
Auf keinen Fall sollte man seine Tagesstruktur verlieren. «Am besten steht man genau so auf, wie man es sonst auch tut, wenn man ins Büro gehen würde», so Porschke. Allerdings würden ja die Wegezeiten wegfallen, so dass es häufig als angenehm empfunden wird, eigene chronobiologische Wünsche mehr berücksichtigen zu können.
Die gleichen Rituale einzuhalten, wie morgens zu frühstücken oder sich parat zu machen und nicht den ganzen Tag im Traineranzug zu bleiben, seien wichtige Bestandteile einer geordneten Tagesstruktur, die einem hilft, nicht die Balance zu verlieren. Und: «Auch möglichst die Arbeitszeiten einzuhalten, ist von Bedeutung.»
Tipp 2: Räumliche Trennung
Wo möglich, sollte eine räumliche Trennung zwischen Beruflichem und Privatem geschaffen werden. «Nehmen Sie sich einen Ort zum Arbeiten und einen Ort fürs ‹Leben›», erklärt die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Natürlich sei das nicht immer einfach, obwohl digitales Arbeiten nicht viel Platz brauche. Häufig gehe es aber einfach um eine ruhige Rückzugsmöglichkeit.
Ein Tipp: «Manche machen es sogar so, dass sie zum Arbeiten in die Wohnung von Freunden gehen, die vielleicht im Ausland sind oder einen separaten Ort zur Verfügung stellen können. Die eigene Wohnung dient dann dem Life-Teil der Work-Life-Balance.»
Tipp 3: Frische Luft
Im Laufe des Tages sollte man hin und wieder an die frische Luft. «Achten Sie darauf, dass sie sicherlich mindestens einmal am Tag die Wohnung möglichst bei Tageslicht verlassen», rät Porschke.
Tipp 4: Ferien
Viele sehen keine Sinnhaftigkeit mehr in Ferien, seit man aufgrund von Corona nicht mehr ins Ausland reisen kann. Man denkt sich: Ich kann ja sowieso nicht verreisen, also bleibe ich besser daheim und mache einfach weiter. Aber das ist ein fataler Fehler, wie die leitende Ärztin des ifs ausführt: «Lassen Sie keinesfalls Ferien und längere Pausen aus. Hier sollte zwingend eine Routine eingehalten werden, damit man auch abschalten kann.»
Tipp 5: Soziale Kontakte
Den direkten Kontakt zu Arbeitskollegen oder Freunden sollte man keinesfalls verlieren, wie Porschke meint: «Viele Firmen versuchen mit beispielsweise Kaffeepausen über Zoom das Persönliche zu erhalten.»
Tipp 6: Private Gewohnheiten
Den gewohnten Hobbys nachzugehen ist aufgrund von Corona schwieriger geworden. Fitnesscenter sind geschlossen oder Malgruppen finden nicht statt. Das ist aber kein Grund, private Gewohnheiten nicht in den Alltag zu integrieren. «Das alles erfordert Kreativität und Fantasie und Umstellung auch der privaten Lebensgewohnheiten», sagt Porschke.
Im Internet finden sich viele Hilfen für Home-Work-outs, manche treffen sich über Zoom zum Trainieren oder aber man findet ein ganz neues Hobby über Online-Kurse. «Wir raten auch immer zu morgendlichen beziehungsweise abendlichen Ritualen, die Entspannung bringen, wie Yoga oder Qigong.»
Tipp 7: Nach vorne schauen
Vor allem sollte man aber immer vor Augen halten, dass es sich um eine interessante Erfahrung für einige Monate handelt. Auch wenn es einem im Moment lange vorkommt: Der Zustand wird ein Ende haben. «Betrachten Sie das Ganze mal aus einem anderen Blickwinkel: Wir haben auch vieles dazugewonnen, wie zum Beispiel besseres technisches Know-how. Sehen Sie nicht nur die Einschränkungen, sondern auch die Entwicklungen.»