Schnellere Hilfe bei Herzstillstand
Diese Landkarte kann Leben retten

Wer einen Herzstillstand erleidet, braucht Hilfe – doch die kommt meist zu spät. ein Forschungsteam aus dem Tessin hat jetzt eine Lösung.
Publiziert: 02.05.2021 um 13:10 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 09:59 Uhr
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Herzstillstand ausserhalb des Krankenhauses: Jedes Jahr sind in den USA 356'000 Personen betroffen, in Deutschland 75'000 und in der Schweiz 6000.
Foto: ALIMDI.NET / Jochen Tack
Eliane Eisenring

Es ist eine der häufigsten Todesursachen für Erwachsene in westlichen Ländern: Herzstillstand ausserhalb des Krankenhauses. In den USA erleiden jährlich 356'000 Menschen einen solchen plötzlichen Zusammenbruch, in Deutschland sind es 75'000, in der Schweiz 6000.

Rund 90 Prozent der Betroffenen sterben, weil die medizinische Hilfe zu spät kommt. Ein Herzstillstand bedeutet ein Rennen gegen die Zeit – nur zehn Minuten nach dem Eintreten sinken die Überlebenschancen praktisch auf null.

Antonietta Mira (53) ist Professorin für Statistik an der Università della Svizzera italiana (USI) in Lugano TI. Zusammen mit Tessiner Herzspezialisten hat sie sich zum Ziel gesetzt, die Sterberate bei Herzstillständen ausserhalb des Krankenhauses zu senken.

«Risk Maps»

Die Lösung: Auf der Landkarte werden die Orte markiert, an denen das Risiko für einen plötzlichen Herzstillstand besonders hoch ist.

Das Prinzip der «Risk Maps» gleicht dem von «Verbrechenskarten», auf denen die Polizei Stellen markiert, an denen etwa Raubüberfälle oder sexuelle Belästigung besonders häufig sind. Passanten können solche Strassen oder Stadtviertel meiden, Polizisten mehr Kontrollen durchführen.

Die Karten der Tessiner Spezialisten folgen einem ähnlichen Prinzip: Sie sollen zeigen, wo die Wahrscheinlichkeit grösser ist, einen Herzstillstand zu erleiden. Das errechnen sie nicht nur aus der Quote früherer Herzstillstände, sondern auch aus klimatischen und demografischen Daten.

Diese Karte von Locarno zeigt die Orte, wo frühere Herzstillstände registriert wurden (lila Punkte), wo sich derzeit Defibrillatoren befinden (orange und schwarz) und wo sie sich stattdessen befinden sollten (grün).

Sogar das Wetter spielt eine Rolle

Professorin Mira erklärt: «Wichtig ist zum Beispiel, wie alt die Personen sind, die in einem Gebiet wohnen. Ein anderer Faktor, der einen Herzstillstand potenziell begünstigt, ist die Luftverschmutzung. Und auch der Föhn spielt eine Rolle.»

Weil sich Klimadaten laufend ändern, sollen die Karten in Zukunft einmal pro Woche aktualisiert werden. So können Notdienste diese Gebiete genauer im Auge behalten. Zudem ist geplant, Defibrillatoren strategisch besser zu platzieren und Personen, die in diesen Gebieten wohnen, gezielt in Erster Hilfe auszubilden.

Vorerst beschränken sich die Risk Maps der USI aufs Tessin. Sind sie fertig entwickelt, können sie auf die ganze Schweiz und Europa erweitert werden, sagt Professorin Mira: «Schlussendlich führt das zu einer tieferen Sterberate bei plötzlichen Herzstillständen.»

Die Entwicklung der Risk Maps ist nun in vollem Gang. Doch es wird wohl noch Jahre dauern, bis die Schweiz komplett darin erfasst ist.

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