Diese Fakten tun weh: 15 Prozent unserer Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig. Ein Drittel von ihnen leidet gar an Adipositas. Schuld daran sind nebst fehlender Bewegung vor allem kalorienreiche Nahrungsmittel. Ein Paradebeispiel dafür sind Quetschies – die Fruchtpürees im Plastikbeutel, die bei den Kindern wegen des hohen Zucker- und Säuregehalts zu Karies führen (Blick berichtete). Doch die Liste schädlicher Nahrungsmittel ist noch länger. Das weiss Bettina Isenschmid, Chefärztin des Kompetenzzentrums für Essverhalten, Adipositas und Psyche am Spital in Zofingen AG. Sie rät zur Vorsicht bei «zuckerhaltigen Frühstückscerealien, süssen Schokolade/Nuss-Aufstrichen sowie gesüssten Milch- oder Getreideprodukten als Pausenverpflegung».
Finger weg von zu viel Fruchtprodukten
Viele Eltern sind sich des Problems gar nicht bewusst. «Die Produkte werden in der Werbung attraktiv – ja, man muss leider sagen irreführend – beworben. Das sollte man unterbinden», so das klare Verdikt der Chefärztin. Die Snacks würden als gesund angepriesen, seien aber Kalorienbomben, die extrem viel Zucker und Fett enthalten. So wird die Milchschnitte mit der gesundheitsfördernden Wirkung von Milch beworben. Oder Knoppers als kinderfreundliche Zwischenmahlzeit. Die Expertin sagt: «Knoppers ist nichts anderes als ein grosses Praline.» Sie warnt auch vor fruchthaltigen Nahrungsmitteln. Fruchtsäfte enthielten oft so viel Zucker wie ein Coca-Cola. Und die zerkleinerten, fertig abgepackten Früchtestückchen verleiteten die Kinder dazu, viel zu viel Obst und damit Fruchtzucker zu konsumieren.
Die Folgen davon sind verheerend: Ist ein Kind übergewichtig, leidet es später oft auch im Jugend- und Erwachsenenalter darunter. Isenschmid, die seit 30 Jahren Betroffene berät, sagt: «Oft werden übergewichtige Jugendliche stigmatisiert, woraus psychische Probleme wie Minderwertigkeitsgefühle oder schlimmstenfalls Depressionen entstehen können.» Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Partner- und Lehrstellensuche, Letzteres vor allem bei Berufen mit Kundenkontakt.
Die Schulen sind gefordert
Wo nun also ansetzen, damit sich etwas ändert? In Japan steht gesunde Ernährung schon auf dem Stundenplan von Primarschülern. Ein riesiger Kontrast zur Schweiz: Bei uns hat man vielerorts sogar den Hauswirtschaftsunterricht gekürzt. Isenschmid kritisiert das: «Ich frage mich, wo Kinder heute überhaupt noch lernen, was gesunde Ernährung ist und wie man selber gesunde Gerichte zubereitet.» Sie plädiert für das Japan-Modell. Das alleine reiche aber nicht. Wenn die Kinder übergewichtig seien, sei in vielen Fällen auch das Essverhalten der Eltern problematisch. «Sollen Kinder sich gesund ernähren und mehr bewegen, dann muss man als Eltern mit gutem Beispiel vorangehen.»