Trend ohne Nutzen
«Früchte mit Natron zu waschen, ist keine gute Idee»

In den sozialen Medien kursieren Anleitungen, wie man Früchte von chemischen Rückständen und Schmutz befreien kann. Wie man es richtig macht, erklärt Alda Breitenmoser, die Präsidentin des Verbands der Kantonschemikerinnen und Kantonschemiker.
Publiziert: 15.04.2025 um 13:29 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2025 um 16:06 Uhr

Darum gehts

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Sylvie KempaRedaktorin Service

Staub, Schmutz, Schadstoffe – an Früchten, die wir kaufen, haften Dinge, die wir nicht zu uns nehmen möchten. Dass man Früchte vor dem Verzehr waschen sollte, lernt jedes Kind. Und das sei auch richtig so, sagt Alda Breitenmoser (54), Präsidentin des Verbands der Kantonschemikerinnen und Kantonschemiker: «Grundsätzlich sind die Früchte, die man in der Schweiz im Laden kaufen kann, zum Verzehr geeignet – selbst wenn man sie mal nicht waschen kann.»

Welche Spuren finden sich auf Fruchtschalen?

Sie zu reinigen, empfiehlt sich trotzdem. «Beim Ernten und Weiterverarbeiten gehen die Früchte durch viele verschiedene Hände, und es ist möglich, dass Schmutzreste oder Keime darauf zu finden sind.»

Alda Breitenmoser leitet das Amt für Verbraucherschutz des Kantons Aargau und präsidiert den Verband der Kantonschemikerinnen und Kantonschemiker der Schweiz.
Foto: zVg

So können sich darauf Viren befinden, die Hepatitis A auslösen – das ist eine Entzündung der Leber. Die Erreger werden durch eine Schmierinfektion über kleinste Spuren von Stuhlresten an den Händen oder über Gegenstände weitergetragen und über den Mund aufgenommen. Hepatitis A sei in der Schweiz allerdings kaum ein Thema, so Breitenmoser. Das betrifft in erster Linie Länder mit niedrigem Hygienestandard in tropischen und subtropischen Gebieten.

Auch Spuren von Pflanzenschutz- oder Oberflächenbehandlungsmitteln können sich auf Früchten finden. In den sozialen Medien kursieren Videos, die unterschiedliche Methoden vorschlagen, um diese Rückstände zu entfernen. Besonders beliebt bei Influencerinnen und Influencern ist das teils stundenlange Einweichen der Früchte in Natronlösung. Zu dieser Idee findet Alda Breitenmoser klare Worte: «Das ist Humbug.»

Natron-Studie ist mit Vorsicht zu werten

Natron als Waschsubstanz wurde populär, nachdem eine Studie der American Chemical Society aus dem Jahr 2017 die Wirksamkeit verschiedener Waschmethoden zur Entfernung von Pestizidrückständen auf Äpfeln untersucht hatte. Die Forschenden testeten handelsübliche und selbst hergestellte Waschlösungen, um deren Effektivität zu vergleichen. Das Ergebnis: Natronlösung kann offenbar einen gewissen Teil der Substanzen entfernen. 

Das Ergebnis hat allerdings zwei Haken: Es lässt sich nicht auf Europa übertragen, da hier teils andere Schutzmittel zugelassen sind. Und die Studie kam auch zum Ergebnis, dass das Waschen mit Wasser bereits ausreichend effektiv sei. Breitenmoser: «Tatsächlich finden sich Rückstände, die durch Waschen nicht entfernt wurden, teils im Fruchtfleisch. Jedoch nur in so geringen Mengen, dass es unbedenklich ist.»

Einweichen von Früchten erhöht Gesundheitsrisiko

Ein Bad in selbst hergestellten Waschlösungen könne sich sogar gesundheitlich negativ auswirken, sagt Alda Breitenmoser. «Erstens können die angewandten Substanzen andere Rückstände auf der Frucht absetzen. Und je nach Frucht kann ein Wasserbad sogar die Vitamine zerstören.» Denn viele Vitamine befinden sich direkt in der Fruchtschale und sind wasserlöslich. «Wird die Fruchtschale durch das Bad beschädigt, gehen auch diese Vitamine kaputt.» Das ist auch der Grund, warum man Früchte, die mit Schale verzehrt werden können, nur waschen, aber nicht schälen sollte. «Es ist für eine gesunde Ernährung viel besser, die Nährstoffe in der Schale zu essen, als sie wegzuschneiden.» 

Wer Früchte einweicht, riskiert, dass wasserlösliche Vitamine kaputt gehen.
Foto: Getty Images

Bei sehr empfindlichen Früchten – etwa Himbeeren – kann das falsche Waschen und Einweichen in Natron zu einer gesundheitlichen Belastung führen: «Auf Fruchtoberflächen findet man auch immer Bakterien und Pilzsporen. Wenn man nun eine Frucht mit sehr empfindlicher Oberfläche so wäscht, können diese ins Innere der Frucht gelangen und sich dort vermehren.»

Auch der Zeitpunkt des Waschens ist relevant

Auch andere Früchte sind empfindlich: Bei Zwetschgen oder Pflaumen zerstört das Waschen die natürliche Schutzschicht der Früchte, die sich als weisslicher Belag zeigt. Danach faulen die Früchte deutlich schneller. «Deswegen ist auch der Zeitpunkt des Waschens relevant: Man sollte Früchte niemals waschen und dann lagern, sondern immer erst kurz vor dem Verzehr reinigen. Abbrausen, nötigenfalls trockenreiben, fertig.» Ob man dazu kaltes oder warmes Wasser verwendet, ist irrelevant.

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