Dr. Rostetter, was empfehlen Sie Eltern, deren Kinder nur Nudeln ohne Sauce essen wollen?
Bleiben Sie gelassen. Es kann eine Phase sein, dass das Kind einseitig isst. Manche Kinder haben aber auch sehr sensible Geschmacksnerven, oder sie essen aus Gewohnheit nichts anderes. Zudem ist das kindliche Geschmacksempfinden starken Schwankungen ausgesetzt. Wichtig ist, dass Eltern für Abwechslung auf dem Teller sorgen und die Liebe für gesundes Essen vorleben.
Was sagen Sie zu den typischen Kinder-Menüs wie Pommes mit Chicken Nuggets, Spaghetti mit Tomatensauce, Hot Dogs, ...?
Zwischendurch dürfen Sie die Vorlieben des Kindes ohne schlechtes Gewissen respektieren. Etwas Spass und Genuss gehört schliesslich zum Essen dazu. Deshalb darf es auch mal Fast Food geben. Wichtig ist aber, dass es nicht zur Regel wird.
Wie reagieren Eltern richtig auf das Nörgeln am Familientisch?
Versuchen Sie, das Thema Essen nicht zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Spielregeln am Tisch sind gut – wenn das Kind jedoch nur im Essen herumstochert, sollte die Mahlzeit zeitlich begrenzt werden. Zudem sollen Kinder bestimmen können, wie viel sie essen. Sie wissen meist sehr gut, wie viel sie brauchen und entwickeln so ein gutes Sättigungsgefühl.
Wie kann man Kindern Essen am besten schmackhaft machen?
Beziehen Sie das Kind an der Menüplanung, beim Einkauf und beim Kochen mit ein. Bereiten Sie Speisen fantasievoll zu und gestalten sie das Essen spannend. Essen Sie als Eltern die gesunden Dinge, die das Kind auch gern bekommen soll. Empfehlenswert ist auch, eine gemeinsame Esskultur zu entwickeln und für eine freundliche Atmosphäre am Tisch zu sorgen.
Stimmt es, dass Kinder ein neues Lebensmittel über ein Dutzend Mal probieren müssen, bevor sie sich an einen Geschmack gewöhnen?
Ja das stimmt. Es gibt auch Kinder, die länger brauchen, bis sie Speisen mögen. Versuchen Sie, neue Lebensmittel ohne Druck immer wieder anzubieten.
Was sollten Eltern nicht tun, wenn Kinder schlecht essen?
Setzen Sie Essen nicht als Druckmittel ein. Es ist keine Strafe, Drohung oder Belohnung. Das Kind könnte sonst falsche Verhaltensmuster lernen.
Müssen Kinder so lange am Tisch sitzen bleiben, bis sie von allem auf dem Teller probiert haben?
Man rät, eine Hauptmahlzeit in solchen Fällen nach ca. 30 Minuten, eine Zwischenmahlzeit nach ca. 20 Minuten zu beenden.
Soll man Kindern Alternativen anbieten, wenn sie das Gekochte nicht essen wollen?
Bieten Sie eine Alternative nur situationsbezogen an, damit es nicht zur Gewohnheit wird. Stattdessen können Sie versuchen, immer auch etwas aufzutischen, das dem Kind schmeckt.
Wann ist das kindliche Essverhalten keine Phase mehr, sondern besorgniserregend?
Wenn sich ihr Kind sehr einseitig ernährt und Sie merken, dass es vermehrt müde und schlapp ist, Kopfschmerzen oder Schwindel hat und an Wachstumsmangel leidet, könnten fehlende Vitamine der Grund sein. Gehen Sie bei Unsicherheiten zum Kinderarzt. Sollten Sie ihr Kind streng vegan ernähren, empfiehlt es sich, mit einer speziellen Ernährungsberatung und dem Kinderarzt zu schauen, wie man die Werte des Kindes verbessern kann.
Wie sieht es an einem idealen Tag auf dem Teller eines Kindes aus?
Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe, Nahrungsfasern und Wasser sind lebensnotwendig. Ideal sind täglich drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte, drei bis vier Portionen Getreideprodukte, Kartoffeln oder Hülsenfrüchte, dazu eine Portion eines proteinreichen Lebensmittels und drei Portionen Milchprodukte. Lassen Sie das Kind viel Wasser trinken und verwenden Sie vor allem gute Fette wie Olivenöl, Rapsöl oder Avocadoöl. Eine Süssigkeit am Tag ist für Kinder genug.
Was raten Sie Eltern, die durch das schlechte Essverhalten ihrer Kinder demotiviert sind, überhaupt noch zu kochen?
Lassen Sie sich nicht entmutigen und probieren Sie immer wieder Neues aus. Achten Sie darauf, dass das Thema im Alltag nicht zu viel Raum einnimmt. Sie können sich auch beim Kinderarzt oder bei der Ernährungsberatung jederzeit Unterstützung holen.
Dieser Artikel wurde vom Family-Channel der «Schweizer Illustrierte» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.schweizer-illustrierte.ch/family
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