Vier Psychologie-Mythen entlarvt
Es ist ein Fehler, immer seinen Gefühlen zu trauen

Arbeiten wir unter Stress wirklich effizienter? Und wann sind unsere Sorgen berechtigt? Psychologe Sacha Bachim zeigt auf, warum unsere Gefühle trügerisch sein können und gibt Tipps, wie man mit schwierigen Situationen besser umgehen kann.
Publiziert: 22.08.2024 um 12:28 Uhr
Skeptischer Blick: Was geht wohl im Kopf dieser Frau vor?
Foto: Getty Images/Westend61

Auf einen Blick

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Jana GigerRedaktorin Service

In seinem neuen Buch «Faktencheck Psyche» deckt der Luxemburger Psychologe Sacha Bachim (41) die gängigsten Mythen der Psychologie auf. In einem Kapitel geht er konkret auf unsere Gefühle ein, denen wir nicht immer trauen können. Vier Mythen.

1

Gefühle lügen nicht

Dein Herz schlägt schneller, weil du dich vor der nächsten Szene im Horrorfilm fürchtest. Die Angst fühlt sich real an, obwohl du weisst, dass dir nichts Schlimmes passieren kann. Bachim erwähnt in seinem Buch dieses Beispiel, um zu zeigen, dass wir uns nicht immer auf unsere Emotionen verlassen können. Er rät deshalb, die eigenen Gefühle kritisch zu hinterfragen und sie in einen grösseren Zusammenhang zu setzen.

Besonders bei belastenden Gefühlen sei es hilfreich, sie in einem Tagebuch festzuhalten. Gemäss Experte ist es wichtig, die Situation, die eigenen Gedanken und die damit verbundenen Emotionen getrennt zu notieren. Anschliessend könne man überprüfen, ob die eigene Einschätzung tatsächlich der Realität entspreche und versuchen, die Situation aus den Augen eines Aussenstehenden zu betrachten.

2

Stress ist leistungsförderlich

In stressigen Phasen arbeiten viele pausenlos durch, trinken einen Kaffee nach dem anderen oder schlafen nur vier Stunden. Gemäss Experte tun wir das, weil wir glauben, dass Stress uns hilft, unsere Ziele zu erreichen. «Tatsächlich kann positiver Stress unsere Motivation und Leistungsfähigkeit steigern.» Er verbessere unsere Konzentration und helfe uns, kurzfristig bessere Ergebnisse zu erzielen.

Stress ist nur für eine begrenzte Zeit hilfreich.
Foto: Getty Images

Irgendwann sei aber unsere Belastungsgrenze erreicht: Die Leistung nimmt ab und wir sind erschöpft. Bachim schreibt: «Die Herausforderung besteht darin, den Moment zu erkennen, in dem zusätzlicher Aufwand nicht mehr zu einer Leistungssteigerung führt, sondern nur noch schadet.» Er rät, sich unter Stress zu fragen, ob der zusätzliche Einsatz sinnvoll sei oder ob er die Erfolgsaussichten sogar verschlechtere.

3

Es ist wichtig, sich zu sorgen

Was bedeutet die Klimakrise für meine Enkelkinder? Steckt hinter meinen Kopfschmerzen eine ernsthafte Krankheit? Gründe, sich zu sorgen, gibt es zuhauf. Allerdings ist es gemäss Bachim nicht sinnvoll, sich über alles den Kopf zu zerbrechen. «Die meisten Dinge, über die wir uns Sorgen machen, treten nie ein», schreibt er. Gerechtfertigt seien unsere Sorgen nur, wenn wir mit ihnen den Ausgang einer Situation beeinflussen könnten.

Psychologische Themen, einfach erklärt

Sacha Bachim (41) ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Luxemburg. Als Ratgeber-Autor möchte er ein breites Publikum für Erkenntnisse der angewandten Psychologie und Psychotherapie sensibilisieren. Der Vorgänger von «Faktencheck Psyche» heisst «Therapie to go». Beide Ratgeber sind Spiegel-Bestseller.

Sacha Bachim

Sacha Bachim (41) ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Luxemburg. Als Ratgeber-Autor möchte er ein breites Publikum für Erkenntnisse der angewandten Psychologie und Psychotherapie sensibilisieren. Der Vorgänger von «Faktencheck Psyche» heisst «Therapie to go». Beide Ratgeber sind Spiegel-Bestseller.

Um sich vom ständigen Grübeln abzuhalten, erwähnt er im Buch folgenden Trick: Sobald eine Sorge aufkommt, solltest du bewusst «Stopp» sagen und eine Zeit festlegen, in der du über deine Sorgen nachdenken darfst (etwa 15 Minuten). Bachim: «Durch diese Distanz können wir lernen, unsere Sorgen zu relativieren und loszulassen.»

4

Akzeptieren heisst kapitulieren

Zu akzeptieren, dass die Beziehung tatsächlich nicht mehr zu retten ist, oder dass eine neue Aufgabe im Job die eigenen Fähigkeiten übersteigt, kann sich wie aufgeben anfühlen. Gemäss Experte haben viele Menschen das Gefühl, in einer solchen Situation zu versagen. Dinge zu akzeptieren, sei jedoch enorm wichtig, schreibt er.

Manchmal ist eine schmerzhafte Trennung unausweichlich.
Foto: imago/PPE

Akzeptanz bedeute, sich selbst, andere Menschen und Situationen, ohne Vorurteile anzunehmen, wie sie sind. «In schwierigen Situationen kann das Akzeptieren helfen, innere Ruhe zu finden und besser mit Herausforderungen umzugehen», so Bachim. Anstatt gegen die Realität anzukämpfen, ermögliche Akzeptanz, bewusste Entscheidungen zu treffen und die bestmögliche Kontrolle über die eigene Zukunft zu behalten.

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