Auf einen Blick
Beni Germann (31) aus Adelboden BE gilt als stark übergewichtig. Zumindest, wenn es nach seinem Body-Mass-Index (BMI) geht, der bei 33,1 liegt. Die Sanitas hat dem Bodybuilder aufgrund dieses Werts eine Zusatzversicherung verweigert. Ärzte, Gesundheitsbehörden und Krankenkassen verwenden den BMI als Richtwert, um die Gesundheitsrisiken eines Menschen abzuschätzen.
Der BMI wird immer wieder kritisiert, da bei der Berechnung vor allem das Körpergewicht eine Rolle spielt. Faktoren wie Muskelmasse, Fettanteil und Fettverteilung werden nicht berücksichtigt. Ist der in den 1980er-Jahren etablierte Richtwert zur Erfassung von Übergewicht veraltet?
BMI ist in gewisser Hinsicht ungenau
Philipp Gerber (48), leitender Arzt an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung des Universitätsspitals Zürich, sagt: «Der BMI ist nicht völlig irrelevant, aber eine exakte Einschätzung der Körperzusammensetzung lässt sich damit nicht berechnen.» In Bezug auf die Einschätzung von Krankheitsrisiken wäre ein genauerer Richtwert wünschenswert, so der Experte.
Zur Erinnerung: Bei einem BMI von 25 bis 29 spricht man von Übergewicht und bei einem Wert von über 30 handelt es sich um krankmachendes Übergewicht. «Eine Person mit einem BMI von über 35 ist zweifellos als krankhaft übergewichtig einzustufen», sagt Gerber. Weniger eindeutig sei der Fall zum Beispiel bei einem BMI von 28.
Nachteil für Menschen mit vielen Muskeln
Menschen wie zum Beispiel Bodybuilder könnten mit einem höheren BMI wegen der Muskeln als übergewichtig gelten. Als Alternative zum BMI gewinnt der Body Roundness Index (BRI) zunehmend an Bedeutung, da er den Taillenumfang berücksichtigt.
Der Taillenumfang sei ein wichtiger Indikator für das besonders schädliche Bauchfett, sagt Gerber. «Viele Studien zeigen, dass Bauchfett ein spezifischer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Leberverfettung und andere Folgeerkrankungen des Übergewichtes ist.»
Verglichen mit dem BMI bietet der BRI für Menschen mit vielen Muskeln also eine genauere Bewertung. Ob sich der BRI in Zukunft gegenüber dem BMI durchsetzen wird, sei schwer zu sagen, so Gerber.
Germann ist gemäss BRI schlank bis durchschnittlich
Der BRI wird mithilfe der folgenden mathematischen Formel berechnet:
Online-Rechner ermitteln den BRI innerhalb von wenigen Sekunden anhand von Infos wie Körpergrösse und Taillenumfang. Beni Germann hat es versucht und mit Blick das Ergebnis geteilt. Mit einem BRI-Wert von 4.44 gilt er als schlank bis durchschnittlich. Sein Taillenumfang beträgt 91,5 Zentimeter.
Die BRI-Skala liegt zwischen 1 und 15. Menschen mit einem BRI-Wert von 6,9 und höher haben ein erhöhtes Risiko, an Folgeerkrankungen des Übergewichtes zu sterben. Eine exakte Körperzusammensetzung, wie sie Spezialisten ermitteln, lässt sich gemäss Gerber aber auch mit dem BRI nicht berechnen.
Germann konnte inzwischen bei der Concordia eine Zusatzversicherung abschliessen. Er sagt: «Die Versicherung hat sich meine Geschichte von zwölf Jahren Kraftsport und meiner aktuellen Massephase angehört.»